Teil 2 | Die große Multi Asset Halbzeit-Analyse 2025

Trotz geopolitischer Unsicherheiten, protektionistischer Tendenzen und geldpolitischer Divergenzen markierten viele Anlageklassen zur Jahresmitte neue Höchststände. Doch wie stabil ist dieses Umfeld wirklich? Die e-fundresearch.com Redaktion hat führende Multi-Asset-Expert:innen um ihr Zwischenfazit für 2025 sowie einen Ausblick auf die zweite Jahreshälfte gebeten. Funds | 22.07.2025 12:30 Uhr
© e-fundresearch.com / jeweiliges Unternehmen
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Zwischenfazit 2025: Marktstärke trifft geopolitische Unsicherheit

Das erste Halbjahr 2025 war geprägt von einer paradoxen Gemengelage: Während geopolitische Spannungen und politische Unwägbarkeiten zunahmen, erreichten Aktienmärkte neue Höchststände, und Risikoassets zeigten sich bemerkenswert robust. Gleichzeitig manifestierten sich klare Unterschiede in der Geldpolitik führender Zentralbanken – mit Auswirkungen auf Bewertungen, Volatilität und Allokationsentscheidungen.

Was die Profis sagen: Strategien, Chancen und Risikoansätze

Im Rahmen der e-fundresearch.com Multi-Asset-Halbzeitumfrage haben wir führende Kapitalmarktstrateg:innen und Portfoliomanager:innen nach ihrer Einschätzung gefragt – mit Fokus auf zwei Kernfragen:

  1. Was hat das erste Halbjahr 2025 geprägt – und welche Entwicklungen überraschten oder bestätigten Ihre Erwartungen?

  2. Wie steuern Sie Ihre Asset Allocation angesichts geopolitischer, wirtschaftlicher und politischer Herausforderungen?

Die Antworten zeigen: Selektivität, Risikomanagement und ein dynamisches Rebalancing gewinnen an Bedeutung – insbesondere mit Blick auf Small Caps, Emerging Markets, Private Assets, Gold und marktnahe Liquidität.

Umfassender Marktüberblick: Stimmen aus führenden Häusern

Zu den befragten Expert:innen zählen unter anderem:

  • Damian McIntyre, Federated Hermes

  • Daniel Morris, BNP Paribas Asset Management

  • Christoph Loy, Vontobel

  • Heiko Böhmer, Shareholder Value Management

  • Dr. Eduard Baitinger, FERI

  • Hiroki Hashimoto, Royal London Asset Management

  • Thomas Hartauer, CAV Partners AG

  • Shay Pang, Nikko Asset Management

  • Kevin Thozet, Carmignac

  • Yves Ceelen, Degroof Petercam Asset Management

  • Ella Hoxha, BNY Investments Newton

  • Stefan Wolpert, Habbel, Pohlig & Partner

  • Laura Cooper, Nuveen

  • Michael Hünseler, LBBW Asset Management

  • Henning Busch, Capital Group

👉 Ihre detaillierten Antworten finden Sie direkt im Anschluss in unserem interaktiven Experten-Slider:

Damian McIntyre, Senior Portfolio Manager Multi-Asset, Federated Hermes
© Federated Hermes

Damian McIntyre, Senior Portfolio Manager Multi-Asset, Federated Hermes

1. Wie fällt Ihr Fazit zum ersten Kapitalmarkt-Halbjahr 2025 aus?

Wir waren überrascht, dass Trump sich bei seiner ersten wichtigen politischen Entscheidung auf den Handel konzentriert hat, glauben jedoch, dass die laufenden Verhandlungen und die Verabschiedung des One Big Beautiful Bill (OBBB) die Aufmerksamkeit wieder auf die Fundamentaldaten lenken dürften. Diese zeigen einen stabilen Arbeitsmarkt, eine moderate Inflation und steigende Gewinne. Auch wenn das Risiko neuer Zölle wahrscheinlich bestehen bleibt, glauben wir, dass sowohl die Verbraucher als auch die Wirtschaft stark bleiben und die Aktienkurse auf neue Höchststände treiben werden.

2. Wo sehen Sie derzeit die attraktivsten Investmentchancen – und wie steuern Sie Ihre Asset Allocation in Bezug auf Risiko, Anlageklassen und zentrale Einflussfaktoren?

Wir sind mit der Hälfte unseres maximalen taktischen Spielraums in Aktien übergewichtet. Der Höhepunkt der Unsicherheit wurde wahrscheinlich in der ersten Jahreshälfte erreicht, verursacht durch internationale Konflikte, Handelsstreitigkeiten und Fragen zur US-Fiskalpolitik. Wenn diese Unsicherheit nachlässt, werden die Anleger ihren Fokus auf die unterschätzten positiven Aspekte richten – das OBBB wurde verabschiedet, Kriege wurden beigelegt, die Inflation ist gesunken, und Zinssenkungen und Deregulierungen stehen nun an. Dies dürfte zu einem starken Wirtschaftswachstum führen, das US-Small-Cap- und Schwellenländeraktien begünstigt. Wir werden die Umsetzung der Unternehmensanreize aus dem OBBB beobachten und analysieren, wie sich die Zollsätze auf die Gewinnmargen auswirken. Zwar besteht immer die Möglichkeit einer Spätsommerkrise, doch glauben wir, dass ein Rückgang nur von kurzer Dauer wäre und eine Gelegenheit bieten würde, unsere Übergewichtung auszubauen.
Daniel Morris, Chief Market Strategist, BNP Paribas Asset Management
© BNP Paribas Asset Management

