Der Report zielt darauf ab, bestehende und neu aufkommende gesamtwirtschaftliche Ungleichgewichte aufzudecken, und ermöglicht ein Urteil über die Stabilität oder Gesundheit der Euro-Volkswirtschaften. Dabei bekommen Staaten in vier Schlüsselkategorien („Solidität der Staatsfinanzen“, „Wettbewerbsfähigkeit“, „Beschäftigung und Produktivität“ und „Private Verschuldung und Auslandsverschuldung“) zu insgesamt 20 Indikatoren einen Wert zwischen 1 und 10 zugewiesen – je höher der Wert, desto besser die Performance. „Österreich büßt einen Platz gegenüber dem Vorjahr ein und liegt dabei im Mittelfeld“, kommentiert Dr. Wolfram Littich, Vorstandsvorsitzender der Allianz Gruppe in Österreich, die Ergebnisse der aktuellen Allianz Studie.
Gesamtwertung: Deutschland vor Luxemburg und Slowakei
Die Ergebnisse für 2015 zeigen insgesamt eine tendenziell kontinuierliche Verbesserung der wirtschaftlichen Stabilität im Euroraum. Im Durchschnitt aller Länder der Eurozone liegt der Gesamtindikator mit 6,6 Punkten auf dem höchsten Stand seit 2007. Während drei Länder (Estland, Griechenland, Litauen) eine geringere Bewertung im Vergleich zum Vorjahr aufweisen, konnten sich fünfzehn Länder verbessern. Deutschland ist mit 8,1 Punkten deutlicher Spitzenreiter im Gesamtranking, gefolgt von Luxemburg (7,4) und knapp dahinter der Slowakei (7,3). Schlusslicht ist wie auch im Vorjahr Zypern mit einem Indikatorwert von 4,6 Punkten. Der Aufsteiger des Jahres heißt Irland, das 2015 im Gesamtranking sechs Plätze im Vergleich zum Vorjahr gut machen konnte und nun mit 7,1 Punkten Platz vier belegt.
Österreich: geringe Ungleichgewichte, aber wenig Fortschritt
Österreich rutschte 2015 vom neunten auf den zehnten Platz ab und teilt sich diesen nun mit Malta (je 6,6 Punkte). „Österreich hat sich augenscheinlich auf seinen Erfolgen in der Vergangenheit ausgeruht. 2011 belegte die Alpenrepublik noch Platz drei im Gesamtranking“, erklärt Dr. Michael Heise, Chefvolkswirt der Allianz SE. Während Staaten wie Zypern (+0,8 Punkte) oder Irland (+0,7 Punkte) ihre Gesamtbewertung 2015 deutlich verbesserten, konnte Österreich sein Rating nur um 0,1 Punkte erhöhen. Damit liegt es im Hinblick auf Punktezuwachs im hinteren Feld, aber noch vor Griechenland (-0,6 Punkte) oder Litauen (-0,7 Punkte), die sogar eine negative Entwicklung aufweisen. Die Position Österreichs im Mittelfeld der Eurozone sei auf die relativ gute Ausgangslage zurückzuführen, basierend auf dem soliden Arbeitsmarkt, der längerfristigen Entwicklung der Lohnstückkosten, der niedrigen Verschuldung der privaten Haushalte sowie dem hohen Nettoauslandsvermögen.
Vergleichsweise schwach schneidet Österreich in der Kategorie „Wettbewerbsfähigkeit“ ab, wo es mit einem zehnten Platz und 6,0 Punkten deutlich unter dem Euroraum-Durchschnitt von 7,4 Punkten liegt. Zurückführen lässt sich dieser Wert unter anderem auf den niedrigen Exportanteil am Bruttoinlandsprodukt und rückläufigen Anteil am Welthandel. Mit lediglich 4,0 Punkten für den Indikator „Arbeitsproduktivität“ kann Österreich zwar im Vergleich zum Vorjahr einen Punkt gut machen, befindet sich damit aber immer noch im kritischen Bereich. Die besten Ergebnisse wurden hierzulande in den Kategorien „Privat- und Auslandsverschuldung“ und „Solidität der Staatsfinanzen“ mit jeweils 7,0 Punkten und somit einem achten und zehnten Platz erzielt. Eine positive Bilanz lässt sich auch für die Arbeitslosenquote ziehen, wo Österreich als eines von nur drei Ländern die Note „gut“ erhält. Auffällig ist die unterschiedliche Performance in den beiden Teilindikatoren „Niveauindikator“ und „Fortschrittsindikator“: Zwar weist Österreich – unter anderem gemeinsam mit Estland und Litauen – im Hinblick auf bestehende Ungleichgewichtige die geringsten Mängel in der Eurozone auf (Platz fünf in der Eurozone). Bei den Fortschritten hinsichtlich wirtschaftlicher Stabilität gehört es allerdings mit einem 16. Platz zu den schwächeren Ländern der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion, so die Studie.
Ausblick: wirtschaftliche Stabilität im Aufwärtstrend
Für das EWU-Aggregat ist der Gesamtindikatorwert 2015 mit 6,6 Punkten auf dem höchsten Stand seit 2007. „Die Ergebnisse des Euro-Monitors sind ein Beleg dafür, dass der Euroraum in kleinen Schritten, aber kontinuierlich an wirtschaftlicher Stabilität gewinnt“, erklärt Heise. Auch beim Vergleich mit den USA konnte die Eurozone 2015 ein erfreuliches Ergebnis erzielen: So scheint das Wachstum im Euroraum mit geringeren Ungleichgewichten einherzugehen als die Vereinigten Staaten, die in der Gesamtbewertung mit 5,5 Punkten deutlich unter jener der Eurozone liegen.
„Kein Land befindet sich mehr im als kritisch definierten Bewertungsbereich. Allerdings besteht auch noch einiger Spielraum nach oben“, so Heise. Vor dem Hintergrund der aktuell steigenden politischen Risiken in Europa seien Anstrengungen zur Förderung eines stabilen Wachstums umso wichtiger. Die relativ günstigen Konjunkturaussichten dürften es ermöglichen, wichtige Strukturreformen und wenn nötig Haushaltssanierungen voranzutreiben. Die ehemaligen „Problemländer“, wie Griechenland und Zypern, brauchen noch ein paar Jahre, damit wieder von wirtschaftlicher Stabilität gesprochen werden kann. Umgekehrt sollten sich Länder wie Deutschland nicht zurücklehnen. „Ein Land, das sich in einem verbesserten Umfeld zu langsam vorwärts bewegt, fällt im Vergleich zu den anderen zurück“, so Heise abschließend.