Nach dem Schock: Fondsmanager & Strategen diskutieren die Perspektiven für Japan-Aktien (Teil 1/2)

Funds | 27.08.2024 12:00 Uhr
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Japan-Aktien im Fokus: Zwischen starker Erholung und neuer Volatilität – Wie geht es weiter?

Der japanische Aktienmarkt verzeichnete in der ersten Hälfte des Jahres 2024 eine bemerkenswerte Performance und erreichte mehrjährige Höchststände. Anfang August folgte jedoch ein historischer Einbruch von über 12% innerhalb eines Tages, ausgelöst durch die Normalisierung der Geldpolitik der Bank of Japan und externe wirtschaftliche Unsicherheiten. Trotz dieses Rückschlags erholte sich der Markt schnell wieder, und die Indizes legten in den Tagen darauf kräftig zu. Wie geht es nun weiter?

Um diese Frage zu beantworten, hat die e-fundresearch.com Redaktion eine Umfrage gestartet und die Meinungen ihres internationalen Expertennetzwerks eingeholt.

Unsere Fragestellung an Fondsgesellschaften

Wie bewerten Sie die aktuelle Marktlage in Japan? Sehen Sie den jüngsten Volatilitätsanstieg bei Japan-Aktien als Warnsignal oder als attraktive Einstiegschance? Welche Anpassungen nehmen Sie in Ihrer Asset Allocation vor?

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Carsten Roemheld, Kapitalmarktstratege, Fidelity International
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Carsten Roemheld, Kapitalmarktstratege, Fidelity International

Nach dem historischen Verfall der Aktienkurse Anfang August sind die Unsicherheiten in Japan noch deutlich spürbar. Immerhin gibt es nur einen Weg für die japanischen Zinsen, und der ist weiter nach oben, was auch mit einem sich weiter befestigenden Yen einhergehen sollte. Das ist kurzfristig negativ für die Exportwerte, die eine große Bedeutung für den japanischen Aktienmarkt haben. Auf die mittlere Sicht hingegen sollte die Rückkehr zu einer moderaten Inflationsentwicklung sowie weitere Reformen und Restrukturierungen des Unternehmenssektors den japanischen Aktienmarkt klar unterstützen. Mit einem Forward KGV von 13x finden wir den Markt zudem günstig bewertet und empfehlen daher eine Übergewichtung im Rahmen der Asset Allocation.
Kei Okamura, Portfolio Manager im Japanese Equities Team bei Neuberger Berman, Neuberger Berman
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Kei Okamura, Portfolio Manager im Japanese Equities Team bei Neuberger Berman, Neuberger Berman

Tatsächlich gibt Japan ausreichenden Grund für Optimismus: Das japanische Lohnwachstum und die sich stabilisierende Inflation dürfte die BOJ mittelfristig zu einer Normalisierung der Geldpolitik veranlassen. Dabei werden sich die Währungshüter wahrscheinlich an der US-Notenbank orientieren. Dadurch würden sich die Zinsdifferenzen verringern, die den Yen in den letzten Jahren nach unten gedrückt haben. Dennoch wird die Marktvolatilität in nächster Zeit wahrscheinlich anhalten. Diese Schwankungen lassen sich jedoch als Wachstumsschmerzen einer großen Volkswirtschaft im Umbruch interpretieren. Die steigenden Reallöhne im Juni – der erste Anstieg seit 27 Monaten – sind ein frühes Anzeichen dafür, dass sich der private Verbrauch zu erholen beginnt. Japanische Small- bis Mid-Cap-Aktien (SMID), die den Großteil ihrer Einnahmen auf dem Inlandsmarkt erzielen, dürfte dies Rückenwind geben. Ein weiteres Zeichen dafür, dass die Fundamentaldaten der japanischen Wirtschaft auf gesunder Basis stehen, sind die aktuellen Quartalszahlen: 60 Prozent der japanischen Unternehmen, die ihre Gewinne für das zweite Quartal bereits bekannt gegeben haben, konnten ihre Prognosen nach oben korrigieren.
Florian Rainer, Asset Manager, Matejka & Partner Asset Management
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Florian Rainer, Asset Manager, Matejka & Partner Asset Management

In unseren aktienlastigen Strategien ist der japanische Aktienmarkt schon länger ein fester Bestandteil der Portfolios und wird dies wahrscheinlich auch bleiben. Zwar ist der TOPIX zu Beginn des Monats innerhalb weniger Tage um gut 20% gefallen, jedoch dürfte es sich hierbei um eine Übertreibung gehandelt haben. Eine angedeutete Normalisierung der Geldpolitik der Bank of Japan kann diese Bewegung nicht hinreichend erklären. Unserer Meinung nach bleiben die fundamentalen Entwicklungen in Japan unverändert attraktiv, z.B. in Bezug auf weitreichende Reformen im Bereich der Corporate Governnace und die Reflationierung der heimischen Wirtschaft. Japan ist außerdem ein günstiger, eher Value-lastiger Markt und eignet sich damit gut als Ergänzung zur verhältnismäßig teuren und wachstumslastigen US-Börse. Wir setzen in unseren Fonds auf aktiv gemanagte Produkte wie den Eastspring Japan Dynamic Fund – eine High-Conviction-Strategie – oder den MAN GLG Japan CoreAlpha Fund – ein Value Play. Sollte es nochmals zu Phasen erhöhter Volatilität und einem Markteinbruch kommen, würden wir dies eher als Chance sehen, unsere Positionen zu attraktiven Kursen auszubauen, als zu einem Abverkauf zu neigen.
George Dent, Investment Manager, Walter Scott (Teil von BNY Investments)
© Walter Scott (Teil von BNY Investments)