Daniel Morris, Chief Market Strategist, BNP Paribas Asset Management

1. Wie fällt Ihr Fazit zum ersten Kapitalmarkt-Halbjahr 2025 aus?

Unser Fazit für das erste Halbjahr 2025 ist gemischt: Überraschend war die positive Wirkung der US-Zölle auf die Aktienmärkte, vor allem bei Technologie- und verwandten Sektoren (TEIMS), deren Umsätze stärker dienstleistungsorientiert und daher weniger von Zöllen betroffen sind. Die Gewinnwachstumserwartungen für TEIMS blieben stabil bei 19–20 %, während sie für andere Branchen um 3–4 Prozentpunkte sanken. Positiv überraschten auch die Infrastrukturpläne in Deutschland und die Bereitschaft der NATO-Staaten, Verteidigungsausgaben zu erhöhen. Bestätigt wurde die Abschwächung der US-Konsumnachfrage nach Auslaufen der Überschussersparnisse. Trotz geopolitischer Risiken und geldpolitischer Divergenzen zeigt sich der Markt robust, wobei die Bewertungen recht hoch sind, insbesondere im Value-Bereich. Das Marktverhalten erscheint uns angesichts der Risiken etwas zu gelassen, bleibt aber weitgehend datenabhängig und könnte sich daher bei negativen Überraschungen auch rasch ändern.

2. Wo sehen Sie derzeit die attraktivsten Investmentchancen – und wie steuern Sie Ihre Asset Allocation in Bezug auf Risiko, Anlageklassen und zentrale Einflussfaktoren?

Die attraktivsten Investmentchancen sehen wir in ausgewählten Technologiewerten, insbesondere TEIMS-Industrien in den USA und China, gestützt durch Trends wie Künstliche Intelligenz und hohe Investitionen in Informationsverarbeitung. Chinesische Technologiewerte bleiben trotz geopolitischer Unsicherheiten investierbar, da die Regierung die Branche fördert. US-Small Caps bieten Chancen, da sie weniger exportabhängig sind und von inländischen Investitionen profitieren. Im Fixed-Income-Bereich bleiben europäische Finanzwerte interessant, solange geldpolitische Divergenzen bestehen. Alternatives und Liquidität dienen der Diversifikation, während ein schwächerer Dollar Emerging Markets Rückenwind geben könnte. Insgesamt sind wir neutral bis leicht offensiv aufgestellt, da die Märkte zwar manche Risiken auszublenden scheinen, positive Überraschungen aber möglich sind. Die weitere Allokation wird von US-Konsumnachfrage, geldpolitischen Entscheidungen und geopolitischen Ereignissen abhängen.
Christoph Loy, Head Solutions Deutschland bei Vontobel, Vontobel
© Vontobel

Christoph Loy, Head Solutions Deutschland bei Vontobel, Vontobel

1. Wie fällt Ihr Fazit zum ersten Kapitalmarkt-Halbjahr 2025 aus?

Die größte Überraschung war die anhaltende Schwäche des US-Dollars – rund 13 % Abwertung gegenüber dem Euro. Und das, obwohl sich US-Aktien zuletzt wieder besser als europäische entwickelten und Diskussionen über ein Ende des US-Exzeptionalismus abebbten. Politische Spannungen, etwa zwischen Trump und Powell, sowie die wachsende Staatsverschuldung belasten das Vertrauen, zumal das groß angekündigte DOGE-Projekt kaum Ergebnisse geliefert hat. Die US-Regierung setzt gezielt auf einen schwachen Dollar – kurzfristig wachstumsfördernd, langfristig jedoch mit Risiken behaftet. Für Investoren hat das Implikationen: Der Dollar verliert seine Rolle als Stabilitätsanker, Alternativen sind gefragt. Zeitgleich steigen langfristige Zinsen weltweit wieder an – selbst Japan rentiert mit knapp 3,2 % bei 30-jährigen Staatsanleihen. Und dennoch bleibt es an den Märkten relativ ruhig. Angesichts geopolitischer Spannungen sowie geld- und wirtschaftspolitischer Unsicherheit wirkt diese Ruhe mitunter trügerisch.

2. Wo sehen Sie derzeit die attraktivsten Investmentchancen – und wie steuern Sie Ihre Asset Allocation in Bezug auf Risiko, Anlageklassen und zentrale Einflussfaktoren?

Aktuell sind wir bei Aktien neutral und nahe am historischen Durchschnitt positioniert, bleiben jedoch selektiv für einzelne Märkte. In den vergangenen Wochen haben wir Schwellenländer-Aktien, insbesondere wegen der Entwicklungen in China, stärker gewichtet. Dort sehen wir positive Signale aus dem Immobiliensektor und attraktive Bewertungen. Im Anleihebereich bleiben wir bei der Duration untergewichtet, da wir aktuell von anhaltend hohen oder temporär gar steigenden Zinsen ausgehen. IG-Unternehmensanleihen halten wir angesichts solider Bilanzen und attraktiver Renditen weiterhin für interessant. Auch Gold sehen wir als wichtigen Diversifikator im Portfolio. Für das zweite Halbjahr bleibt die US-Zollpolitik unter Präsident Trump ein zentrales Risiko. Sollten die aktuell hohen Zölle bestehen bleiben, dürften sich die negativen Folgen im weiteren Jahresverlauf in der Weltwirtschaft und bei Unternehmensgewinnen bemerkbar machen.
Heiko Böhmer, Kapitalmarktstratege, Shareholder Value Management
© Shareholder Value Management

