Zoll-Umfrage: Beginn eines strukturellen Marktumbruchs?

US-Präsident Trump sorgt mit der Ankündigung pauschaler Importzölle für Unruhe an den Märkten. Droht ein struktureller Regimewechsel oder handelt es sich um eine temporäre Verwerfung? Wir haben führende Experten um eine erste Einschätzung gebeten. Funds | 08.04.2025 13:55 Uhr

Mit der Ankündigung weitreichender Importzölle – den sogenannten „Liberation Day“-Zöllen – hat US-Präsident Trump Anfang April die Kapitalmärkte in Aufruhr versetzt. Die Folge: deutliche Kursausschläge, Verunsicherung bei Investoren und intensive Debatten über mögliche strategische Konsequenzen. Wir wollten wissen, wie Asset Allokatoren auf diese Entwicklung reagieren – und haben nachgefragt, welche unmittelbaren Marktreaktionen wahrgenommen wurden und ob es bereits Anpassungen in der Asset Allocation gab oder geplant sind.

Darüber hinaus stand die Frage im Fokus, ob es sich bei den jüngsten Entwicklungen um vorübergehende Verwerfungen handelt – oder ob ein langfristiger Regimewechsel bevorsteht, mit potenziellen Auswirkungen auf geopolitische Risikoprämien, Wachstumserwartungen und Korrelationen zwischen Assetklassen. Die Antworten der Expertinnen und Experten haben wir für Sie in einem kompakten Slider aufbereitet.

Gregor MA Hirt, Global CIO Multi Asset, Allianz Global Investors GmbH
© Allianz Global Investors GmbH

Gregor MA Hirt, Global CIO Multi Asset, Allianz Global Investors GmbH

Die von US-Präsident Trump angekündigten massiven Zollerhöhungen werden erhebliche weltwirtschaftliche Auswirkungen haben. Obwohl vieles davon abhängt, inwieweit andere Länder Vergeltungsmaßnahmen ergreifen, wird bereits der Zoll-Status-Quo von Anfang April zu einer erheblichen Beeinträchtigung des globalen Wachstums führen. AllianzGI erwartet einen Rückgang des weltweiten BIP um mindestens 1%. Die USA selbst dürften dabei mit am stärksten betroffen sein. Weitreichende Vergeltungsmaßnahmen in Kombination mit einer sich verschlechternden Wirtschaftsstimmung könnten zu einem ausgewachsenen Handelskrieg führen, der die Weltwirtschaft in eine Rezession stürzt.

An den Finanzmärkten dürfte die Ankündigung Trumps, eine allgemeine Abgabe in Höhe von 10% und höhere Zölle für wichtige Handelspartner zu erheben, kurzfristig zu Turbulenzen und einer Flucht in sichere Häfen wie Gold und kurzfristige US-Staatsanleihen führen. Inmitten unruhiger Marktbedingungen bevorzugen wir europäische Aktien gegenüber US-Titeln, den japanischen Yen, Gold sowie US-Staatsanleihen. Da der globale Handelsstreit wahrscheinlich noch weitere Wendungen nehmen wird, dürften sich Anlegern weitere Chancen bieten.
Libby Cantrill, Head of Public Policy, PIMCO
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Libby Cantrill, Head of Public Policy, PIMCO

Eine der zentralen Fragen ist, wo Trumps Schmerzgrenze liegt – wie lange wird er an den Zöllen festhalten und was könnte einen Umschwung auslösen? Die weit verbreitete Annahme, dass Trump sehr empfindlich auf Rückgänge am Aktienmarkt reagieren würde, hat sich eindeutig nicht bestätigt –wir hatten da ohnehin unsere Zweifel. Dennoch ist er sicherlich nicht völlig unempfindlich gegenüber einem Markteinbruch und bleibt auch bestimmt nicht unberührt von der öffentlichen Stimmung, dem erheblichen Widerstand im Kongress oder der Sorge vor einer Rezession. Es gibt sie also sehr wahrscheinlich, die Schmerzgrenze, die er und seine Regierung nicht überschreiten würden, um die Wirtschaft ins Gleichgewicht zu bringen. Wir gehen davon aus, dass Trump zumindest einige dieser Zölle zu gegebener Zeit abmildern wird, doch es bleibt abzuwarten, welche politischen oder anderen Grenzen es für eine solche Umkehr braucht. Sollte es dazu kommen, dass die Zölle weiterhin bestehen – auch nur für einige Quartale–, sind wirtschaftliche Schäden zu erwarten. Diese könnten sich sowohl in einer Wachstumsabschwächung manifestieren, die möglicherweise sogar in eine Rezession übergeht, als auch in einem steigenden Inflationsdruck.
Chris Iggo, CIO Core Investments, AXA Investment Managers
© AXA IM

