Regulatory Corner | PRIIPs – das Ende einer unendlichen Geschichte?

Markets | 09.08.2022 10:30 Uhr
e-fundresearch.com Gastautor Prof. (FH) Dr. Armin Kammel, LL.M, Senior Manager im Bereich Financial Services Advisory bei KPMG Austria / © e-fundresearch.com / KPMG Austria
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Regulatory Corner #4 Kompakt auf den Punkt – Gedankenanstoß und Orientierungshilfe
verfasst von e-fundresearch.com Gastautor Prof. (FH) Dr. Armin Kammel, LL.M, MBA, Senior Manager im Bereich Financial Services Advisory bei KPMG Austria.

An sich ist bekannt, dass die legistischen Mühlen in Brüssel durchaus länger mahlen, weshalb es gerade vor der Globalen Finanzkrise (GFC) der Jahre 2007/8 keine Seltenheit war, dass Dossiers erst nach einigen Jahren das Licht der Welt erblickten. Die GFC rückte jedoch das Thema Finanzmarktregulierung verstärkt in den politischen Fokus, sodass manche Finanzmarktregularien besonders zügig verabschiedet wurden, um als Reaktion auf die GFC entweder die Finanzmarktstabilität oder den Anlegerschutz zu stärken. Eine besonders interessante Entwicklung nahm jedoch das Rahmenwerk für Packaged Retail Investment and Insurance Products (PRIIPs), das eine vereinheitlichte Informationsoffenlegung für verpackte Anlageprodukte für Retailkunden vorsieht. Dabei wurde das Kundeninformationsdokument (KID) des OGAW-Rahmenwerks als Vorbild genommen, nach dem sich das Basisinformationsblatt (PRIIPs-KID) orientieren sollte.

Mit 1.1.2018 führte die PRIIPs-Verordnung1 nach jahrelangen Verhandlungen und Konsultationen das verpflichtende PRIIPs-KID für verpackte Anlageprodukte ein, inklusive an Retailkunden vertriebene Investmentfonds (sowohl OGAW als auch AIF). Aufgrund methodologischer Ungereimtheiten zwischen dem OGAW-KID und dem PRIIPs-KID kam es zu einer Übergangsphase hinsichtlich der Anwendbarkeit des PRIIPs-Rahmenwerks auf OGAW (sowie je nach nationaler Ausgestaltung ans Retailpublikum vertriebene AIF). Da die methodologischen Diskrepanzen zwischen dem OGAW- und dem PRIIPs-Rahmenwerk, vor allem im Bereich der Transaktionskosten eklatant waren, wurde diese Übergangsfrist mehrfach erstreckt, wobei dieser unendliche Erstreckungsreigen der Übergangsfrist für OGAW (und ans Retailpublikum vertriebene AIF) nun mit 31.12.2022 ausläuft, sodass ab 1.1.2023 auch OGAW (und ans Retailpublikum vertriebene AIF) die regulatorischen PRIIPs-Anforderungen zu erfüllen haben.

Im Hinblick auf die baldige PRIIPs-Anwendbarkeit für OGAWs (und ans Retailpublikum vertriebene AIF) ist zu beachten, dass das PRIIPs-KID sich als kurzes, standardisiertes, vorvertragliches Informationsdokument versteht, das den Investor in die Lage versetzen soll, eine informierte Anlageentscheidung zu treffen. Diesbezüglich präzisiert die einschlägige Delegierte Verordnung der Kommission2 die Anforderungen an das PRIIPs-KID, um so die Einfachheit und Vergleichbarkeit der Produktinformationen sicherzustellen. Dabei stehen vor allem die Produktausgestaltung und Produktmerkmale, die Produktkosten und das Risiko sowie die relevante Performance im Vordergrund.

Ab 1.1.2023 hat der „PRIIP-Produzent“, im Falle eines OGAW die Verwaltungsgesellschaft bzw. für einen AIF der AIFM ein PRIIPs-KID zu erstellen, wobei ab diesem Zeitpunkt das erstellte PRIIPs-KID das regulatorische Erfordernis der Erstellung eines OGAW-KID (analog auch für ans Retailpublikum vertriebene AIF) erfüllt, um so eine Duplizierung zu vermeiden. Dies gilt für ans Retailpublikum vertriebene OGAW (und AIF), sodass für an professionelle (in der Regel institutionelle) Kunden und Geeignete Gegenparteien die Erstellung eines OGAW-KID nach wie vor notwendig ist.

Vergleicht man nun die Anforderungen des OGAW-KID mit jenem des zukünftigen für Investmentfonds anzuwendenden PRIIPs-KID fällt auf, dass es doch erhebliche Unterschiede in den Bereichen Performancedarstellung sowie Kosten und Gebühren gibt. So wird im OGAW-KID eine zehnjährige Darstellung der Performance mit einem Risikohinweis gefordert, während das PRIIPs-KID eher zukunftsorientiert ist, in dem ein „projected return“ auf Basis der historischen Performance anhand der Performance-Szenarien „favorable“, „moderate“, „unfavorable“ sowie „stress“ vorzunehmen ist. Zudem ist im Bereich des Kostenausweises auch eine Darstellung der Zusammensetzung der Kosten vorzunehmen, wobei gerade das sensible Thema der Transaktionskosten des Portfolios ebenso zu berücksichtigen ist.

Angesichts der unterschiedlichen methodologischen Ausgestaltungen von OGAW- und PRIIPs-KID sind weitere regulatorische Klarstellungen nicht unwahrscheinlich, was aber – so die klare Ansage aus Brüssel – keine Auswirkungen auf die finale Anwendbarkeit des PRIIPs-Rahmenwerks für OGAW (sowie ans Retailpublikum vertriebene AIF) haben sollte. Dies würde dazu führen, dass mit fünfjähriger Verspätung die unendliche Geschichte der Anwendbarkeit des PRIIPs-Rahmenwerks für OGAW (und ans Retailpublikum vertriebene AIF) abschließend geklärt werden würde.

Regulatory Corner | Kompakt auf den Punkt – Gedankenanstoß und Orientierungshilfe

Über den Autor: Prof. (FH) Dr. Armin Kammel, LL.M., MBA ist Professor (FH) für Bankrecht und Finanzmarktregulierung an der Lauder Business School (LBS) in Wien sowie Senior Manager im Bereich Financial Services Advisory bei KPMG Austria. Prof. (FH) Dr. Armin Kammel ist zudem allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger im Fachbereich Kredit, Banken, Börsen sowie Autor zahlreicher Publikationen zu bank-, kapitalmarkt- und gesellschaftsrechtlichen Themen im In- und Ausland.

¨ Prof. (FH) Dr. Armin KAMMEL, LL.M., MBA ist Senior Manager im Bereich Financial Services Advisory bei KPMG Austria in Wien.
1 Verordnung (EU) 1286/2014.
2 Delegierte Verordnung (EU) 2021/2268.

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