Heiko Böhmer, Kapitalmarktstratege, Shareholder Value Management

1. Wie fällt Ihr Fazit zum ersten Kapitalmarkt-Halbjahr 2025 aus?

Die Resilienz der Börsen angesichts so vieler Krisenherde war sicherlich eine große Überraschung im ersten Halbjahr 2025. Hinzu kommt die gerade im ersten Quartal extrem starke Performance des europäischen Aktienmarktes im Vergleich zur Wall Street. Seit dem April-Tief nach dem Liberation Day haben die US-Indizes wieder viel an Boden gut gemacht – auch das war so kaum zu erwarten, denn das Zollthema ist noch immer nicht geklärt. Gut möglich sind schon in der zweiten Jahreshälfte deutliche Auswirkungen der zum Teil stark gestiegenen US-Zölle beispielsweise auf die Umsatz- und Gewinnentwicklung vieler Unternehmen.

2. Wo sehen Sie derzeit die attraktivsten Investmentchancen – und wie steuern Sie Ihre Asset Allocation in Bezug auf Risiko, Anlageklassen und zentrale Einflussfaktoren?

In diesem Umfeld bleiben unserer Einschätzung nach ausgewählte europäische Qualitätsaktien der „Sweet Spot“. Bei unseren Mandaten sind wir schon seit dem vierten Quartal 2024 stark in Europa aktiv und gleichzeitig haben wir den US-Anteil auf unter 20 Prozent gesenkt. Als Modern Value Investoren schauen wir verstärkt auf die Bewertung der Unternehmen, so dass dieser Schwenk hin zu europäischen Aktien erst einmal aufgrund de
Dr. Eduard Baitinger, Leiter Asset Allocation, FERI AG
© FERI AG

Dr. Eduard Baitinger, Leiter Asset Allocation, FERI AG

1. Wie fällt Ihr Fazit zum ersten Kapitalmarkt-Halbjahr 2025 aus?

Trotz handelspolitischer Spannungen und einem zwischenzeitlichen Krieg zwischen Israel und Iran konnten die globalen Aktienmärkte das erste Halbjahr 2025 nahe ihrer Rekordstände beenden. Ein wichtiger Treiber der positiven Marktentwicklung war das sog. „TACO“-Phänomen („Trump Always Chickens Out“). Zwar fiel Trumps Rhetorik häufig konfrontativ aus, wurde jedoch oft durch deutlich gemäßigteres Handeln relativiert. Dies führte dazu, dass Investoren und Unternehmen zunehmend eine „Trump-Resistenz“ entwickelten und die politischen Störgeräusche ausblendeten. In der Folge gingen Risikoaufschläge deutlich zurück, was steigende Bewertungen ermöglichte. Auch die Unternehmensgewinne zeigten sich als Folge der „Trump-Resistenz“ robust. Zusätzlich wirkten sich günstige Währungseffekte unterstützend aus: Die Schwäche des US-Dollar begünstigte den globalen Aktienmarkt, da der Weltaktienindex stark von US-Unternehmen dominiert wird, die wiederum einen erheblichen Teil ihrer Gewinne im Ausland erwirtschaften.

2. Wo sehen Sie derzeit die attraktivsten Investmentchancen – und wie steuern Sie Ihre Asset Allocation in Bezug auf Risiko, Anlageklassen und zentrale Einflussfaktoren?

Aktuell halten wir ein moderates Übergewicht von Risikoanlagen für adäquat. Aktienmärkte sind zwar hoch bewertet und damit anfällig für Rückschläge – insb. im Kontext möglicher handels- und geopolitischer Verwerfungen. Dennoch sprechen die tragfähigen fundamentalen Rahmenbedingungen dafür, dass Rücksetzer eher als temporäre Korrekturen denn als echte Trendwende zu verstehen sind. Im Rentenbereich sind „US Steepener“ – also die Wette auf eine steiler werdende US-Zinsstruktur – attraktiv. Da wir von einem dynamischeren Zinssenkungspfad der Fed ausgehen als vom Markt aktuell erwartet, sehen wir erhebliches Potenzial für sinkende Renditen im kurzen Laufzeitbereich. Im Private-Equity-Segment bevorzugen wir Small-Cap-Investments, da hier operative Ineffizienzen hohe Werthebungspotenziale bieten. Im Private-Debt-Bereich sehen wir attraktive Chancen im Segment „Special Situations“ – also bei Unternehmen, die sich zwar in ungünstigen Sondersituationen befinden, aber nicht insolvenzgefährdet sind.
Hiroki Hashimoto, Senior Fonds Manager, Royal London Asset Management
© RLAM