Chris Iggo, CIO Core Investments, AXA Investment Managers

Allgemein wird erwartet, dass Trumps neue Zölle die Weltwirtschaft bremsen und die Inflation anheizen. Manche halten es für möglich, dass nicht nur die amerikanische Inflation steigt, sondern auch das Wirtschaftswachstum um 1 bis 2 Prozentpunkte fällt. Die USA befänden sich dann in der Stagflation. Durch die US-Einfuhrzölle werden die Exporte anderer Länder nicht mehr so stark wachsen. Die Folge ist ein negativer Konjunkturschock, von dem vor allem Asien und Europa betroffen sind. Aktien verloren deshalb, und die Anleihenrenditen gingen zurück. Der Dollar ist nach Trumps Rede gefallen. Die aggressivere US-Zollpolitik, aber auch andere Dinge scheinen Anleger mehr und mehr gegen die weltgrößte Volkswirtschaft einzunehmen. US-Aktien könnten daher weiter nachgeben, und auch am amerikanischen Anleihenmarkt könnte es schwieriger werden. Wer allerdings die USA weiterhin als sicheren Hafen schätzt, dürfte sich in nächster Zeit wohl eher für US-Anleihen als für US-Aktien entscheiden. Weltweit rechnen wir mit Mehrerträgen von Anleihen, wobei „staatsanleihenähnliche“ Qualitäts-Unternehmensanleihen vor „aktienähnlichen“ Titeln liegen werden, deren Spreads eng mit Aktien korreliert sind.
Salman Ahmed, Global Head of Macro and Strategic Asset Allocation, Fidelity International
© Fidelity International

Salman Ahmed, Global Head of Macro and Strategic Asset Allocation, Fidelity International

Präsident Trumps Zollankündigung fiel deutlich heftiger aus als am Markt erwartet. Nach unseren Berechnungen steigt der durchschnittliche US-Zollsatz damit auf rund 24 Prozent. Ein solches Niveau gab es zuletzt Anfang des 20. Jahrhunderts. Sollte Trumps Vorhaben vollständig umgesetzt werden, wäre es ein schwerer Schlag für den Welthandel und ein ernstes Risiko für das globale Wachstum.

Entscheidend ist nun, welche Abkommen andere Länder mit den USA schließen, ob sie mit Gegenzöllen reagieren und ob die US-Regierung bereit ist, bei den Zollerhöhungen zurückzurudern.

Stagflation ist jetzt das wahrscheinlichste Szenario für die US-Wirtschaft. Sollten die Zollsätze dauerhaft bestehen bleiben, wird die US-Inflation bis zum Sommer auf 3,5 Prozent steigen. Die Kombination aus schwachem Wachstum und hoher Inflation bringt die US-Notenbank in eine schwierige Situation.
Tim Drayson, Head of Economics, L&G
© L&G

Tim Drayson, Head of Economics, L&G

US-Risikoanlagen tragen die Hauptlast der Zoll-Ankündigung. Die Marktvolatilität ist stark gestiegen. Obwohl es einen gewissen Verhandlungsspielraum gibt, gehen wir davon aus, dass die Zölle für den Rest des Jahres hoch bleiben werden.

Die Wahrscheinlichkeit einer US-Rezession wird wohl in den nächsten 12 Monaten weiter steigen. Die Folgen der Handelsbeschränkungen und die damit verbundene Unsicherheit könnten sich viel stärker auswirken als die Schätzungen, die allein auf den direkten Kosten der Zölle basieren.

Um eine Rezession in den USA zu vermeiden, bräuchte es wahrscheinlich eine Kombination aus einer Rücknahme der Zölle, einer verhaltenen Reaktion der Handelspartner oder einem US-Konjunkturprogramm, das schnell genug verabschiedet werden würde, um die Auswirkungen abzumildern. Auch die Beschränkung der Einwanderung und die Bedrohung der Arbeitsplatzsicherheit für Angestellte des Staates können sich negativ auf das Wachstum auswirken.

