e-fundresearch.com: Von anfänglicher Euphorie bis hin zum „bösen Erwachen“ im vierten Quartal – das letzte Jahr wird vielen Investoren als besondere Herausforderung in Erinnerung bleiben. Worin bestanden Ihrer Meinung nach die größten Überraschungen und welche Lehren haben Sie für sich aus dem Kapitalmarktjahr 2018 gezogen?
Florian Rainer: Die erhöhte Volatilität hat mich im vergangenen Jahr nicht überrascht, die absolute Kapitulation an den Aktienmärkten im vierten Quartal -ganz besonders im Dezember- jedoch schon. Es kam zu einem regelrechten Käuferstreik, kaum jemand wollte noch in Aktien investiert sein. In diesem Umfeld war es sehr schwierig sich mit Stockpicking den fallenden Märkten zu entziehen. Die Stimmung war gegen Jahresende sehr schlecht, vielleicht zu schlecht. Denn eines ist für mich klar: Nach wie vor sind Aktien hochqualitativer Unternehmen gerade im aktuellen Niedrigzinsumfeld, von dem ich ausgehe, dass es uns noch länger begleiten wird, zum langfristigen Vermögensaufbau absolut unverzichtbar!
e-fundresearch.com: Licht & Schatten: Wie zufrieden sind Sie mit Ihrer, im vergangenen Jahr erzielten, relativen Performance? Welche Positionierungen haben sich rückblickend gesehen als besonders positiv beziehungsweise belastend erwiesen?
Florian Rainer: Bis knapp vor Ende des Jahres hat es sehr erfreulich für den Wiener Privatbank European Equity Fund ausgesehen, wir waren Ende November sogar noch im Plus! Danach sind an den internationalen Aktienmärkten jedoch alle Dämme gebrochen, wobei sich auch der von mir gemanagte Fonds dieser Entwicklung nicht entziehen konnte. Ein Jahr mit negativer absoluter Performance kann natürlich –per definitionem- nie zufriedenstellend sein. Die relative Performance war zwar deutlich besser als die meisten Märkte oder Vergleichsfonds, was jedoch nur ein schwacher Trost ist. Bester Performer im Fonds war Do & Co mit +74,1%. Auch besonders positiv haben sich die beiden ebenfalls von mir allokierten Lachszüchter Lerøy Seafood und Marine Harvest (inzwischen „Mowi“) mit +51,8% bzw. +37,4% entwickelt. Als belastend haben sich hingegen aufgrund einer unerfreulichen Wertentwicklung unter anderem der Gabelstapler-Konzern Kion und British American Tobacco erwiesen. Wir denken aber, dass die Märkte hier übertrieben haben und die aktuellen Bewertungen dieser Firmen attraktiv sind.
e-fundresearch.com: Angezogene Handbremse oder kontrollierte Offensive: Mit welcher Positionierung sind Sie in das neue Jahr gestartet und in welchem Ausmaß haben Sie die Kursverluste der vergangenen Wochen bereits für Portfolioumschichtungen oder Nachkäufe genutzt?
Florian Rainer: Wir investieren im Wiener Privatbank European Equity Fonds ausschließlich in hochqualitative, dividendenzahlende Unternehmen. Insofern passt die Bezeichnung „kontrollierte Offensive“ wohl generell schon recht gut zu unserer Investmentphilosophie. Wir haben den Dezember, nachdem sich die Wertentwicklung einiger unserer Titel an der Börse stark von der operativen Performance der Unternehmen entfernt hat, durchaus zu Nachkäufen genutzt. Ganz nach dem Motto: „Sei gierig, wenn andere ängstlich sind!“, haben wir beispielsweise weiter in Sixt investiert. Uns gefällt der deutsche Mietwagenkonzern ausgesprochen gut, wir sind schon lange in das familiengeführte Unternehmen investiert. Von August-Dezember 2018 hat der Kurs nun um mehr als 44% nachgegeben, obwohl die Firma im vergangenen Jahr mehrmals den Ausblick angehoben hatte. Für uns ist die Entwicklung klar übertrieben gewesen, weswegen wir unsere Position zu attraktiven Kursen stark ausgebaut haben.
e-fundresearch.com: Von den weiterhin ungelösten Handelsstreitigkeiten, dem bevorstehenden Brexit bis hin zu einer nachlassenden Wirtschaftswachstumsdynamik und vermehrt auftretenden Gewinnwarnungen: Auf welches Kapitalmarktumfeld sollten sich Investoren 2019 einstellen und welche Entwicklungen werden Sie in Ihrer Rolle als Marktteilnehmer besonders genau im Fokus behalten?
Florian Rainer: Investoren sollten sich für das Börsenjahr 2019 ganz bestimmt auf ein volatiles Marktumfeld einstellen. Es gibt gerade auf makro-ökonomischer Ebene sehr viele ungelöste Fragen, wie etwa die Ausprägung des bevorstehenden Brexit oder eine potentielle Eskalation des Handelsstreits zwischen den USA und China. Diese werden die Märkte garantiert „auf Trab“ halten, wobei man sagen muss, dass schon viel Negatives in den Kurse eingepreist ist und die Überraschung durchaus auch eine positive sein könnte. Ich beobachte sehr genau die Gewinnentwicklung der Unternehmen bzw. die Analystenschätzungen dazu. Möglicherweise sind die Prognosen hier im Markt-Durschnitt nach wie vor etwas zu hoch. Es muss deshalb natürlich das Ziel sein, möglichst keine Firmen im Portfolio zu haben, die mit Gewinnwarnungen überraschen, sondern solche, die sich auch im aktuell herausfordernden Marktumfeld operativ gut entwickeln können.
e-fundresearch.com: Ist es mit Blick auf das Investmentteam und den Investmentprozess im vergangenen Kalenderjahr zu Anpassungen beziehungsweise Erweiterungen gekommen, die Fondsselektoren bewusst sein sollten?
Florian Rainer: Nein, bezüglich des Investmentteams ist es im vergangen Jahr zu keinen Anpassungen gekommen. Auch der Investmentprozess bleibt unverändert, wir sind von diesem absolut überzeugt.