Trotz Rekordrallye: „Gold bleibt die beste Versicherung“

Gold hat diese Woche erstmals die Marke von 4,000 USD pro Feinunze überschreiten können und für Ronald-Peter Stöferle, Managing Partner und Fondsmanager der Incrementum AG, ist der Aufwärtstrend noch lange nicht zu Ende. Im Gespräch mit e-fundresearch.com erläutert der Co-Autor des „In Gold We Trust“-Reports die zentralen Treiber der laufenden Goldrally, von geopolitischen Spannungen über die De-Dollarization bis hin zur Rückkehr institutioneller Anleger. Zudem erklärt er, warum das klassische 60/40-Portfolio ausgedient hat, welche Rolle Bitcoin als digitales Gegenstück zu Gold spielt und weshalb die „Goldene Dekade“ gerade erst in ihre entscheidende Phase eintritt. Managers | 10.10.2025 10:58 Uhr
Ronald-Peter Stöferle ist Managing Partner und Fondsmanager der Incrementum AG in Liechtenstein sowie Co-Autor des 'In Gold We Trust-Reports' / © e-fundresearch.com / Incrementum AG
Ronald-Peter Stöferle ist Managing Partner und Fondsmanager der Incrementum AG in Liechtenstein sowie Co-Autor des 'In Gold We Trust-Reports' / © e-fundresearch.com / Incrementum AG

e-fundresearch.com: Der Goldpreis hat Anfang dieser Woche erstmals kurzzeitig die Marke von 4.000 US-Dollar pro Feinunze überschritten und damit ein neues Allzeithoch erreicht. Welche Faktoren sehen Sie aktuell als wichtigste Treiber für den Goldpreis? 

Ronald-Peter Stoeferle: Der Goldpreis befindet sich in einem intakten säkularen Bullenmarkt. Das beachtliche Plus von knapp 27% im Jahr 2024 und weiteren mehr als 50% seit Jahresbeginn sind auf folgende zentrale Treiber zurückzuführen:

  1. Geopolitik & De-Dollarization: Die enormen geopolitischen Risken und Unsicherheiten sowie die langsame, aber beständig fortschreitende Abkehr vom US-Dollar befeuern die Hinwendung zu Gold, das als neutraler Vermögenswert ohne Gegenparteirisiko in diesem Umfeld überzeugende Portfolioeigenschaften aufweist. Das zeigt sich in der markanten Erhöhung der Zentralbanknachfrage seit Ausbruch des Ukrainekriegs. Drei Jahre in Folge lag die Goldnachfrage der Zentralbanken über 1.000 Tonnen, 2025 könnte die Marke ein viertes Mal in Folge erreicht werden. 
  2. Zunehmend wird die Verschuldung in den Industriestaaten zu einem ernsthaften Problem, mit den USA, Japan und Frankreich an vorderster Front. Staatsanleihen geraten immer stärker unter Druck, was Gold als alternatives Investment stärker ins Anlegerinteresse rückt. Nach vier Jahren Abflüssen kehren westliche ETF-Anleger zurück (+21 Mrd. USD YTD).
  3. Neben Anleihen geraten auch andere traditionelle Vorsorgeprodukte unter Druck, so etwa der chinesische Immobilienmarkt.  Das erhöht die Attraktivität von Gold zusätzlich. 
  4. Starker Markttrend: Die Nachfrage ist breit gestützt – aus dem institutionellen Segment, über ETFs und im OTC-Markt, während der Terminmarkt-Hebel bislang moderat bleibt. Der Aufwärtstrend ist damit nicht primär spekulationsgetrieben. Zugleich steigen die Preise bei gedämpfter realisierter Volatilität: Rücksetzer werden rasch gekauft und die Time-in-Market nimmt zu.

Alles in allem steigt Gold weiterhin nicht wegen FOMO, sondern infolge eines strukturellen Vertrauensverlust in Papiergeld.

e-fundresearch.com: Viele Anleger stellen sich die Frage, ob Gold auf dem aktuellen Niveau noch als Absicherung im Portfolio geeignet ist. Wo liegen aus Ihrer Sicht Chancen und Risiken?

