Mit der Taxonomie will die EU ein einheitliches Klassifizierungssystem schaffen, das Investoren ermöglicht, informierte Entscheidungen über die grüne Wirkung ihrer Investments zu treffen. Die soziale Wirkung soll in einem nächsten Schritt angegangen werden und ist bislang nur durch die ILO-Kernarbeitsnormen abgedeckt. Allerdings gehen die Meinungen zwischen Deutschland und Frankreich zur Definition grüner Energie auseinander, denn für Frankreich zählt auch Kernkraft dazu.
Der erste Kompromissvorschlag wurde von Frankreich und anderen Ländern letzte Woche abgelehnt, weil Atomkraft faktisch, wenn auch nicht explizit, ausgeschlossen war. Nach FNG-Informationen ist es bei dem gestern im Botschaftsrat angenommenen Kompromissvorschlag nun Auslegungssache, ob Atomkraft als grüne Wirtschaftsaktivität gewertet werden kann oder nicht. Auf der anderen Seite ist Kohle als nicht-grüne Aktivität eindeutig ausgeschlossen. Die Taxonomie soll verpflichtend für explizit grüne und nachhaltige Finanzprodukte gelten, alle anderen Finanzprodukte müssen per Disclaimer angeben, dass sie keine Nachhaltigkeitskriterien berücksichtigen.
Das FNG begrüßt die Einigung und hofft, dass es damit möglich wird, noch unter der finnischen EU Ratspräsidentschaft die Taxonomie-Verordnung zu verabschieden. Außerdem drängt das FNG erneut auf eine rasche Erarbeitung und einen Zeitplan für die Ergänzung der Taxonomie um die soziale Wirkung von Investments. Darüber hinaus ist aus FNG-Sicht eine verpflichtende Anwendung der Taxonomie für alle Finanzprodukte anzustreben, um Transparenz und Breitenwirksamkeit für den ganzen Markt zu schaffen.
Wenn die EU und die Bundesregierung gegenüber Investoren ihre Glaubwürdigkeit bewahren möchten, ist es wichtig, die Qualität Nachhaltiger Geldanlagen zu sichern. Neben der Taxonomie sind hierfür auch die letzte Woche veröffentlichte Verordnung über nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten sowie die noch ausstehende Ergänzung von MiFID II um Nachhaltigkeit von entscheidender Bedeutung. Durch die Offenlegungspflichten werden alle Vermögensverwalter und Finanzberater zukünftig über ihre Strategie zum Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken berichten müssen. Damit wird eine langjährige FNG-Forderung nach der Integration von Nachhaltigkeit in die Treuhandpflichten erfüllt und eine große Lenkungswirkung erzielt, denn verantwortliche Investments werden zum Mainstream.
Die Ergänzung von MiFID II schreibt vor, dass Kunden in der Anlageberatung nach ihren Nachhaltigkeitspräferenzen gefragt werden müssen. Studien belegen, dass ein Großteil der Kunden ihr Geld lieber nachhaltig investieren möchte, dies aber an Hemmnissen, wie zum Beispiel mangelnden Informationen im Beratungsgespräch, scheitert. Durch die verpflichtende Abfrage besteht so ein deutlich größeres Potenzial für eine erhöhte Nachfrage nach nachhaltigen Anlageprodukten.
Hierzu sagt FNG-Geschäftsführerin Angela McClellan, die auch Mitglied im Sustainable Finance Beirat der Bundesregierung ist: „Im Zuge der zunehmenden Verbreitung nachhaltiger und verantwortlicher Investments ist die Qualitätssicherung nachhaltiger Anlageprodukte von großer Bedeutung. Die zügige Umsetzung einer allumfassenden Taxonomie für umweltfreundliche, soziale und governancekonforme Wirtschaftsaktivitäten ist hierfür eine wichtige Grundlage. In der Zwischenzeit ist es in der Anlageberatung wichtig, einen anspruchsvollen Mindeststandard für ein nachhaltiges Anlageprodukt zu setzen, um die Glaubwürdigkeit und Qualität solcher Produkte gegenüber der Kunden zu sichern.“