Herzlich willkommen zum vorletzten Mittwochsmal des Jahres 2023. Time flies, würd ich sagen! Es war eh ein ganz gutes Jahr, zumindest für die meisten von uns. Euphemismus? Naja, ich fürchte so sind wir, die wir uns an den Finanzmärkten verdingen, halt. Da hilfts leider auch nix, wenn wir ein Hybridauto fahren oder ein paar Euro für irgendeinen guten Zweck spenden (don´t get me wrong, besser ein paar Euro als nix!). Am Ende des Tages bzw. Jahres zählt was, wieviel gestiegen ist, wieviel wir verkauft haben und wie erfolgreich wir in messbaren Geldeinheiten waren. Wie ein Derivate Broker mir vor vielen Jahren relativ simpel, aber eindrücklich vermittelt hat: Our business is about making money! Wie überall gibt es natürlich auch hier Ausnahmen zur Regel und Menschen bzw. Firmen, die mit ihrem ESG-Ansatz tatsächlich rein altruistische Ziele verfolgen, aber – und auch hier ist die Wahrheit bitter – die werden das nicht ewig machen, wenn sie mittelfristig für ihre Geldgeber nix verdienen.
Bitte ich will keinesfalls die Moralkeule schwingen, leb ich doch seit mehreren Jahrzehnten ganz gut von und mit den Märkten. Was ich aber, anlässlich der jährlich ausgerufenen Besinnungszeit schon anregen möchte, ist, ein bisserl ehrlicher zu sich selbst zu sein (wir alten, weißen Männer ;-)) Männer können das in diesem Fall meistens eh ganz gut ;-)), die Erfolge zu feiern, aber durchaus in dem Bewusstsein, dass wir die Welt auch heuer wieder wahrscheinlich nur marginal verbessert haben. ;-) Nicht, dass das jetzt irgendwem speziell hilft, ist aber, wie geschrieben auch nicht der Anspruch ;-), ich wollt´s nur mal wieder sagen, dass das mit dem Wein trinken und Wasser predigen, zwar gut geübte Praxis ist, aber durchaus, auch wenn´s nur im stillen Kämmerlein ist, hinterfragt werden kann.
Abseits von den um fast 50% gestiegenen Technologie-Aktien, den endlich wieder zinsbringenden Anleihen, Gold, Bitcoin usw. war das Jahr global gesehen nämlich alles andere als ein Gutes. Insbesondere wenn man das Pech hatte in einem der vielen Kriegs- und Krisengebiete gelebt zu haben bzw. gestorben zu sein, vor allem zweiteres in unsagbar vielen Fällen total sinnlos und verschuldensfrei und das unter der Duldung, wenn nicht gar der Unterstützung durch den Westen, also der USA und der EU. Ob aktive Unterlassung, Feigenblatt-Aktionen oder der fehlende Wille, Kompromisse herbeizuführen, dabei schwerer wiegen, mag jeder für sich beurteilen. Das, was wir hier abgeliefert haben, wird jedenfalls kaum positiv in die Geschichtsbücher Eingang finden. Wobei ich´s mir natürlich leicht mache und die höchst komplexen Verhältnisse hier auf eine relativ simple Bottom-Line reduziere. Alles andere würde völlig den Rahmen sprengen, wenn´s wer besprechen will, steh ich natürlich – am liebsten bei einem karitativen Punschstand Motto „Saufen für die Welt“ – zur Verfügung. :-)
Soviel zur Besinnungslosigkeit. Den obligatorischen Blick ins 2024 Glaskugerl werden wir dann nächste Woche vornehmen. Für den hoffentlich nicht sehr traurigen Rest des Jahres, hoffen wir mal, dass das allgemeine Interesse, die am Zettel stehenden Gewinne in Ruhe nachhause zu fahren, groß genug ist und nicht nach dem Hexensabbat (großer Options und Futures Verfalltag ;-)) das große Umpositionierung losgeht. Wollen nämlich dann doch noch einige schnell ihre Gewinne vom Zettel aufs Konto schaufeln, ist der Flaschenhals saisonbedingt eventuell recht eng. Dass der ganze Schmarrn in vielen Bereichen weder auf der Aktienseite noch bei den Renten ausgesprochen billig ist, wird ja den meisten nicht völlig entgangen sein. Dass (Zinssenkungs)Fantasien nur so lange als Argumentation für steigende Preise herhalten können, bis der Grund – die Rezession – für diese reinkickt, scheint auch irgendwie wahrscheinlich.
Also entweder das Werkl rennt und die Zinsen bleiben oben (die Lieblingsvariante) oder wir saufen ab und die Zinsen werden gesenkt. Niedrige Zinsen bei gutem nominellem Wachstum, niedriger Arbeitslosigkeit und großem Happy-Peppy wird´s eher nicht geben, was uns unweigerlich zu dem Schluss führt, dass irgendwer nicht ganz richtig steht, wenn dann das Licht angeht. Hoffen wir also mal, dass bis zum Jahreswechsel niemand den Schalter findet. :-)
Bis dahin: Love, Peace & Happiness!
Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH
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