Risikofaktoren und chinesische Drachen

Pünktlich zum Start in das Wochenende kommentiert der anerkannte Kapitalmarktexperte Dr. Josef Obergantschnig wöchentlich das Börsengeschehen aus erfrischend neuen Blickwinkeln. Markets | 14.04.2023 16:00 Uhr
Dr. Josef Obergantschnig, Gründer, Obergantschnig Financial Strategies GmbH / © e-fundresearch.com / Obergantschnig Financial Strategies GmbH
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Wöchentlicher Börsenbarometer von Dr. Josef Obergantschnig:

Risikofaktoren und chinesische Drachen

Das Wetter dieser Tage ist äußerst bescheiden. Ein Blick aus dem Fenster verheißt auch heute kaltes und regnerisches Wetter. Während ich meine Kaffeebohnen vom Italiener meines Vertrauens in meine Kaffeemaschine fülle, stelle ich mir unweigerlich die Frage, ob Carlo seinen Espresso im Gegensatz zu mir bereits im morgendlichen Sonnenschein genießen kann? Zeit für mich, die Künstliche Intelligenz anzuwerfen. Eine Abfrage später weiß ich, dass es in Österreich, Deutschland und der Schweiz ca. 145 Tage im Jahr regnet. Im April sind es zwischen 12 und 14 Regentage. Carlo erlebt in einem Jahr nur 96 Regentage. Aber auch hier ist der April mit 10 Regentagen nur knapp über dem Jahresdurchschnitt. Wieder einmal bin ich sehr beeindruckt von den Fähigkeiten der neuen KI-Attraktion. 

In Bezug auf die Notenbankpolitik scheiden sich die Geister. In diesem Lebensbereich kann mir aber auch die KI nicht weiterhelfen. Soll die US-Fed oder die EZB weiter die Zinsen anheben und damit die Maßnahmen zur Inflationsbekämpfung fortführen? Oder soll genau das Gegenteil gemacht werden und die Zinsen wieder zu senken, um den stotterten Wirtschaftsmotor wieder zum Laufen zu bringen?

Der Markt geht einmal davon aus, dass die US-Notenbank im Mai die Leitzinsen um weitere 0,25% anheben wird. Und das mit einer knapp 70%igen Wahrscheinlichkeit! Für die Sommermonate werden von manchen bereits Zinssenkungen prognostiziert. Und wie reagiert die EZB? Der österreichische Notenbankchef Robert Holzmann sieht den Kampf gegen die Inflation nach wie vor als oberste Priorität und schließt eine weitere Zinsanhebung um 0,50% in der nächsten EZB-Sitzung am 4. Mai definitiv nicht aus. Auch Frankreichs Zentralbankchef Francois Villeroy de Galhau sieht die Inflation als hartnäckig an. Er sprach davon, dass die EZB jetzt von einem „Sprint“ zu einem „Langstreckenrennen“ übergehe. Will der liebe Francois nun andeuten, dass die EZB weiter konsequent die Zinsen anheben wird? Allerdings in einem gemütlicheren Tempo als bisher? Wir werden sehen.

In diesem Umfeld kommt wenig überraschend auch der Immobilienmarkt unter Druck. Allein die Finanzierungskosten haben sich seit Ende 2021 mehr als vervierfacht. So heftig in so kurzer Zeit sind die Finanzierungskosten seit Ende der 1980er Jahre nicht mehr gestiegen.

Kommen wir nun zur Wirtschaft. Der Internationale Währungsfonds publiziert im April traditionellerweise seine Wachstumsprognosen. Für 2023 wird für die Weltwirtschaft ein Wachstum von 2,8% bzw. für 2024 von 3,0% in Aussicht gestellt. Auch wenn sich im Vergleich zur letzten Prognose die Aussichten etwas verschlechtert haben, scheint 2023 der Boden erreicht zu sein. Der Ukraine-Krieg hat vor allem die Industriestaaten getroffen. Die Zugpferde bleiben Indien und China, während Deutschland, die Eurozone aber auch die USA im Vergleich dazu eher wie ein lahmer Gaul wirken.

Als Risikofaktor sieht der IWF den Finanzsektor, der in den letzten Wochen den Kollaps von Banken in den USA und der Schweiz verarbeiten musste. Darüber hinaus bleiben die hohe Inflation, steigende Energie- und Lebensmittelpreise sowie steigende Finanzierungskosten ein Problem.

Im Jahr 2023 sind Tech-Aktien wieder in. So konnte beispielsweise der technologielastige Nasdaq-100 den breiten Markt deutlich hinter sich lassen. Wenn man sich die Zusammensetzung des Index einmal im Detail ansieht, repräsentieren lediglich sieben Unternehmen mehr als die Hälfte des Börsenwertes des gesamten Nasdaq-100. Eines haben Microsoft, Apple, Alphabet (Google), Amazon, Nvidia, Meta (Facebook) und Tesla gemeinsam. Alle legen den Fokus auf Künstliche Intelligenz (KI). In China formieren sich Alibaba, Tencent oder auch Baidu. Das KI-Match scheint sich zwischen China und den USA zu entscheiden. Europäische Unternehmen dürften in diesem Bereich deutlich hinterherhinken. Spannend finde ich aber, dass Österreich chinesische KI-Lösungen europaweit verbieten will. Stein des Anstoßes sind angestrebte Regulierungsmaßnahmen von Chinas Internetregulierungsbehörde, die u.a. sicherstellen möchte, dass die von der KI-produzierten Inhalte mit den sozialistischen Grundwerten des Landes übereinstimmen müssten. Ist das die moderne Version des kalten Krieges, in dem sich die Westmächte angeführt von USA und der sogenannte Ostblock unter der Führung Russlands jahrzehntelang in den Haaren lagen? Gegen Russland hat sich die USA durchgesetzt. Aber wird Uncle Sam im Kampf mit den chinesischen Drachen auch reüssieren? Diese Frage konnte mir ChatGPT leider nicht beantworten.

Dr. Josef Obergantschnig, Gründer, Obergantschnig Financial Strategies GmbH & e-fundresearch.com Gastkolumnist

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Dr. Josef Obergantschnig ist ein anerkannter Kapitalmarktexperte und ehemaliger Chief Investment Officer eines Asset-Manangers. Mit seinem eigenen Unternehmen ist er mittlerweile im Consulting tätig und stellt darüber hinaus seinen jahrzehntelangen Erfahrungsschatz für diverse Weiterbildungsangebote zur Verfügung.

Berater: www.diebildungsstelle.at

Privatanleger: www.ecobono.com

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