Wir im Asset Allocation Team sind der Meinung, dass Diversifizierung die Lösung ist. Das heißt, wir sind nicht übermäßig in eine Anlageklasse, eine Region investiert und nicht von einem wirtschaftlichen Szenario abhängig.
Gerhard Winzer, Chefvolkswirt, Erste Asset Management
© Foto: S.Huger (alle Rechte bei Erste Asset Management)

Gerhard Winzer, Chefvolkswirt, Erste Asset Management

Auf dem Tag der Befreiung (Liberation Day) folgen auf den Märkten Tage der Liquidierung (Liquidation Days). Präsident Trump hat am Wochenende bekräftigt, dass es um die Eliminierung der bilateralen Handelsbilanzdefizite geht Gleichzeitig sollen die während der ersten Trump-Präsidentschaft temporären Senkungen der Einkommenssteuer auf permanent gestellt werden. Das Budgetdefizit bleibt damit trotz der Einsparungsversuche (DOGE) wahrscheinlich hoch. Die bilateralen Handelsbilanzdefizite würden einen Verlust darstellen. Handelsbilanzdefizite sind aber keine schlechte Sache. Wir sehen 2 Szenarien.
Szenario 1: Die unmittelbaren negativen Auswirkungen der Zollanhebungen sind so stark dass es zu Verhandlungslösungen kommt. Der US-Präsident zeigt sich zufrieden mit den Konzessionen der anderen Länder, obwohl die bilateralen Handelsbilanzdefizite bleiben.
Szenario 2: Die US-Zollanhebungen werden nicht abgeändert. Die anderen Länder antworten mit Gegenmaßnahmen und weiten die protektionistischen Maßnahmen auf den Dienstleistungssektor aus. In den USA steigen die Kosten und die Inflation an. Der „Rest“ der Welt ist mit einem Nachfrageschock konfrontiert. So oder so: Die Unsicherheit wird so schnell nicht verschwinden.
Heiko Böhmer, Kapitalmarktstratege, Shareholder Value Management
© Shareholder Value Management

Heiko Böhmer, Kapitalmarktstratege, Shareholder Value Management

Donald Trump ist mehr als ein politisches Risiko. Das hat er mit den Zollankündigungen gezeigt und die schlimmsten Erwartungen deutlich übertroffen – daher nun auch die heftigen Marktreaktionen. Am vergangenen Freitag war daher auch der erste Paniktag an der Wall Street mit fallenden Kursen bei 93 Prozent aller Aktien.
Durch unseren starken Europa-Fokus hatten wir im ersten Quartal eine stabile Performance. Und auch in der Korrektur geben viele defensive Aktien aus unserem Investment-Portfolio deutlich weniger nach, als die zuvor extrem hochbewerteten Technologiewerte vor allem aus den USA.
Aktienselektion ist wieder Trumpf. Breit investierende Welt-Indizes sacken überdurchschnittlich ab. „Augen zu und durch“ ist daher aktuell ein oft gehörter Ratschlag. Wir setzen lieber auf das bekannte Buffett-Motto: „Sei mutig, wenn andere ängstlich sind.“ So haben wir schon Chancen genutzt und die Aktienquote im Frankfurter Aktienfonds für Stiftungen in den vergangenen Tagen erhöht, auch weil die Marktstimmung komplett am Boden ist. Der bekannte „Fear & Greed“ Index von CNN notiert mit 4 Punkten auf Panikniveau – in der Vergangenheit war das ein positives Signal für den ausgewählten Einstieg.
Thomas Altmann, Leiter des Portfoliomanagements, QC Partners
© QC Partners

