Artemis US-Manager Weldon: "Bankaktien sind bei uns deutlich untergewichtet"

Im Interview mit e-fundresearch.com erklärt Cormac Weldon, Head of US Equity, Artemis, warum er und sein Team aktuell einen größeren Bogen um US-Bankaktien machen, die sogenannten "FANG"-Aktien 2015 einen attraktiven Performancebeitrag lieferten und hyperaktive Hedgefonds ein positives Umfeld für längerfristig orientierte Anleger schaffen können. Managers | 23.02.2016 16:00 Uhr
Cormac Weldon, Head of US Equity, Artemis / ©  Artemis
Cormac Weldon, Head of US Equity, Artemis / © Artemis
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e-fundresearch.com: Welche persönlichen Lehren ziehen Sie aus den Marktentwicklungen 2015 und dem volatilen Marktauftakt 2016? 

"Änderungen in den wirtschaftlichen Gegebenheiten haben großen Einfluss auf die Märkte und müssen sich daher zwangsläufig auch in der Struktur unserer Portfolios niederschlagen."

Cormac Weldon: Beides hat uns wieder einmal vor Augen geführt, warum es so wichtig ist, das gesamtwirtschaftliche Umfeld in unseren Anlageprozess mit einzubeziehen. Änderungen in den wirtschaftlichen Gegebenheiten haben großen Einfluss auf die Märkte und müssen sich daher zwangsläufig auch in der Struktur unserer Portfolios niederschlagen. Unsere Erkenntnis, dass die Kreditvergabe in den USA in letzter Zeit (seit die QE-Maßnahmen peu à peu zurückgefahren werden) zunehmend restriktiver wird , hat uns zu einer Präferenz für „Qualitätswerte“– zulasten zyklischerer Titel – in unseren Portfolios veranlasst. Unserer Performance ist das zugute gekommen.

e-fundresearch.com: Fondsperformance 2015: Die Entwicklung des US-Aktienmarktes wurde massiv von der Performance der „FANGs“ (Facebook, Amazon, Netflix, Google) getrieben – inwieweit konnten Sie von diesem Trend profitieren? 

"Die sogenannten FANG-Aktien dagegen haben mit ihrer schieren Größe besonders große Aufmerksamkeit auf sich gezogen." 

Cormac Weldon: Wir hatten Facebook, Amazon und Google schon letztes Jahr im Bestand und halten die Titel bis heute. Im Artemis US Select Fund haben sie ca. 160 Basispunkte zu unserer Brutto-Outperformance von 500 Basispunkten beigetragen. Damit hatten sie zwar einen wichtigen Anteil, waren aber bei Weitem nicht die einzigen Renditetreiber. Im Jahr 2015 haben nämlich über 200 Aktien besser abgeschnitten als der S&P 500 – eine Tatsache, der in unseren Augen zu wenig Beachtung geschenkt wird. Die sogenannten FANG-Aktien dagegen haben mit ihrer schieren Größe besonders große Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Weitere Top-Performer in unseren Portfolios waren zudem die Videospiel-Unternehmen – Activision und Electronic Arts – sowie Apple.

e-fundresearch.com: Leitzinswende in den USA – weiteres QE in Japan und Europa: Inwiefern beeinflussen die zunehmend divergierenden Notenbankpolitiken Ihre Investmentstrategie? 

"In unseren Portfolios sind darum keine Unternehmen enthalten, die (...) gegen Wettbewerber antreten müssen, die momentan von einer schwächeren Währung profitieren."

Cormac Weldon: Am deutlichsten hat sich diese entgegengesetzte Entwicklung der Zinspolitik (und des Wirtschaftswachstums) in einer erheblichen Aufwertung des US-Dollars gegenüber anderen wichtigen Währungen manifestiert. In unseren Portfolios sind darum keine Unternehmen enthalten, die in den USA produzieren und auf dem Weltmarkt gegen Wettbewerber antreten müssen, die momentan von einer schwächeren Währung profitieren. Ein passendes Beispiel hierfür wäre Caterpillar.

e-fundresearch.com: Der US-Aktienmarkt gilt als effizientester Markt weltweit: Wie möchten Sie in solch einem Umfeld eine Outperformance generieren können? 

"Auf der einen Seite haben wir dort hyperaktive Hedgefonds (...). Andererseits haben passive Anlagestrategien massiv an Bedeutung gewonnen."

