Wöchentlicher Börsenbarometer von Dr. Josef Obergantschnig | Der Kampf der Währungen und eine drohende Machtverschiebung
Während sich die Aktienmärkte auf Höchststände zubewegen, bahnt sich hinter den Kulissen ein geopolitischer Kampf an. Diese Woche fand ein Treffen der BRICS-Staaten in Russland statt. In den Ring steigt kein Geringerer als Wladimir Putin, umringt von den BRICS-Staaten, die den großen Favoriten Uncle Sam aus dem fernen Amerika herausfordern. Der US-Dollar ist nach wie vor die unangefochtene Leitwährung. Jeden Tag werden an den Devisenmärkten viele Milliarden gehandelt. Allein beim dominierenden Währungspaar Euro/US-Dollar sprechen wir von knapp 100 Milliarden US-Dollar Tagesumsatz. Dahinter folgt der japanische Yen mit einem durchschnittlichen Transaktionsvolumen von 72 Milliarden US-Dollar pro Tag und der kanadische Dollar mit 45 Milliarden. 88% der Devisentransaktionen werden gegen den US-Dollar abgewickelt. Auch als Reservewährung greifen die meisten Staaten auf den US-Dollar zurück: Rund 58% der globalen Währungsreserven werden in US-Dollar gehalten. Vor etwas mehr als 20 Jahren wurde der Euro mit dem Ziel eingeführt, den US-Dollar als Leitwährung abzulösen. Doch dieses Ziel bleibt wohl auch in naher Zukunft ein Wunschtraum. Irgendwie kann ich das verstehen: Auch bei mir ist meine Vorliebe für Espresso gesetzt, und ein „Angriff“ durch Filterkaffee wird meiner Leidenschaft definitiv keinen Abbruch tun.
Der russische Präsident Wladimir Putin scheint das jedoch anders zu sehen und beansprucht, in Zukunft ein gehöriges Wörtchen mitzureden. Schon lange hegt er den Wunsch, den US-Dollar als Leitwährung zu entmachten und damit auch auf diesem Spielfeld den ewigen Rivalen aus den USA anzugreifen. Die BRICS-Staaten, angeführt von Russland und China, wollen ein neues Zahlungssystem entwickeln, das es ihnen ermöglicht, sich von den Auswirkungen westlicher Sanktionen zu lösen. Unterstützt von Chinas fortschrittlicher Blockchain-Technologie könnte dieses System grenzüberschreitende Zahlungen beschleunigen und den Einfluss der USA auf den globalen Zahlungsverkehr eindämmen. Doch wie ernsthaft ist diese Bedrohung für den US-Dollar wirklich?
Mich persönlich würde es sehr wundern, wenn die Vormachtstellung des US-Dollars kurzfristig oder mittelfristig ins Wanken gerät. Zu dominant erscheint Uncle Sams Rolle. Klar ist jedoch, dass die aufstrebenden BRICS-Länder in den nächsten Jahren bzw. Jahrzehnten eine bedeutende Rolle einnehmen werden. Vermutlich wird China in der nächsten Dekade die USA als größte Volkswirtschaft der Welt ablösen und damit eine mehr als 150-jährige Vormachtstellung beenden. Damit sind wirtschaftspolitische Konflikte zwischen den beiden Giganten vorprogrammiert, und Wladimir Putin könnte auf diesem Gebiet ordentlich „russisches Öl ins Feuer gießen“. Es wird wohl ein langer und zäher Kampf mit ungewissem Ausgang.
Für mich persönlich heißt es jetzt erst einmal, ein Zeichen zu setzen. Ich werde mich auf den Weg zu meiner Bank machen, um ein paar Euro in Pfund zu wechseln. Das wird zwar an der Vorherrschaft des US-Dollars wenig ändern, aber ich persönlich werde ein paar schöne Tage mit meiner Familie in London verbringen.
Dr. Josef Obergantschnig, Gründer, Obergantschnig Management GmbH & e-fundresearch.com Gastkolumnist
Dr. Josef Obergantschnig ist ein anerkannter Kapitalmarktexperte, Unternehmer, Autor und ehemaliger Chief Investment Officer eines Asset-Managers. Mit seinem eigenen Unternehmen berät er Kapitalanlagen, Versicherungen und andere institutionelle Investoren und will darüber hinaus auch seinen jahrzehntelangen Erfahrungsschatz an Finanzexperten, Privatpersonen und vor allem auch an junge Menschen unterhaltsam weitergeben.
Infos zum aktuellen Buch: https://www.vonnullaufreich.com
Keynote Speaker: www.josefobergantschnig.at
Weitere Informationen unter: www.ecobono.com / www.obergantschnig.at