Thomas Altmann, Leiter des Portfoliomanagements, QC Partners

Seit 1950 hat sich der US-Anteil am globalen Exportvolumen von 16,2% auf jetzt 8,3% halbiert. Im gleichen Zeitraum ist der Anteil Chinas von nahe null auf 14,4% gestiegen. Diese Entwicklung der vergangenen 75 Jahre wird Donald Trump auch mit Zöllen nicht zurückdrehen können.
Bleiben die Zölle längere Zeit so in Kraft, werden sie zunächst zu gestörten Lieferketten, Inflation und niedrigerem Wachstum führen. Mittelfristig wird der US-Anteil am globalen Handel weiter sinken. Hauptprofiteur in diesem Szenario könnte erneut China sein.
Der einzige wirkliche Ausweg von den negativen Folgen des US-Befreiungstages wäre ein echter Freihandel.
Aktuell werden an den Börsen die negativen Folgen aus der ersten Phase von Trumps Zollerhöhungen eingepreist. Das sind drastische Kursverluste zur Antizipation niedrigerer Unternehmensgewinne und stark erhöhte Volatilitäten als Folge der Unsicherheit.
Für unsere abgesicherte Optionsstrategie, die insbesondere von erhöhten Volatilitäten profitiert, bieten sich aktuell weltweit attraktive Opportunitäten.
Thomas Meyer, Country Head Germany – Institutional Sales International, DPAM
© Degroof Petercam Asset Management (DPAM)

Thomas Meyer, Country Head Germany – Institutional Sales International, DPAM

Von stimmungsbedingten Kursbewegungen wird der Fokus jetzt auf die wirtschaftlichen Auswirkungen der Zölle gerichtet. Unternehmen mit globalen Lieferketten sehen sich erhöhten Kosten ausgesetzt. Discounter und nicht-amerikanische Autohersteller könnten überproportional betroffen sein. Unternehmensdienstleister und Softwareunternehmen von direkten Auswirkungen verschont bleiben.

Die Zölle kommen zu einer Zeit, da die US-Wirtschaftsdaten bereits nachgeben. Höhere Zölle könnten die Inflation anheizen und das Wachstum schwächen, was den Spielraum für Zinssenkungen einschränkt. In einer möglichen Rezession würden zyklische Sektoren zusätzlich unter Druck geraten.

Exportlastige Volkswirtschaften dürften mit Verlangsamungen und Währungsabwertungen konfrontiert sein. In Ländern mit hohen Handelsüberschüssen und wichtiger verarbeitender Industrie könnten sich Wirtschaftstätigkeit und Anlegerstimmung verschlechtern.

Für Warenexporteure, Konsumtitel und Zykliker werden die Auswirkungen der neuen Zölle relativ groß sein. Anlagen in hochwertige Unternehmen mit soliden Bilanzen, wiederkehrenden Einnahmen, strukturellem Wachstum und starken Geschäftsmodellen dürften wertvoller werden.
Axel D. Angermann, Chef-Volkswirt, FERI AG
© The Media Department

Axel D. Angermann, Chef-Volkswirt, FERI AG

Bei allen denkbaren Übertreibungen: Die Marktreaktion auf den „Liberation Day“ ist Ausdruck dessen, dass sich die Marktteilnehmer auf eine grundsätzlich veränderte Weltlage einstellen. Die USA verabschieden sich aus dem System des freien Welthandels, die US-Politik wird selbst zu einem Unsicherheitsfaktor. Folge wird eine Neuordnung globaler Lieferketten sein, die nicht mehr primär Effizienzüberlegungen folgt, sondern aktives Risikomanagement beinhaltet. Das ist mit erheblichen Unsicherheiten, mit temporären Störungen von Lieferketten und letztlich mit höheren Kosten verbunden. Wie tiefgreifend die Anpassungen sein müssen, hängt wesentlich auch von den Reaktionen der betreffenden Länder auf die US-Zölle ab: Ein globaler Handelskrieg „aller gegen alle“ würde massiv Wohlstand vernichten, ist aber derzeit nicht unser Basisszenario. Zu erwarten sind aber strukturell höhere Inflationsraten und eine insgesamt heterogenere Entwicklung einzelner Länder und Regionen. Die Antwort darauf: eine stärkere globale Diversifikation sowohl hinsichtlich Regionen als auch nach Sektoren und die systematische Einbeziehung alternativer Anlageklassen in die Asset Allocation.
Ulrich Urbahn, CFA, Leiter Multi Asset Strategy & Research, Berenberg
© Berenberg

Ulrich Urbahn, CFA, Leiter Multi Asset Strategy & Research, Berenberg

Die neuen US-Zölle sind eine weitreichende wirtschaftspolitische Wende mit Risiken für das Wachstum, aber auch Chancen für politisch gesteuerte Gegenmaßnahmen. Investoren sollten nicht überstürzt handeln, sondern ihre Portfolios aktiv, diversifiziert und inflationsresistent aufstellen.