Ronald-Peter Stoeferle: Gold bleibt die beste Versicherung gegen systemisches Risiko.

  1. Chancen: kein Ausfallrisiko, keine Gegenpartei, Schutz vor Inflation und Währungsabwertung. Trotz Allzeithochs ist Gold nach vielen makroökonomischen Maßstäben weiterhin historisch günstig: Die Marktkapitalisierung des globalen Goldbestands entspricht nur ~40% der Marktkapitalisierung der US-Aktien, in den 1970er-Jahren waren es bis zu 160%.
  2. Risiken: kurzfristig überdehntes Sentiment, mögliche 10–15%-Korrekturen. Wir sehen Rücksetzer daher als Einstiegschancen, denn langfristig bleibt der Trend intakt. Im Detail haben wir unsere Sicht der Dinge im In Gold We Trust-Report 2025 mit dem programmatischen Titel „The Big Long“ dargelegt.    
  3. Für uns ist klar: Das alte 60/40-Portfolio ist unter den aktuellen Rahmenbedingungen obsolet. Die Edelmetall-Allokation sollte im Portfolio deutlich erhöht werden und sich in Prozent des Gesamtportfolios etwa wie folgt zusammensetzen: 15% Sicherheitsgold (physisch), 10% Performance-Gold (Minen, Silber, Royalties). In unserem 2024 lancierten Incrementum Active Gold Fund kombinieren wir Sicherheitsgold mit Performance-Gold und investieren sehr aktiv und breit ausschließlich in diesen Sektor.
  4. Fazit: Gold ist weiterhin Pflichtbestandteil eines robusten Portfolios – auf aktuellen Niveaus mehr denn je.

Näher auf die konkreten Auswirkungen der Goldpreisrally sowie des makroökonomischen und geopolitischen Umfelds und auf die Veranlagung des Incrementum Active Gold Fund gehen wir in unserem Webinar „Das neue 60/40-Portfolio: Performance-Gold im Fokus“ am 23. Oktober ein.

e-fundresearch.com: Wenn sich geopolitische Spannungen abschwächen oder eine makroökonomische Erholung einsetzt, könnte Gold unter Druck geraten. In welcher Konstellation sehen Sie eine Korrektur wahrscheinlicher und welches Preisniveau wäre für Sie ein kritischer Unterstützungsbereich?

Ronald-Peter Stoeferle: Eine deutlichere Korrektur ist angesichts der signifikanten Rally nicht auszuschließen – etwa bei steigendem US-Dollar oder einer geopolitischen Entspannung. Technisch liegt die erste wichtige Unterstützung bei 3.200 USD, darunter um 2.950 USD.

Fundamental bleiben alle makro-ökonomischen Treiber wie die sich verschärfende Situation bei den Staatsschulden intakt.

Unser erstmals 2020 präsentiertes Incrementum Goldpreis-Modell bestätigt neuerlich das Basisszenario von 4.800 USD bis 2030. Im inflationären Szenario sind sogar 8.900 USD möglich. Schließlich nähern wir uns einer fundamentalen Lage, die Ludwig von Mises so beschrieb: „In der Endphase jeder Papiergeld-Ära bricht das Vertrauen in das Geld – nicht in den Wert der Dinge.“ (L. v. Mises)

e-fundresearch.com: Oft wird über die Konkurrenz zwischen Gold und Kryptowährungen diskutiert. Wie schätzen Sie die Rolle von Gold im Vergleich zu digitalen Assets ein?

Ronald-Peter Stoeferle: Gold und Bitcoin sind keine Gegenspieler, sondern ergänzen sich – so unsere tiefe Überzeugung. Gold ist der analoge Anker des Finanzsystems, Bitcoin die digitale Entsprechung. Beide verkörpern „Sound Money“, da beide unabhängig von Staat und Zentralbank  sind. Mit der US-Initiative für eine strategische Bitcoin-Reserve hat Bitcoin offiziell den Status eines geopolitischen Assets erlangt. Seine Marktkapitalisierung liegt aktuell bei rund 8% der von Gold; in einem bullischen Szenario wären 50% bzw. 900.000 USD pro BTC möglich. Gold bleibt das bewährte Reserve-Asset, Bitcoin die Option auf die digitale Zukunft.

e-fundresearch.com: Mit Blick auf die kommenden Jahre. Welche langfristigen Entwicklungen etwa in der Geldpolitik bei den Zentralbankkäufen oder geopolitisch dürften den Goldmarkt besonders prägen?

