Finanzminister von Singapur fordert strukturelle Reformen

Tharman Shanmugaratnam, stellvertretendender Premierminister und Finanzminister von Singapur, fordert als Gastredner der 66. CFA Institute Annual Conference in Singapur mehr strukturelle Reformen in den asiatischen Ländern - vor allem auch in Japan - um das Risiko einer längerfristigen Krise zu bekämpfen. Markets | 20.05.2013 15:33 Uhr
Tharman Shanmugaratnam, stellvertretendender Premierminister und Finanzminister von Singapur
Tharman Shanmugaratnam, stellvertretendender Premierminister und Finanzminister von Singapur
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Finanzminister Tharman Shanmugaratnam: "Aufgrund der Aktivitäten der wichtigsten Notenbanken der Welt konnten sich die Märkte zumindest kurzfristig von der Finanzkrise 2008 erholen. Wir sind jedoch noch weit weg von einer Rückkehr auf einen nachhaltigen Wachstumspfad und das Vertrauen dafür ist nicht sehr hoch."

Die Unternehmen horten weiterhin Cash und investieren nicht. Der Grund dafür ist nach Ansicht von Shanmugaratnam die Notwendigkeit einer Reform des Finanzsystems um das Vertrauen wiederherstellen zu können. Weiters sind strukturelle Reformen und Anpassungen in der Fiskal- und Wirtschaftspolitik in verschiedenen Ländern in Asien - aber auch in den westlichen Industrieländern - notwendig, um gegenüber der Konkurrenz wettbewerbsfähiger zu werden.

Konsequenzen der kurzfristigen Krisenbewältigung

Shanmugaratnam: "Die kurzfrisitgen Massnahmen der Notenbanken haben bedeutende Auswirkungen. Der Informationsgehalt der Preise und Kurse auf den Kapitalmärkten ist heute in vielen Assetklassen und Ländern geringer als früher. High Yield Bonds und Junk Bonds verzeichnen ein come-back und institutionelle Investoren bewegen sich auf der Suche nach Rendite in neue Geschäftsfelder auf der Emissionsseite."

Weniger aussagekräftige Marktpreise könnten zur Missallokation von Anlegerkapital führen. Shanmugaratnam betont, dass die lockere Geldpolitik der Zentralbanken kurzfristig sicherlich die beste Antwort auf die Krise in den Jahren 2008 und 2009 war, man jedoch damit nur Zeit kaufen konnte - Zeit, die für strukturelle Reformen genutzt werden sollte um auf einen nachhaltigen Wachstumspfad zurückkehren zu können.

Shanmugaratnam: "Es ist heute auf keinen Fall schon zu spät. Wichtig ist auch, dass die Zentralbanken die Liquidität sehr vorsichtig aus dem Markt nehmen, um keine Turbulenzen zu erzeugen. Die Reform der Pensionssysteme und die Nutzung des langfristigen Kapitals für langfristige Investitionen, eine Reform des Gesundheitswesens und der Arbeitsmärkte ist sehr wichtig."

Herausforderungen in Europa und auch in Asien

In europäischen Ländern bestehe nach Einschätzung von Shanmugaratnam aufgrund der hohen Arbeitslosigkeit das Risiko, dass Absolventen von Fachhochschulen und Universitäten länger arbeitslos bleiben würden.

Aber auch in Asien sieht Shanmugaratnam Gefahren: "Aufgrund der unterschiedlichen Geschwindigkeiten der wirtschaftlichen Entwicklung in Asien und den Schwellenländer einerseits und den westlichen Industrieländern andererseits besteht die Gefahr, dass die lockere Gelpolitik zwar für stagnierende europäische Länder positiv, jedoch für asiatische Wachstumsländer nicht passend sei. Dies könnte zu Kapitaströmen führen, die sich nicht im Einklang mit den Fundamentaldaten der Volkswirtchaften entwickeln."

Japan noch "wait-and-see"

Von der Wirtschaftspolitik des neuen japanischen Premierministers Abe ist Shanmugaratnam noch nicht beeindruckt: "Zu Japan kann ich nur sagen, dass wir uns hier erst in einer frühzeitigen 'wait-and-see' Position sieht befinden." Die bisherigen Maßnahmen waren einfach. Wichtiger - allerdings auch deutlich schwieriger - sind die strukturellen Reform im Agrarsektor, im Arbeitsmarkt und auch im Steuersystem. Geplante Steuererhöhungen bieten zwar Chancen, bergen jedoch auch Risiken.

'Macro-prudential Supervision' ist gefragt

Shanmugaratnam: "Was die Märkte und die Wirtschaftspolitik heute benötigen, ist eine stärkere Überwachung der volkswirtschaftlichen Entwicklung (macro-prudential supervision). Es sind auch Finanzinnovationen gefragt, um die Kapitalströme nach Asien dorthin zu lenken wo Investment- und Investitionsbedarf ist. Vor allem Pensionsfonds, Versicherungen und Sovereign Wealth Funds könnten langfristig investieren.

Positiv für die Märkte in Asien sei der Umstand, dass viele institutionelle Investoren aus den Industrieländern in der asiatischen Region noch deutlich untergewichtet sind.

Asiatische Anleihenmärkte werden wichtiger

Man geht auch davon aus, dass die Bankfinanzierung allegemein teurer werden wird und die asiatischen Anleihenmärkte stark an Bedeutung gewinnen werden.

Sind Emerging Markets in Asien bereit für weiteren Aufstieg?

Shanmugaratnam: "Es war für die Schwellenländer in Asien nicht so schwer, sich von einem sehr niedrigen BIP/Kopf auf ein mittleres Niveau zu entwickeln. Der nächste Schritt - von der Mittelschicht zur oberen Mittelschicht - ist jedoch ungleich schwieriger. Dafür müssen viele Syteme, Regeln und Vorschriften verbessert und weiterentwickelt werden. Ohne strukturelle Reformen wäre ist nicht möglich. Gelingt dies jedoch, ist das Risiko einer länger andauernden Stagnation gebannt. Aber es muss damit gerechnet werden, dass dieser Prozess rund zehn Jahre dauern kann."

Auf die aktuellen Diskussionen rundum Steueroasen und Steuerflucht und der Rolle Singapurs als attraktive Destination für europäische Anleger ging der Finanzminister in seiner Rede nicht ein.




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