Das zweite Quartal 2025 dürfte in den USA von hoher wirtschaftlicher Unsicherheit geprägt bleiben. Die Risiken für eine mögliche Rezession sind klar erkennbar und die Wahrscheinlichkeit dafür steigt. Sollte die Fed nicht in Panik geraten und die Geldpolitik extrem lockern, was nicht unser Basis-Szenario ist, erwarten wir keine schnelle und deutliche V-Erholung der Märkte. Allerdings denken wir, dass die Märkte kurzfristig überverkauft sind, sodass wir eine taktische Chance für eine Erholungsrallye sehen.

Angesichts der im Jahr 2026 anstehenden Zwischenwahlen dürfte auch die US-Regierung gewillt sein, den US-Aktienmarkt mittelfristig zu unterstützen. Dies erwarten wir allerdings tendenziell verstärkt im zweiten Halbjahr 2025, sodass dann Aktien hoffentlich wieder nachhaltig nach oben drehen können. Für das zweite Quartal erwarten wir eine erhöhte Volatilität mit opportunistischen Chancen.
Stefan Wolpert, Portfoliomanager, Habbel, Pohlig & Partner
© Habbel, Pohlig & Partner

Stefan Wolpert, Portfoliomanager, Habbel, Pohlig & Partner

Das Ausmaß der Zoll- und Gegenmaßnahmen kam für die Kapitalmärkte offensichtlich überraschend. Die Unsicherheit über die künftigen Schritte der betroffenen Akteure haben die Marktteilnehmer zu einer vorsichtigeren Positionierung bewogen. Auch Wertsicherungskonzepte dürften angesichts abschmelzender Risikobudgets zu Verkäufen schlichtweg gezwungen gewesen sein.
Was in Zeiten fester Risikoanlagenmärkte langweilig klingt, zeigt in der aktuellen Phase seine Wichtigkeit: eine auf die Risikotragfähigkeit des Anlegers angepasste Asset Allocation. Im Vorfeld der Bekanntgabe haben wir uns zudem in Aktien vorsichtiger positioniert und die Zinssensitivität erhöht. Zusammen mit „marktrichtungsunabhängigen“ Instrumenten wie Volatilitätsstrategien und dem fast obligatorischen Goldanteil können damit Schwankungen aus Aktien und High Yield teilweise geglättet werden.
Die Stärke des Abverkaufs dürfte als direkte Reaktion temporär sein. Verschiebungen in den wirtschaftlichen Verhältnissen und Anpassungen von Gewinnerwartungen werden uns hingegen längerfristig beschäftigen und eine aktive Investitionsgradsteuerung erfordern.
Benoit Anne, Senior Managing Director - Strategy and Insights Group, MFS Investment Management
© MFS IM

Benoit Anne, Senior Managing Director - Strategy and Insights Group, MFS Investment Management

Die hohen, „reziproken“ Zölle liegen aus Sicht der Märkte nahe am Worst-Case-Szenario. Der effektive Zollsatz für US-Importe wird wohl auf etwa 23% steigen – den höchsten Stand seit weit über einem Jahrhundert. Wenn die Zölle lange genug in Kraft sind, dürften sie einen stagflationären Schock für die US-Wirtschaft auslösen. Die Wahrscheinlichkeit einer Rezession im nächsten Jahr ist erheblich gestiegen.

Wir sind der Ansicht, dass die Anlageklasse der festverzinslichen Wertpapiere in der kommenden Zeit gut ist, um Risiken zu reduzieren. Die Argumente für eine lange Duration haben sich in den letzten Wochen sehr verstärkt. Diese sind, das Abwärtsrisiko für die Weltwirtschaft und die Erwartung, dass die Zentralbanken weltweit angesichts eines Wachstumsschocks das Tempo der geldpolitischen Lockerung beschleunigen werden müssen.

Auf der Aktienseite gehen wir davon aus, dass die globale Verschiebung weg von den USA anhalten wird bis Anleger die US-Aktien irgendwann wieder als Kaufgelegenheit einstufen werden. Im Moment ist es unmöglich, diese Entscheidung zu treffen. Wir bevorzugen derzeit Wertpapiere mit Qualität und ein Engagement in Sektoren mit niedrigerem Beta.
Ivan Domjanic, CFA, Kapitalmarktstratege, M&G Investments (Deutschland)
© M&G

Ivan Domjanic, CFA, Kapitalmarktstratege, M&G Investments (Deutschland)