Hiroki Hashimoto, Senior Fonds Manager, Royal London Asset Management

1. Wie fällt Ihr Fazit zum ersten Kapitalmarkt-Halbjahr 2025 aus?

Für 2025 hatten wir ein moderates globales Wachstum ohne Rezession erwartet – mit schwächerem Handel, aber stabiler Verbrauchernachfrage und Unternehmen, die von Zinssenkungen profitieren. Dieses Szenario ist weitgehend eingetreten. Die starken Marktbewegungen wurden jedoch nicht durch Wirtschaftsdaten ausgelöst, sondern durch sprunghafte und schwer berechenbare Aussagen aus der US-Politik. Die Stimmung schwankte stark: Von Rezessionsangst im April zu fast sorgloser Erwartung im Juli, dass Ex-Präsident Trump bei Zöllen erneut zurückrudern würde. Während US-Aktien deutlich zulegten, konnten europäische Anleger nicht voll profitieren – der schwache Dollar, als Reaktion auf die politische Unsicherheit, belastete die Erträge. Bleibt eine Rezession aus, könnten die Börsen trotz anhaltender Unsicherheiten weiter steigen – wie oft in Phasen, in denen Sorgen groß sind, aber die fundamentale Lage stabil bleibt. Doch neue Handelskonflikte bleiben ein Risiko.

2. Wo sehen Sie derzeit die attraktivsten Investmentchancen – und wie steuern Sie Ihre Asset Allocation in Bezug auf Risiko, Anlageklassen und zentrale Einflussfaktoren?

Aktuell sind wir taktisch übergewichtet in währungsgesicherten US-Aktien aus den Bereichen Technologie und Kommunikation im Gegensatz zu defensiven Sektoren wie Basiskonsumgüter. In einem Umfeld mit geringem, aber stabilem Wachstum ohne Rezession schneiden Unternehmen mit starker Ertragsdynamik meist besser ab, da Investoren gezielt nach Gewinnwachstum suchen. Im Rentenbereich bevorzugen wir Unternehmensanleihen. Angesichts enger Spreads und anhaltender Unsicherheit bleibt eine breite Kreditdiversifikation entscheidend. Staatsanleihen erscheinen zwar attraktiv, doch fiskalische Nachhaltigkeit und zollbedingte Inflationsrisiken belasten lange Laufzeiten – daher sind wir hier untergewichtet. Insgesamt sind wir moderat in Aktien übergewichtet – Ausdruck unseres vorsichtig optimistischen Ausblicks. Sollte die Marktstimmung kippen, haben wir Spielraum für Zukäufe. Taktische Anpassungen bleiben entscheidend.
Thomas Hartauer, Vorstandsvorsitzender und CEO, CAV Partners AG
© CAV Partners AG

Thomas Hartauer, Vorstandsvorsitzender und CEO, CAV Partners AG

1. Wie fällt Ihr Fazit zum ersten Kapitalmarkt-Halbjahr 2025 aus?

Im Bereich der Erneuerbaren Energien war das erste Halbjahr geprägt von geopolitischen Unsicherheiten und einer politischen Neuorientierung in Deutschland. Die konkreten Auswirkungen zeichnen sich erst nach und nach ab. Kurzfristig führen die unsicheren Rahmenbedingungen zu einer andauernden Zurückhaltung bei Investoren. Die Anlageklasse selbst wächst weiter sehr stark und nabelt sich immer mehr von staatlichen Subventionen ab, da Wind- und Photovoltaik-Anlagen die günstigsten Produktionskosten aufweisen. Insbesondere die Errichtungskosten im Solarbereich sind anhaltend niedrig und führen weltweit zu einem starken Zubau. Parallel wird insbesondere in Deutschland deutlich, dass der Zubau Erneuerbarer Energien immer flankierend mit intelligenten Netz- und Speicherlösungen (Groß-Batteriespeicher) erfolgen sollte. Antizyklisch agierende Investoren können mit dem richtigen Partner und einer langfristigen Strategie sehr gut vom aktuellen Marktumfeld profitieren.

2. Wo sehen Sie derzeit die attraktivsten Investmentchancen – und wie steuern Sie Ihre Asset Allocation in Bezug auf Risiko, Anlageklassen und zentrale Einflussfaktoren?

Der westeuropäische Markt für Erneuerbare Energien stand und steht auch im weiteren Jahresverlauf im Fokus, da viele Regionen der Welt, einschließlich der USA, für institutionelle Investoren ausfallen. Auf strategischer Ebene erweitert sich die Allokation von Wind und Solar um den Bereich der (Batterie-)Speicher sowie Energienetzinfrastruktur. Hier sind ähnlich große Investitionsmittel notwendig wie für den bisherigen Aufbau der Solar- und Windkraftanlagen. Das neu aufgesetzte Infrastruktur-Sondervermögen wirkt dabei sicherlich als Katalysator des Ganzen. Allerdings bedarf es weit größerer Investitionen durch private Investoren, um die Transformation des Energiesektors in Deutschland und Europa umzusetzen. Aktuell dominieren vor allem kombinierte Investitionslösungen aus Photovoltaik- und Batteriespeicheranlagen, allerdings lohnt es sich die Erneuerbaren Energien als eigenständige Anlageklasse einzuordnen und ein Portfolio aus neuen sowie bestehenden Anlagen (Secondaries) aufzubauen.
Shay Pang, Senior Portfolio Manager, Global Multi-Asset, Nikko Asset Management
© Nikko AM