Ronald-Peter Stoeferle: Die zweite Hälfte der „Goldenen Dekade“, die wir im In Gold We Trust-Report 2020 ausgerufen hatten, wird von vier Megatrends geprägt:

  1. Re-Monetisierung des Goldes: Speziell die Zentralbanken des „Globalen Südens“ setzen angesichts der Militarisierung des Fiat-Geldes weiter auf Gold. Mit 18% ist der Anteil von Gold an den Zentralbankreserven der höchste Wert seit 27 Jahren und Gold hat damit den Euro vom zweiten Platz der Reserve-Assets verdrängt.
  2. De-Dollarization: Der „Globale Süden“ mit den BRICS+ an der Spitze setzen die Abkehr vom US-Dollar fort. Dieser Prozess ist ein langwieriger und langfristiger, die Abwendung vom US-Dollar scheint unumkehrbar.
  3. „Mar-a-Lago-Accord“:  Dieser Vorschlag einer bewussten Abwertung des US-Dollar ist eine direkte Anlehnung an den Plaza-Akkord von 1985. Sein Vordenker, Stephen Miran, ist Vorsitzender des „Council of Economic Advisers“ im Weißen Haus und sitzt bis Januar 2026 kommissarisch im Direktorium der Federal Reserve. Eine offene US-Dollar-Abwertung durch die US-Regierung würde den Goldpreis weiter beflügeln. Jedoch hat der US-Dollar in den vergangenen Monaten bereits kräftig abgewertet.
  4. Performance-Gold: Silber, Minen und Rohstoffe folgen zeitversetzt auf eine Goldpreisrally. Dieser Staffellauf – ein zentraler Pfeiler unserer  „Big Long“-These – bestätigt sich in diesem Goldzyklus erneut. 

Der „Big Long“ ist keine Wette, sondern eine bewusste Investmententscheidung angesichts der sich vollziehenden monetären Zeitenwende raus aus ungedeckten von Papier-Versprechen der Fiat-Welt hin zu realen Werten.

Über Ronald Stoeferle:

Ronald-Peter Stöferle ist Managing Partner und Fondsmanager der Incrementum AG in Liechtenstein sowie Co-Autor des weltweit führenden In Gold We Trust-Reports, der vom Wall Street Journal als „Goldstandard aller Goldstudien“ bezeichnet wurde. Der In Gold We Trust-Report 2025 mit dem Titel „The Big Long“ erscheint in fünf Sprachen und wurde mehr als zwei Millionen Mal heruntergeladen.

Seit 2007 analysiert Stöferle im In Gold We Trust-Report die interdisziplinären Zusammenhänge von Geldpolitik, Rohstoffmärkten und Investorenverhalten aus der Perspektive der Österreichischen Schule der Nationalökonomie. Er gilt international als Vordenker in den Bereichen „Sound Money“, Gold-Investments und makroökonomische Zyklen.

Vor der Gründung der Incrementum AG war er sieben Jahre lang im Research-Team der Erste Group in Wien tätig. Gemeinsam mit Mark Valek und Rahim Taghizadegan veröffentlichte er den Bestseller „Österreichische Schule für Anleger“, gemeinsam mit Rahim Taghizadegan und Gregor Hochreiter „Die Nullzinsfalle“.

Stöferle spricht regelmäßig auf internationalen Finanz- und Rohstoffkonferenzen, u. a. in New York, Zürich, Singapur und Peking, und ist Mitglied des Board von Tudor Gold sowie Advisor für Monetary Metals und VON GREYERZ.

Als Fondsmanager verantwortet er mehrere Investmentstrategien im Bereich Gold und Rohstoffe und kombiniert makroökonomische Analyse mit Bottom-up-Research. Seine Leidenschaft gilt den Märkten – und dem Erklären komplexer Zusammenhänge in einfachen Bildern.

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