Die aktuelle Situation hat vor allem eines drastisch erhöht: die Unsicherheit. So erscheint es nahezu unmöglich, die Wahrscheinlichkeiten der unterschiedlichen Szenarien abzuschätzen. Im besten Fall werden am Ende Deals geschlossen, die einen weltweiten Abbau der Zölle beinhalten. Die Zölle wären dann von kurzer Dauer und die Märkte könnten zu einer Erholung ansetzen. Sollte es der US-Regierung jedoch tatsächlich um eine Re-Industrialisierung der USA gehen, so wäre ein Herabsetzen der Zölle auf absehbare Zeit unwahrscheinlich, da in diesem Fall der Druck längerfristig aufrechterhalten werden müsste. Das Risiko einer Rezession würde dann wohl deutlich zunehmen.

Vor diesem Hintergrund zeigen die Bewertungen an den Aktienmärkten ein sehr uneinheitliches Bild. Während die KGVs vieler Wachstumstitel trotz der Kursrückgänge immer noch über ihren historischen Durchschnittswerten liegen, befinden sich viele Value-Aktien mittlerweile auf Rezessionsniveau, insbesondere in Europa und Teilen Asiens. Bei den Unternehmensanleihen haben sich die Spreads zwar ziemlich rasch ausgeweitet, allerdings von extrem niedrigen Niveaus aus. Wirklich günstige Bewertungen sind hier also noch nicht erreicht.
Enguerrand Artaz, Investmentstratege, LFDE
© LFDE

Enguerrand Artaz, Investmentstratege, LFDE

Donald Trumps Zoll-Rundumschlag hat die Welt in Schock versetzt. Daher ist die stark negative Reaktion der Aktienmärkte angemessen, sie impliziert die möglichen Auswirkungen für die Weltwirtschaft. Wir haben schnell reagiert und unser Engagement an den Aktienmärkten stark reduziert, denn der Abschwung könnte sich fortsetzen. Zum einen, weil die Anleger noch vor wenigen Wochen sehr stark in Aktien investiert waren, zum anderen, weil wir in eine unsichere Phase eintreten, in der ein echtes Eskalationsrisiko besteht. Die ersten von China angekündigten Vergeltungsmaßnahmen und die Reaktion der USA darauf zeigen dies.

Den Entwicklungen werden sich wohl nur wenige Märkte widersetzen. Europäische Aktien könnten sich vergleichsweise besser entwickeln. Das Potenzial für "deleveraging" ist geringer angesichts der nach wie vor schwachen Positionierung der Anlageklasse, die Bewertungen sind niedrig und der Abwärtsdruck auf den US-Dollar könnte anhalte. In absoluten Zahlen rechnen wir aber nicht mit einer massiven Abkopplung. Sollte es jedoch längerfristig kein Zurück bei Trumps Politik geben, könnten Investoren sich strukturell von US-Anlagen zugunsten von Europa oder Asien trennen.
Daniel Kerbach, Chief Investment Officer, Head Investment Management, BayernInvest Kapitalverwaltungsgesellschaft mbH
© BayernInvest

Daniel Kerbach, Chief Investment Officer, Head Investment Management, BayernInvest Kapitalverwaltungsgesellschaft mbH

An den Märkten herrscht nach Ankündigung der Zölle große Sorge vor einer weltweiten Rezession. Dementsprechend gaben die großen Aktienindizes nach, während gleichzeitig die Flucht in bonitätsstarke Staatsanleihen einsetzte. Aufgrund der unübersichtlichen Gesamtlage haben wir in unserer Asset Allocation bereits eine vorsichtige Haltung eingenommen, unsere Positionen in Gold aufgestockt und die Allokation in europäische Staatsanleihen übergewichtet, um das Portfolio in einem zunehmend volatilen Marktumfeld robust zu halten. Darüber hinaus halten wir an inflationsgeschützten Anleihen fest, da von einem möglichen Stagflationsszenario auszugehen ist.

Kommt es im Zollstreit zu keiner Einigung, könnte das Wachstum weltweit erlahmen und die USA in eine milde Rezession abgleiten. Auch die Inflation könnte durch den Zollkonflikt noch einmal zunehmen. Dies würde zu einem noch stärkeren Drahtseilakt der Zentralbanken führen. Sollte der Zollkonflikt jedoch schnell beigelegt werden, wäre dies ein Signal zur Erholung für die Aktienmärkte.

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