Shay Pang, Senior Portfolio Manager, Global Multi-Asset, Nikko Asset Management

1. Wie fällt Ihr Fazit zum ersten Kapitalmarkt-Halbjahr 2025 aus?

Zunächst verwiesen die Strategen gesammelt auf den US-amerikanischen Exzeptionalismus. Dann kamen Trumps Handelskriege, störten die Märkte und lösten Risikoaversion und Rezessionsängste aus. Wir sahen in den Zöllen Verhandlungstaktik und rechneten mit einer letztendlichen Abschwächung. Überraschenderweise schwächte sich der Dollar trotz Abflüssen aus riskanteren Assets und der höheren US-Zinsen ab, was darauf zurückzuführen war, dass sich die Anleger aus den USA zurückzogen. Diese Schwäche dürfte nur vorübergehend sein und der Dollar dürfte aufgrund des robusten Wachstums und der guten Unternehmensgewinne wieder an Stärke gewinnen. Die Gewinne im ersten Quartal übertrafen die Erwartungen, auch wenn die Prognosen weiterhin vorsichtig sind. Wir rechnen damit, dass sich die Zölle im weiteren Jahresverlauf auswirken. Die positiven Effekte der Steuersenkungen und einer möglichen Lockerung der Geldpolitik durch die Fed werden jedoch nach wie vor unterschätzt. Das dürfte den Markt stützen.

2. Wo sehen Sie derzeit die attraktivsten Investmentchancen – und wie steuern Sie Ihre Asset Allocation in Bezug auf Risiko, Anlageklassen und zentrale Einflussfaktoren?

Derzeit sehen wir die attraktivsten Chancen weiterhin in Risikomärkten, insbesondere in US-Aktien, wo wir nach wie vor langfristige Wachstumschancen durch KI sehen, die zu starken Gewinnen führen dürften. Das Portfolio ist damit im langfristigen Vergleich aggressiver positioniert, und dies haben wir im größten Teil des bisherigen Jahres beibehalten. Darüber hinaus gehen wir davon aus, dass der US-Dollar wieder etwas an Stärke gewinnen wird, da die Fed ihre Geldpolitik nicht so aggressiv lockern dürfte wie vom Markt erwartet. Die USA sollten daher ihren Zinsvorteil behalten. Auf der Anleihenseite führt dies zu einer Short-Position in US-Zinsen in unserem Portfolio. Wir sehen jedoch ein gewisses Potenzial, um mit kurzfristigen Renditeaufschlägen die Renditen unserer Portfolios zu verbessern. Außerhalb der USA konzentrieren wir uns auf der Rentenseite auf Märkte, in denen die Leitzinsen stark gefallen sind: Europa, Kanada und Australien (wo die Notenbank RBA die Zinsen senken dürfte).
Kevin Thozet, Mitglied des Investment-Komitees bei Carmignac, Carmignac
© Carmignac

Kevin Thozet, Mitglied des Investment-Komitees bei Carmignac, Carmignac

1. Wie fällt Ihr Fazit zum ersten Kapitalmarkt-Halbjahr 2025 aus?

Die erste Jahreshälfte war von 3 Faktoren geprägt: DeepSeek und die Erkenntnis, dass Innovation nicht nur in den USA möglich ist. Die USA selbst verhielt sich wie ein Schwellenland, bei gleichzeitigem Rückgang der Anleihen, Aktien und dem Dollar. Die ambivalente Reaktion von US-Präsident Trump führte dazu, den Rest der Welt wieder groß zu machen. Die Märkte wurden durch robuste Makrodaten, günstige Inflation und Zinssenkungserwartungen sowie reichlich Liquidität gestützt. Dieser Rückenwind könnte sich jedoch in der 2. Jahreshälfte umkehren: Die Zölle belasten die Wirtschaft bereits, während die steuerliche Unterstützung nicht vor 2026 zum Tragen kommt. Die zollbedingte Inflation und das Ungleichgewicht auf dem Arbeitsmarkt deuten darauf hin, dass die Fed eher reaktiv als präventiv handeln wird. Auch die Liquiditätsbedingungen könnten sich verschärfen. Überdies steigert der wachsende Einfluss der Kleinanleger das Risiko von Trendverlängerungen über die Fundamentaldaten hinaus.

2. Wo sehen Sie derzeit die attraktivsten Investmentchancen – und wie steuern Sie Ihre Asset Allocation in Bezug auf Risiko, Anlageklassen und zentrale Einflussfaktoren?

Deutschland investiert üben den Haushalt und die Initiative „Made for Germany“. In Asien liefern etwa der Anstieg der Kasinoeinnahmen in Macau um 20 Prozent im Vergleich zum Vorjahr und ein Wiederanstieg der chinesischen Immobilienpreise positive Impulse für das globale Wachstum. Wie oben skizziert sieht sich die US-Wirtschaft im 2. Halbjahr dagegen wohl einer Abkühlung gegenüber. Wir bevorzugen daher US-Technologieführer, die überdurchschnittliche Margen und Wachstumsaussichten aufweisen. Starkes Potenzial sehen wir auch bei Nicht-US-Aktien, die weiter unterbewertet und unterschätzt sind und von fiskalischer Unterstützung und von Investitionsströmen profitieren werden. Credit hat aufgrund höherer realer eingebetteter Renditen und defensiver Eigenschaften auch einen prominenten Platz in den Investorenallokationen eingenommen. Pessimisten mögen klug klingen. Optimisten neigen dazu, Geld zu verdienen. Wir versuchen, realistisch zu bleiben.
Yves Ceelen, CIO Global Balanced, DPAM
© Degroof Petercam Asset Management (DPAM)