Cormac Weldon: Wir glauben, dass die Zusammensetzung der Anlegerbasis in den USA der Performance aktiver Manager zugutekommen wird. Auf der einen Seite haben wir dort hyperaktive Hedgefonds, die nicht selten eine Überreaktion auf einzelne Datenpunkte an den Tag legen und damit Anlagechancen für längerfristig orientierte Anleger schaffen. Andererseits haben passive Anlagestrategien massiv an Bedeutung gewonnen. Vor dem Hintergrund der aktuellen Konjunkturabkühlung empfehlen wir, bei der Auswahl von Aktien momentan besonders wählerisch zu sein. Passiv verwaltete Fonds hingegen werden Titel kaufen – und damit deren Bewertung in die Höhe treiben –, für die wir in Zukunft mit einer unterdurchschnittlichen Wertentwicklung rechnen. Gleichzeitig kaufen passive Fonds zu wenig von den Aktien, die unserer Einschätzung nach von diesem neuen Konjunkturumfeld profitieren können. Damit sind solche Titel im Vergleich unterbewertet. Von diesen Ineffizienzen dürften wir als aktive Anleger auch in Zukunft profitieren.

e-fundresearch.com: In welchen konkreten Investtmenthemen identifizieren Sie derzeit das vielversprechendste Wertpotenzial? 

"Vor Kurzem hat der Konzern einen Konkurrenten übernommen mit dem Ergebnis, dass die US-Tabakindustrie nun weitgehend konsolidiert ist. Wir glauben, dass die Branche höhere Preise durchsetzen kann (...)"

Cormac Weldon: Besonders attraktiv sind für uns Solidität und Planbarkeit, vor allem bei Titeln, die zudem nicht unter dem starken US-Dollar zu leiden haben. So sind wir zum Beispiel in Reynolds American, ein zu 100% US-amerikanisches Tabakunternehmen, investiert. Vor Kurzem hat der Konzern einen Konkurrenten übernommen mit dem Ergebnis, dass die US-Tabakindustrie nun weitgehend konsolidiert ist. Wir glauben, dass die Branche höhere Preise durchsetzen kann, zumal Zigaretten in den USA deutlich günstiger sind als in vergleichbaren Industrieländern.

e-fundresearch.com: Welche Konsensus-Trades bereiten Ihnen im aktuellen Umfeld die größten Sorgen? 

"Bankaktien sind bei uns deutlich untergewichtet, während unsere Wettbewerber hier unserer Einschätzung nach auf eine Übergewichtung setzen."

Cormac Weldon: Bankaktien sind bei uns deutlich untergewichtet, während unsere Wettbewerber hier unserer Einschätzung nach auf eine Übergewichtung setzen. Vermutlich gehen sie davon aus, dass eine Verschiebung in der Zinskurve den Nettozinsmargen der Banken Auftrieb geben wird. Wir dagegen glauben, dass die Zinsen niedrig bleiben und die Zinskurve sich sogar weiter abflachen könnte, was diese optimistische Argumentation zugunsten der Banken zunichtemachen würde.

e-fundresearch.com: Wieso sollten Investoren mit dem Gedanken spielen, eine Allokation zu Ihrer Strategie aufzubauen, und was macht Ihre Strategie in Hinblick auf das Marktumfeld 2016 besonders attraktiv?

Cormac Weldon: Das aktuelle Umfeld mag für die Aktienmärkte global betrachtet voller Herausforderungen stecken. Inmitten dieser Gemengelage aber bieten die USA eine stabilere Wirtschaft, mehr Möglichkeiten für Wachstum aus eigener Kraft und eine Bankenbranche mit sehr guter Kapitalausstattung. Darum glauben wir, dass US-Aktien andere Märkte schlagen können und wohl auch schlagen werden.

e-fundresearch.com: Wo lauern im weiteren Verlauf von 2016 die größten Herausforderungen und welche generellen Volatilitätsniveaus erwarten Sie für die nächsten Monate?

Cormac Weldon: Wir rechnen mit zunehmender Volatilität, da Anleger und Zentralbanken weiterhin an der anhaltenden Konjunkturschwäche der Weltwirtschaft zu knabbern haben.

e-fundresearch.com: Vielen Dank für das Gespräch!

Chart: Artemis US Select Fund seit Auflegung

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