George Dent, Investment Manager, Walter Scott (Teil von BNY Investments)

Wir haben die Begeisterung des breiteren Marktes für die ,Japan Inc.‘ zuletzt nicht so ganz geteilt.

Anleger interessierten sich in diesem Jahr für japanische Aktien, weil sie glaubten, dass es Japan nach jahrelangen Bemühungen endlich gelungen sei, die Inflation in den Griff zu bekommen und die Unternehmensführung zu verbessern. Diese beiden Faktoren zusammen wirkten wie ein Katalysator, der das Interesse an Japan wiederbelebt hat.

Wir haben aber Bedenken hinsichtlich der Verbesserungen in der Unternehmensführung: Sie sind zwar tatsächlich sichtbar, gehen uns jedoch nicht schnell genug. Und was die Inflation betrifft, so ist es noch ein weiter Weg von der Rückkehr der Teuerung hin zu einer echten Wachstumswirtschaft.

Unser Ansatz bleibt daher vorsichtig, was die ,Japan Inc.‘ angeht. Wir finden jedoch ausgewählte Investment-Gelegenheiten in japanischen Unternehmen, die in ihrem Bereich nachweislich Spitzenleistungen erbringen und eine Rolle bei breiteren globalen Trends oder langfristigen Trends in Japan spielen – zum Beispiel bei der Alterung der japanischen Bevölkerung. Keyence zum Beispiel ist ein Vorzeigeunternehmen der japanischen Automatisierungsbranche.
Naoki Kamiyama, Chief Strategist, Nikko Asset Management
© Nikko AM

Naoki Kamiyama, Chief Strategist, Nikko Asset Management

Als der USD/JPY-Kurs nach den schwachen US-Beschäftigungsdaten einbrach, waren der stärkere Yen und die Erkenntnis der Märkte, dass die Hoffnungen auf eine Lockerung der US-Politik und „längerfristig höhere“ US-Zinsen unvereinbar sind, die Hauptgründe für den Rückgang der japanischen Aktien.

Inländische Faktoren wirken sich jedoch weiterhin günstig auf japanische Aktien aus. Das Narrativ, dass Japan dank steigender Reallöhne den deflationären Druck vollständig abschütteln kann, ist nach wie vor intakt. Die jüngsten Daten zeigen, dass die Löhne weiter steigen, was zu erhöhtem Konsum führt. Es wird erwartet, dass die Unternehmensgewinne im Rahmen der Prognosen bleiben, wenn sich das Währungspaar auf einem Niveau von etwa 145 halten kann.

Der Rückgang der japanischen Aktien könnte schließlich den Weg für andere, insbesondere inländische Privatanleger, ebnen, die in den Markt einsteigen, sobald die Volatilität Anzeichen einer Beruhigung zeigt.

Das Hauptszenario für den japanischen Aktienmarkt ist im Grunde unverändert: Die Binnennachfrage bleibt stark, unterstützt durch den anhaltenden Anstieg der Löhne. Wir gehen davon aus, dass sich die japanischen Aktien stabil entwickeln werden.
Thomas Altmann, Leiter Portfoliomanagement, QC Partners
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Thomas Altmann, Leiter Portfoliomanagement, QC Partners

Der Schlüssel zum japanischen Aktienmarkt ist der Yen. Ein schwacher Yen macht japanische Aktien für ausländische Investoren attraktiver und verbessert Japans Exportchancen. So ging das zwischenzeitliche Jahresplus des Nikkei 225 von 27% mit einer 15%igen Abwertung des Yen einher, der folgende Rücksetzer um 26% mit einer 11%igen Aufwertung des Yen.
Der Yen steht aktuell im Spannungsfeld der unterschiedlichen Geldpolitik der Notenbanken. Erst haben die geldpolitischen Straffungen in den USA und der Eurozone bei gleichzeitiger Negativzinspolitik in Japan den Yen unter Druck gesetzt. Jetzt stärken die geldpolitischen Lockerungen von FED und EZB sowie die Straffungen der Bank of Japan den Yen. Die Abhängigkeit von der Geldpolitik mehrerer Notenbanken wird auch in naher Zukunft für erhöhte Volatilität beim Yen und bei japanischen Aktien sorgen.
Bei der AbsoluteIncome-Strategie (Collar-Schreibestrategie auf Aktienindizes) von QC Partners ist die implizite Volatilität ein Allokations-Kriterium. Hier ist der Nikkei 225 aktuell übergewichtet. Da die Basispreise unserer Positionen unterhalb des Indexstandes liegen, reicht eine Seitwärts- oder moderate Negativbewegung aus, um das maximale Performance-Potenzial zu heben.
Markus Zeiß, CFA Leiter Equity, LBBW Asset Management
© LBBW AM

Markus Zeiß, CFA Leiter Equity, LBBW Asset Management

Die aktuelle Lage des japanischen Marktes ist von merklicher Unsicherheit geprägt. Der wiedererstarkte Yen, der von einer restriktiveren Zentralbankpolitik und einer schwächeren US-Konjunktur profitiert, kann als Haupttreiber für die jüngsten Schwankungen ausgemacht werden.

