Börsenbarometer | Zölle, Zinsen und ‚Wenn’s laft, dann laft’s‘

Pünktlich zum Start in das Wochenende kommentiert e-fundresearch.com Gastkolumnist & Kapitalmarktexperte Dr. Josef Obergantschnig wöchentlich das Börsengeschehen aus erfrischend neuen Blickwinkeln. Markets | 07.02.2025 16:00 Uhr
Dr. Josef Obergantschnig, Gründer, Obergantschnig Management GmbH / © e-fundresearch.com / Obergantschnig Management GmbH (Foto: Vicky Posch)
Dr. Josef Obergantschnig, Gründer, Obergantschnig Management GmbH / © e-fundresearch.com / Obergantschnig Management GmbH (Foto: Vicky Posch)

Wöchentlicher Börsenbarometer von Dr. Josef Obergantschnig | Zölle, Zinsen und ‚Wenn’s laft, dann laft’s‘

Diese Woche wurde die Ski-WM in Saalbach eröffnet. Österreichs Stephanie Venier hat bereits im ersten Einzelrennen eine Goldmedaille erobert und damit den Druck vom Ski-Team genommen. Es ist immer leichter, auf einer Erfolgswelle zu schwimmen, als dem Erfolg krampfhaft hinterherzuhecheln. Als ich bei meinem morgendlichen Espresso die Kurstafel der wichtigsten Aktienmärkte betrachte, geht es mir wohl ähnlich wie dem österreichischen Ski-Team. Das Jahr 2025 hat gut begonnen, und die Kurstafeln zeigen großteils ein sattes Grün – ein Zeichen steigender Kurse. Besonders auffällig ist der Trend, dass europäische Indizes wie der deutsche DAX, der französische CAC 40, der schweizerische SMI oder auch der ATX deutlich besser abschneiden als die amerikanischen Leitbörsen Dow Jones Industrial, S&P 500 oder Nasdaq Composite. 2025 ist anders. Zum ersten Mal seit Jahren scheint die USA Europa hinterherzuhecheln – und nicht umgekehrt. Ob das dem "neuen" Präsidenten Donald Trump gefallen wird, wage ich zu bezweifeln.

Insofern ist es wenig verwunderlich, dass er sich als starker Mann präsentieren möchte. Donald Trump wäre nicht Trump, wenn er nicht mit markigen wirtschaftspolitischen Entscheidungen für Aufsehen sorgen würde. Um die Position der USA zu stärken, zieht der liebe Donald die Zollkarte, die bereits in seiner ersten Amtszeit für Unruhe gesorgt hat. Ziel ist es, die heimische Wirtschaft gegenüber ausländischen Konkurrenten zu stärken und auf importierte Waren sogenannte Strafzölle zu erheben. Ein positiver Nebeneffekt: Dadurch fließt auch Geld in die chronisch leeren Staatskassen. Fakt ist aber auch, dass dadurch die Produkte für US-Konsumenten teurer werden – und das wiederum die Inflation anheizt.

Donald Trump hat mit dieser Aktion die drei größten Handelspartner der USA im Visier: China, Mexiko und Kanada. Während Mexiko und Kanada nach diplomatischen Gesprächen vorerst eine Schonfrist erhalten haben, trifft es China mit voller Wucht. Eine zusätzliche 10-prozentige Zollabgabe auf chinesische Importe soll die Handelsbilanz der USA stärken und den amerikanischen Arbeitsmarkt schützen – so zumindest die offizielle Begründung. Doch die Marktreaktionen zeigen ein anderes Bild: Der US-Technologiesektor gerät unter Druck, da Unternehmen wie Apple und Nvidia stark von chinesischen Zulieferern abhängig sind.

Die USA ist seit mehr als 150 Jahren die größte Volkswirtschaft der Welt. Und China ist drauf und dran, in den nächsten Jahren den Platz an der Sonne zu erobern. Der Ton wird rauer, und es scheint sich ein heftiger Handelskonflikt zwischen den beiden großen Machtblöcken anzubahnen. In seiner ersten Amtszeit hat Donald Trump bereits erlebt, dass Zölle auch schnell zu Vergeltungsmaßnahmen der betroffenen Länder führen und damit an den Börsen für Unsicherheit sorgen können. So wie ich Donald Trump einschätze, kann er auf stürmischen Gegenwind von der Wall Street verzichten.

Kommen wir noch zu den Notenbanken. Die Bank of England hat erneut die Zinsen gesenkt – bereits die dritte Senkung um einen Viertelpunkt seit August. Doch die Notenbanker bleiben vorsichtig: Weitere Zinssenkungen sollen mit Bedacht erfolgen. Gleichzeitig warnte die BoE jedoch die britische Regierung vor schwächerem Wachstum und möglichen Inflationsrisiken in der Zukunft. In Europa erwarten die meisten Marktteilnehmer weitere Zinssenkungen durch die EZB. Der Präsident der Schweizer Notenbank SNB hält sogar ein Comeback der negativen Zinsen für möglich. Irgendwie weckt das Erinnerungen an längst vergessen geglaubte Zeiten.

Abschließend möchte ich noch einen Schwenk zur Ski-Weltmeisterschaft machen. 1991 hat Saalbach bereits eine WM ausgetragen. Damals konnte sich der Österreicher Rudi Nierlich zum Weltmeister krönen. In Erinnerung an den leider viel zu früh durch einen Autounfall verstorbenen Skistar bleibt vor allem ein Zitat: „Wenn’s laft, dann laft’s!“ Und das wiederum gilt gegenwärtig wohl auch für die Aktienmärkte.

Dr. Josef Obergantschnig, Gründer, Obergantschnig Management GmbH & e-fundresearch.com Gastkolumnist

Dr. Josef Obergantschnig ist anerkannter Kapitalmarktexperte, Unternehmer, Autor und ehemaliger Chief Investment Officer eines Asset-Managers. In der Führungsebene der NIXDORF Kapital Unternehmensgruppe bringt er seine Expertise in den Bereichen Strategie, Finanzen und Nachhaltigkeit ein, um das Thema Impact-Investing weiter voranzutreiben. Darüber hinaus ist es ihm ein besonderes Anliegen, seinen jahrzehntelangen Erfahrungsschatz nicht nur an Finanzexperten und Privatpersonen, sondern vor allem auch an junge Menschen auf unterhaltsame Weise weiterzugeben.

Infos zum aktuellen Buch: https://www.vonnullaufreich.com

Keynote Speaker: www.josefobergantschnig.at

Weitere Informationen unter: www.ecobono.com / www.obergantschnig.at

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