Yves Ceelen, CIO Global Balanced, DPAM

1. Wie fällt Ihr Fazit zum ersten Kapitalmarkt-Halbjahr 2025 aus?

Regierungen bestimmen die Märkte zunehmend; eine Ära der fiskalischen Dominanz hat begonnen. Die Zentralbanken werden immer stärker durch die Nebenwirkungen der höheren Verschuldung belastet. Sie müssen daher vorsichtiger agieren. So hat die Fed derzeit mehr Angst vor Zinssenkungen, da diese Inflation auslösen könnten. Globale Spannungen haben die Marktunsicherheit zusätzlich verschärft, v.a. in den vergangenen drei bis vier Monaten. Zollandrohungen und politische Instabilität haben mehrfach zu Volatilitätsschüben geführt – und zwar übergreifend an den Aktien-, Kredit- und Devisenmärkten. Hohe Schwankungen müssen aber nicht negativ sein. Für die Multi-Asset-Positionierung muss man sowohl Aktien als auch Anleihen beobachten, um die Belastungen im System zu beurteilen. Wenn sich während Vola-Spitzen das eine bewegt und das andere zurückbleibt, kann dies auf eine taktische Anlagechance hindeuten. Bewegen sich Aktien- und Anleihenmärkte jedoch gemeinsam, sollten Anleger vorsichtig werden.

2. Wo sehen Sie derzeit die attraktivsten Investmentchancen – und wie steuern Sie Ihre Asset Allocation in Bezug auf Risiko, Anlageklassen und zentrale Einflussfaktoren?

Auf der Aktienseite profitieren europäische Titel von ihren vergleichsweise attraktiven Bewertungen, den Staatshilfen für grüne und digitale Programme und einer Währung, die nicht mehr schwach erscheint. Sie bieten eine pragmatische Möglichkeit, vom globalen Wachstum zu profitieren, ohne das volle Risiko einer US-Konzentration zu tragen. Börsennotierte Immobilienunternehmen scheinen ebenfalls gut positioniert, falls die Leitzinsen sich nur stabilisieren, statt zu sinken. Auch viele andere europäische Sektoren verfügen über erhebliches Wachstumspotenzial. Bis die Gewinnrevisionen die Erwartungen einholen, warten wir bei US-Aktien lieber ab, anstatt zu kaufen. US-Anleihen erscheinen ebenfalls etwas weniger attraktiv. Selektives Engagement bleibt wichtig. Wir schätzen Bausteine, die unabhängig von den wechselnden politischen Entscheidungen sind. Gold und (gelegentlich) Silber haben seit 2018 von der Unsicherheit über die Realzinsen und von episodischen Risiko-Anstiegen profitiert.
Ella Hoxha, Co-Lead des BNY Global Real Return Fund, BNY Investments Newton
© BNY

Ella Hoxha, Co-Lead des BNY Global Real Return Fund, BNY Investments Newton

1. Wie fällt Ihr Fazit zum ersten Kapitalmarkt-Halbjahr 2025 aus?

Der Rückgang des US-Dollars hat unseren Erwartungen entsprochen, ebenso wie die bisherige Achterbahnfahrt an den Märkten seit Jahresbeginn. Überraschend war jedoch, wie schnell und substanziell die Erholung nach dem Einbruch im April kam. Wir haben angenommen, dass die Zölle von den Märkten sehr ernst genommen und unmittelbar eingepreist werden würden. Die Auswirkungen der Zölle und die damit einhergehenden tiefgreifenden Veränderungen von Handelspartnerschaften dürften jedoch weiterhin ein zentraler Treiber für die Märkte bleiben. Zinsdifferenzen werden voraussichtlich keine große Rolle spielen. Für Währungen könnten Leistungsbilanzentwicklungen zunehmend zur treibenden Kraft werden – Länder mit Überschüssen dürften outperformen. Ein weiterer wichtiger Faktor wird die Inflation sein, sobald sie wieder zur Sorge für Investoren wird. Wir sehen erste Anzeichen dafür. Darauf deutet auch der deutliche Aufwärtstrend der Metallkurse hin, der tendenziell zu einer höheren Inflation führt.

2. Wo sehen Sie derzeit die attraktivsten Investmentchancen – und wie steuern Sie Ihre Asset Allocation in Bezug auf Risiko, Anlageklassen und zentrale Einflussfaktoren?

Schwellenländer bleiben für uns attraktiv, insbesondere im Bereich lokaler Zinsen und ausgewählter Währungen. Sie bieten günstige Bewertungen, hohen Carry und gleichen Inflationsrisiken gut aus. Ihre Wirtschaftssysteme sind im Umgang mit solchen Rahmenbedingungen erprobt und können – bei sorgfältiger Auswahl – von handelspolitischen Veränderungen profitieren. Wir halten weiterhin Qualitäts- und Ertragsaktien, agieren jedoch vorsichtiger in deren Allokation. Im Vergleich zu früher bevorzugen wir nun stärker internationale Titel und Aktien aus Schwellenländern. Auch Rohstoffe bleiben mittel- bis langfristig attraktiv – vor allem Metalle, die die Risiken von Währungsabwertungen in einigen Industrieländern ausgleichen. Hier halten wir weiterhin Gold und Silber. Zudem setzen wir auf ausgewählte Hochzinsanleihen, da sie hohe Carry-Erträge bieten. Sie können ein sinnvoller Einkommensbaustein im Multi-Asset-Portfolio sein – besonders in Kombination mit lokalen Schwellenländeranleihen.
Stefan Wolpert, Portfoliomanager, Habbel, Pohlig & Partner
© Habbel, Pohlig & Partner