In Anbetracht der aktuellen Lage ist es daher ratsam, vorsichtig bei der Gewichtung japanischer Aktien in der Asset Allocation vorzugehen. Die TOPIX- und Nikkei-Prognosen für 2024 wurden von diversen Brokern bereits nach unten korrigiert. Im Hinblick auf unsere Asset Allocation favorisieren wir Unternehmen mit robustem Ertragswachstumspotenzial, insbesondere in den Bereichen Verteidigung und Energie.

Zudem sehen wir Bankaktien aufgrund der guten Asset-Qualität, stabilen Nettozinsmargen und attraktiven Bewertungsniveaus
positiv. Trotz der aktuellen taktischen Zurückhaltung könnten also langfristige Investitionen in japanische Aktien eine sinnvolle Ergänzung im Sinne der Portfolio-Diversifikation darstellen. Ein begrenzter Anstieg des Yen sowie eine „dovishe“ Bank of Japan wären für eine Erholung eine gute Grundlage.
June-Yon Kim, Portfoliomanager/Analyst für japanische Aktien bei Lazard Asset Management, Lazard Asset Management
© (c) Lazard Asset Management

June-Yon Kim, Portfoliomanager/Analyst für japanische Aktien bei Lazard Asset Management, Lazard Asset Management

Wir betrachten den jüngsten Ausverkauf als Gelegenheit für Anleger, ihre Japan-Allokation zu überdenken. Die meisten Anleger sind weiterhin untergewichtet.
Da die Bank of Japan ihre Geldpolitik weiter normalisieren wird, könnte es aufgrund des stärkeren Yen zu einer erhöhten Marktvolatilität kommen. Hinzu kommt, dass die wirtschaftlichen Aussichten in den USA unsicherer geworden sind. Kurzfristig ist unser Ausblick für japanische Aktien deshalb ausgewogener. Dies ändert jedoch nichts an unserer positiven mittel- bis langfristigen Einschätzung für japanische Aktien. Es sind vor allem zwei Schlüsselthemen, die sich weiterhin positiv auswirken: die Verbesserung der Unternehmensführung, die zu einer besseren Kapitaleffizienz und höheren Aktionärsrenditen führt, und der Übergang von Deflation zu Inflation, der die japanische Wirtschaft allmählich verändert.
Nach dem Ausverkauf Anfang August erholte sich der Markt schnell wieder, und die Indizes legten wieder kräftig zu. Wir haben entsprechend bisher keine Anpassungen an unseren Japan-Strategien vorgenommen. Wir evaluieren jedoch die Chancen, die sich aus der aktuellen Volatilität ergeben. Einige Aktien sind im Hinblick auf das Risiko-Ertrags-Verhältnis nämlich attraktiver geworden.
Ivan Domjanic, Kapitalmarktstratege für die DACH-Region, M&G Investments
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Ivan Domjanic, Kapitalmarktstratege für die DACH-Region, M&G Investments

Der japanische Aktienmarkt ist für uns einer der aussichtsreichsten überhaupt. Daran ändert auch die jüngste Korrektur nichts, zumal diese wahrscheinlich durch technische Faktoren massiv beschleunigt wurde.

Hintergrund der heftigen aber kurzen Korrektur dürfte die Kombination aus plötzlich aufkommenden Rezessionssorgen in den USA mit rückläufigen Anleiherenditen und Aktienkursen auf der einen Seite, sowie die Zinsanhebung durch die Bank of Japan mit der Konsequenz einer rapiden Aufwertung des Yen auf der anderen Seite gewesen sein. Das Zusammenlaufen der Renditedifferenz zwischen den USA und Japan in Kombination mit der Aufwertung des Yen und dem Rückgang der globalen Aktienkurse hat wohl letztlich zu dieser panikartigen Auflösung der Yen-Carry-Trades geführt.

Rein fundamental betrachtet, erwarten wir für den japanischen Aktienmarkt über das nächste Jahrzehnt jedoch weiterhin ein überdurchschnittlich hohes Gewinnwachstum, angetrieben vom strukturellen Wandel in der japanischen Unternehmenslandschaft. Diese Entwicklung wird sich aus unserer Sicht in den nächsten Jahren sogar noch weiter beschleunigen. Wir haben diese Phase genutzt, um z.B. bei japanischen Tech-Werten nachzukaufen.

Dies ist Teil 1 von 2 unserer Japan-Umfrage. Teil 2 wird am kommenden Freitag, den 30. August auf e-fundresearch.com veröffentlicht.

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