Börsenbarometer | Gewinnmitnahmen, Unsicherheit und die Frage: Was rät der Altmeister?

Pünktlich zum Start in das Wochenende kommentiert e-fundresearch.com Gastkolumnist & Kapitalmarktexperte Dr. Josef Obergantschnig wöchentlich das Börsengeschehen aus erfrischend neuen Blickwinkeln. Markets | 28.02.2025 16:00 Uhr
Dr. Josef Obergantschnig, Gründer, Obergantschnig Management GmbH / © e-fundresearch.com / Obergantschnig Management GmbH (Foto: Vicky Posch)
Dr. Josef Obergantschnig, Gründer, Obergantschnig Management GmbH / © e-fundresearch.com / Obergantschnig Management GmbH (Foto: Vicky Posch)

Wöchentlicher Börsenbarometer von Dr. Josef Obergantschnig | Gewinnmitnahmen, Unsicherheit und die Frage: Was rät der Altmeister?

An den Märkten wird es anscheinend ein bisschen ruppiger. Die Unsicherheit nimmt zu. Das liegt zum einen an der guten Aktienmarkt-Performance, die viele Investoren zu Gewinnmitnahmen verleitet. Fest steht aber auch, dass sich damit unweigerlich die Frage stellt, ob ich meinen Verkaufserlös in Cash „parken“ oder lieber in andere Asset-Klassen investieren sollte. Und dann stellt sich natürlich die Frage, wann genau der richtige Zeitpunkt für einen Wiedereinstieg gekommen ist. Meiner Erfahrung nach macht es für langfristig orientierte Investoren wenig Sinn, durch Market-Timing Aktien zu kaufen oder zu verkaufen. Jene Investoren, die es schaffen, ihre Strategie konsequent über einen langen Zeitraum durchzuziehen und investiert zu bleiben, sind nach meiner Beobachtung am erfolgreichsten. Das ist für mich die Erfolgskomponente Nummer 1. Ich habe schon oft gesehen, dass viele Investoren dem Markt entweder hinterherrennen oder im Falle einer Krise nicht den Mut aufbringen, doch Geld zu investieren. Klar ist auch, dass niemand die Zukunft vorhersehen kann. Deshalb macht es Sinn, die Chancen des Aktienmarktes zu nutzen und über einen langen Zeitraum investiert zu bleiben. Diese Strategie ziehe ich nicht nur mit meinen Aktieninvestments durch. Um meinen geliebten Espresso genießen zu können, achte ich auch immer darauf, dass ich genug Kaffeebohnen in meinem Bestand habe.

Zum anderen hat sich das Stimmungsbild in den USA, dem größten Wirtschaftsraum der Welt, gewandelt. Das Konsumentenvertrauen ist wenige Wochen nach dem gefeierten Amtsantritt von US-Präsident Donald Trump auf den niedrigsten Stand seit August 2021 gefallen. Ausschlaggebend dafür waren vor allem die Sorgen über die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung sowie die Erwartung steigender Inflationsraten durch die geplante Einführung von Zöllen auf Importgüter. Das wiederum drückte auch auf das Stimmungsbild der Investoren.

Kommen wir zu den „Glorreichen Sieben“, die mehr als 50% der Performance des S&P 500 in den letzten beiden Jahren beigetragen haben. Der Bloomberg Magnificent 7 Index ist seit seinem bisherigen Allzeithoch am 17. Dezember 2024 um rund 10% gefallen. Während Meta (Facebook), Apple und Nvidia zumindest ein leichtes Plus verzeichnen konnten, mussten Alphabet, Amazon und Microsoft Kursverluste von mehr als 10% hinnehmen. Besonders stark unter die Räder kam Tesla, dessen Aktienkurs innerhalb weniger Wochen um mehr als ein Drittel eingebrochen ist. In Summe haben diese Unternehmen rund 1,6 Billionen US-Dollar an Börsenwert verloren. Das entspricht rund dem Dreifachen der jährlichen Wirtschaftsleistung Österreichs oder mehr als 35% des deutschen Bruttoinlandsprodukts. Dass die Märkte im „Risk-Off“-Modus sind, erkennt man auch am Bitcoin-Kurs, der innerhalb weniger Tage von knapp 100.000 Dollar auf unter 90.000 Dollar gefallen ist. Für weltweit ausgerichtete Investoren ist das Jahr 2025 bisher dennoch erfreulich, da dank der starken Entwicklung europäischer Aktien trotz der jüngsten Rückschläge noch ein Plus erwirtschaftet werden konnte.

Für viele Marktteilnehmer stellt sich die Frage, wie die Investorenlegende Warren Buffett die aktuelle Situation an den Märkten einschätzt. Antworten dazu liefert er Jahr für Jahr mit seinem begehrten Investoren-Letter. Der Altmeister scheint momentan vorsichtig zu sein, da er mehr als die Hälfte seines Vermögens in Cash und US-Staatsanleihen veranlagt hat. Buffett warnte in seinem Brief vor Risiken durch „fiskalische Torheiten“ und betrügerische Akteure, was auf eine vorsichtigere Haltung gegenüber dem US-Aktienmarkt hindeutet. Dennoch bleibt er optimistisch gegenüber amerikanischen Aktien mit signifikanter internationaler Präsenz. Interessanterweise hat Berkshire seine Beteiligungen an fünf japanischen Handelskonzernen erhöht, darunter Mitsubishi und Mitsui. Buffett setzt auf deren langfristige Wertentwicklung und sieht in Japan attraktiver bewertete Unternehmen mit soliden Dividendenrenditen. Diese Entscheidung unterstreicht die Bedeutung globaler Diversifikation und die Suche nach unterbewerteten Chancen außerhalb der USA. Ich bin schon gespannt, wann der liebe Warren einmal seine Fühler nach Europa ausstreckt.

Dr. Josef Obergantschnig, Gründer, Obergantschnig Management GmbH & e-fundresearch.com Gastkolumnist

Dr. Josef Obergantschnig ist anerkannter Kapitalmarktexperte, Unternehmer, Autor und ehemaliger Chief Investment Officer eines Asset-Managers. In der Führungsebene der NIXDORF Kapital Unternehmensgruppe bringt er seine Expertise in den Bereichen Strategie, Finanzen und Nachhaltigkeit ein, um das Thema Impact-Investing weiter voranzutreiben. Darüber hinaus ist es ihm ein besonderes Anliegen, seinen jahrzehntelangen Erfahrungsschatz nicht nur an Finanzexperten und Privatpersonen, sondern vor allem auch an junge Menschen auf unterhaltsame Weise weiterzugeben.

Infos zum aktuellen Buch: https://www.vonnullaufreich.com

Keynote Speaker: www.josefobergantschnig.at

Weitere Informationen unter: www.ecobono.com / www.obergantschnig.at

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