Stefan Wolpert, Portfoliomanager, Habbel, Pohlig & Partner

1. Wie fällt Ihr Fazit zum ersten Kapitalmarkt-Halbjahr 2025 aus?

Die größte Überraschung des ersten Halbjahres war die Erholung der Aktienindizes nach dem Einbruch Anfang April. Innerhalb weniger Wochen holte der S&P500 mit einem Zuwachs von rund 30% die Verluste auf und erreichte neue Höchststände. Noch schneller ging es beim DAX – eine weitere Überraschung angesichts potenzieller Belastungen aus der geplanten Zollpolitik für die exportorientierte deutsche Wirtschaft. Neben der Erwartung, dass bei den Zöllen das letzte Wort längst nicht gesprochen ist, ist ein wesentlicher Treiber für die US-Märkte die Erwartung einer verbesserten Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen. Die starke Abwertung des US-Dollar und die beschlossenen Steuererleichterungen sind wichtige Faktoren. Die Aktienmärkte scheinen angesichts der Zollproblematik und deren längerfristigen Auswirkungen, sowie der anhaltenden Diskussion um die Unabhängigkeit der Fed gelassen. In der zweiten Halbzeit des Jahres darf deshalb erhöhte Volatilität nicht überraschen.

2. Wo sehen Sie derzeit die attraktivsten Investmentchancen – und wie steuern Sie Ihre Asset Allocation in Bezug auf Risiko, Anlageklassen und zentrale Einflussfaktoren?

Die Index-Rallye wurde in den USA von wenigen Titeln angetrieben. Das KGV des S&P500 ist auf dem höchsten Niveau der vergangenen 20 Jahre, die gleiche Kennzahl beim gleichgewichteten Pendant liegt noch auf moderatem Niveau. Ein Hinweis darauf, dass die Werte der zweiten Reihe Potential haben. Ähnliches gilt für Europa. Wir bewegen uns nahe der strategischen Aktienallokation und setzen für aktive Positionierungen auch Optionen ein. Sportlich bewertet sind Unternehmensanleihen. Bei High Yields liegen Renditeaufschläge gegenüber Staatsanleihen unterhalb des langfristigen Durchschnitts. Dennoch bleibt in der Eurozone auf Indexbasis ein Renditevorteil von etwa drei Prozent. Angesichts einer Stabilisierung des Wirtschaftsausblicks bleiben wir investiert. Beim Zinsänderungsrisiko sind wir defensiv positioniert. Ein Profiteur ansteigender Staatsverschuldungen und Spannungen zwischen den Wirtschaftsblöcken ist Gold. Zur Stabilisierung der Abwehr in der zweiten Halbzeit für uns unverzichtbar.
Laura Cooper, Head of Macro Credit and Global Investment Strategist, Nuveen
© Nuveen

Laura Cooper, Head of Macro Credit and Global Investment Strategist, Nuveen

1. Wie fällt Ihr Fazit zum ersten Kapitalmarkt-Halbjahr 2025 aus?

Das erste Halbjahr 2025 war von erheblichen Störfaktoren geprägt: Das verlangsamte Wachstum, uneinheitliche Inflationsdaten, sich wandelnde Erwartungen hinsichtlich Zinssenkungen durch die US-Notenbank und vor allem die immer wiederkehrenden Ankündigungen von US-Zöllen machten es für Investoren schwierig, zu entscheiden, worauf sie sich konzentrieren sollten – und auf welche Signale sie sich verlassen konnten. Während die Volatilität der geopolitischen Lage wahrscheinlich anhalten wird, scheint das Schlimmste der durch Zölle verursachten Marktturbulenzen hinter uns zu liegen. Die Investoren filtern zunehmend die Nebengeräusche heraus, um attraktive Chancen zu identifizieren. Das Wachstum verlangsamt sich, kommt aber nicht zum Stillstand, und es wird erwartet, dass die Zentralbanken ihren lockeren Kurs beibehalten. Dennoch dominieren weiterhin Unsicherheiten hinsichtlich der Handelspolitik, fiskalische Risiken und geopolitische Instabilität das Marktgeschehen.

2. Wo sehen Sie derzeit die attraktivsten Investmentchancen – und wie steuern Sie Ihre Asset Allocation in Bezug auf Risiko, Anlageklassen und zentrale Einflussfaktoren?

In einem Umfeld, das von politischer Unsicherheit und geopolitischen Spannungen geprägt ist, konzentrieren wir uns auf Sektoren mit soliden Fundamentaldaten und attraktiven Risiko-Rendite-Profilen. Wir positionieren uns leicht defensiv und legen den Schwerpunkt auf Qualität und Diversifizierung. Bei Aktien bevorzugen wir Dividendenwachstumswerte, börsennotierte Infrastrukturunternehmen und US-Large-Caps, die von einer robusten Gewinnentwicklung profitieren. Im Bereich festverzinslicher Wertpapiere sehen wir Potenzial bei Vorzugspapieren und verbrieften Vermögenswerten, während Kommunalanleihen sich durch eine fundamentale Stärke und eine historische Unterbewertung auszeichnen. Alternative Anlagen wie KI-bezogene Infrastruktur, Seniorenwohnungen in Nordamerika und private Kredite bieten ein überzeugendes langfristiges Potenzial. Die Zollpolitik, die fiskalischen Entwicklungen und die geldpolitischen Erwartungen werden die Allokationsentscheidungen jedoch weiterhin bestimmen.
Michael Hünseler, Chief Investment Officer, LBBW Asset Management
© LBBW AM

