Abflachung des relativen Abwärtstrends
Betrachten wir zunächst die relativen Preistrends: Wenn wir die EM auf Indexbasis mit den Industrieländern vergleichen, so sehen wir in der Tat eine Abflachung des mittelfristigen Abwärtstrends seit März. So gesehen scheint der EM-Abwärtstrend tatsächlich „gestoppt“. Doch leider basiert diese Erholung ausschließlich auf der Schwäche Japans seit Anfang Jahr. Dies ist aus folgenden Gründen wichtig: Erstens ist die Schwäche Japans in diesem Jahr möglichweise irreführend, weil sie primär eine temporäre „konsolidierende“ Gegenbewegung auf die extreme Stärke des Vorjahres sein könnte (so zählt Japans Börse seit Mitte Mai wieder zu den Top-Performern). Zweitens macht Japan nur rund 8% des „MSCI World“ aus. Im Vergleich dazu macht Europa ca. 28% des Weltindex aus, die USA rund 55% - und gegenüber diesen Märkten tendiert der EM-Index immer noch südwärts. Die EM-Stabilisierung fußt daher noch auf einem schmalen Fundament. Dazu kommt, dass auch innerhalb des EM-Universums die diesjährige Rallye primär von kleineren Märkten getragen wird. Die großen Märkte (China, Russland, Brasilien) haben an diesem Aufschwung bisher nicht so stark partizipiert.
Eine „Kapitulation“ der Konsenserwartungen könnte helfen
Auch aus fundamentaler Mikrosicht kann die EM-Stabilisierung relativiert werden. In einem vergangenen Kommentar zeigten wir auf, wie stark die Unternehmensprofitabilität in den Schwellenländern und Asien-Pazifik ex. Japan im letzten Geschäftsquartal überschätzt wurde. Anhand der nun zu 98% abgeschlossenen Berichtssaison sind die Gewinne je Aktie in den genannten Regionen um 29% bzw. 37% tiefer als vom Konsens erwartet ausgefallen. Zwar überschätzt der Konsens diese Märkte schon seit Jahren, doch so deutlich „daneben“ lag er in den letzten Jahren noch nicht. Damit könnte es sein, dass der Konsens demnächst endlich „kapituliert“ und die Erwartungen gegenüber den EM/Asien demnächst so stark reduziert, dass auch diese Märkte beginnen können, lau-positiv zu überraschen. Doch hierbei handelt es sich um ein spekulatives, konträres Wendesignal. Klar ist bisher nur: Die alten Industrieländer bieten mehrheitlich nach wie vor „bessere“ und höherem Masse vorausschaubare Unternehmensleistungen.