Michael Hünseler, Chief Investment Officer, LBBW Asset Management

1. Wie fällt Ihr Fazit zum ersten Kapitalmarkt-Halbjahr 2025 aus?

Die Kapitalmärkte zeigten sich 2025 bislang überraschend gelassen, trotz geopolitischer Risiken wie dem Nahost-Konflikt und der fiskalischen Unsicherheiten in den USA. Diese Ruhe an der Oberflächenruhe steht im Kontrast zu wachsender struktureller Nervosität. Diese wird zum Beispiel in den steigenden Renditen langlaufender US-Staatsanleihen deutlich. Das Renditeniveau spiegelt auch den Vertrauensverlust in die Nachhaltigkeit der Verschuldung Amerikas wider. Der Markt scheint zwar kurzfristige Risiken auszublenden, doch die US-Zinsstrukturkurve sendet mit höheren Risikoaufschlägen, dem sogenannten Term Premium, für längere Laufzeiten ein deutliches Warnsignal. Angesichts dieser Divergenz halten wir die derzeitige Ruhe für trügerisch. Die scheinbare Gelassenheit verdeckt die Herausforderungen und die wachsende Nervosität unter der Oberfläche. Gleichzeitig entstehen spezifische Opportunitäten für Investoren, die sich umsichtig und strategisch positionieren.

2. Wo sehen Sie derzeit die attraktivsten Investmentchancen – und wie steuern Sie Ihre Asset Allocation in Bezug auf Risiko, Anlageklassen und zentrale Einflussfaktoren?

Wir sehen derzeit Chancen im Fixed-Income-Bereich, insbesondere bei Anleihen mittlerer Laufzeit, die durch attraktive laufende Renditen und dem positiven Roll-Down-Effekt aus der steiler gewordenen Zinsstrukturkurve überzeugen. Zudem setzen wir auf europäische Qualitätsaktien, vor allem in den Sektoren Sicherheit sowie Infrastruktur und US-Technologiewerte, da diese Stabilität und Potenzial bieten. Angesichts der schwindenden Dollar-Stabilität, gewinnen auch alternative Anlagen und Währungsdiversifikation an Relevanz. Insgesamt agieren wir aktuell mit einer strategisch ausgewogenen Allokation, die das positive Momentum an den Kapitalmärkten nutzt. Vorsichtig, aber nicht defensiv. Maßgeblich für unsere Entscheidungen sind neben den Konjunkturfrühindikatoren auch die weitere Entwicklung im Zollstreit sowie der Verschuldung der USA, die Geldpolitik und die Unabhängigkeit der Fed wie auch die globalen Kapitalströme. Umsicht und Diversifikation sind dabei die zentralen Leitplanken.
Henning Busch, Managing Director Institutional Deutschland und Österreich, Capital Group
© Capital Group

Henning Busch, Managing Director Institutional Deutschland und Österreich, Capital Group

1. Wie fällt Ihr Fazit zum ersten Kapitalmarkt-Halbjahr 2025 aus?

Im ersten Halbjahr zeigte sich die US-Wirtschaft resilient – trotz restriktiver Geldpolitik, geopolitischer Unsicherheiten und sektoraler Schwäche in Europa und China. Die Konsum- und Arbeitsmarktdaten in den USA fielen robuster aus als erwartet. Überraschend war dabei die Stabilität der Unternehmensgewinne, was angesichts ambitionierter Bewertungen entscheidend ist. Dennoch erscheint die Marktstimmung stellenweise zu optimistisch. Der Inflationsrückgang verlauft schleppend, geldpolitische Divergenzen bleiben bestehen, und geopolitische Risiken sind nicht eingepreist. In einem Umfeld, das künftig durch höhere Volatilität geprägt sein dürfte, rückt die Qualität der Einzeltitelauswahl verstärkt in den Fokus. Die aktuellen Allzeithochs von US-Titeln müssen nicht überbewertet sein – sie unterstreichen aber die Notwendigkeit aktiver Strategien mit klarer Risikobewertung.

2. Wo sehen Sie derzeit die attraktivsten Investmentchancen – und wie steuern Sie Ihre Asset Allocation in Bezug auf Risiko, Anlageklassen und zentrale Einflussfaktoren?

Wir sehen selektive Opportunitäten im Aktien- und Rentenbereich. Strukturelle Wachstumsthemen wie Künstliche Intelligenz, Luft- und Raumfahrt sowie Japans digitale Transformation bieten attraktives Potenzial. Auch Dividendenstrategien gewinnen an Relevanz, insbesondere im Tech-Sektor. Im Fixed-Income-Segment bevorzugen wir qualitativ hochwertige Credit-Strategien, darunter Agency-MBS und Investment-Grade-Anleihen. High Yield erscheint selektiv interessant, besonders in defensiven Sektoren mit robusten Bilanzen. Schwellenländeranleihen bieten in Lokalwährungen weiterhin attraktive Realrenditen. Wir agieren aktuell eher neutral mit flexibler Allokation, um auf geldpolitische Entwicklungen reagieren zu können. Entscheidende Einflussfaktoren bleiben Inflationstrends sowie das makroökonomische Momentum.

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