So das war sie die Ballsaison, der Fasching, Karneval bzw. was einem halt am liebsten ist in diesem Zusammenhang. Sicher ist und das hat insbesondere heuer nicht nur mit dem Beginn der Fastenzeit zu tun: Jetzt ist Schluss mit lustig! Persönlich bin ich ja im Zweifel geneigt, erfolgreichen Menschen einen gewissen Intellekt und diverse andere Qualitäten zu zusprechen, weil, wie Weiland Exenberger (der Kickbox Trainer ;-)) immer gesagt hat: Wenn´s leicht wär, könnt´s a jeder! Aber diesmal tu ich mich wirklich ein bisserl schwer. War man ja nach den vorangegangenen vier Jahren eh auf einiges gefasst und, soweit möglich, auch vorbereitet, spottet was da derzeit abgeht wohl jeder Beschreibung und verursacht, zumindest in meiner Magengrube ein tiefempfundenes Unwohlsein.
Aber genug der Emotionalitäten! Was passiert da eigentlich gerade? Erleben wir wirklich eine völliges Durcheinanderrütteln der weltpolitischen Nachkriegsordnung? If so, was wird sich wirklich durch lautes Brüllen und mit den Fäusten auf die Brust klopfen (Sigourney Weaver und so ;-)) tatsächlich ändern und wem nützt bzw. schadet es? Dass der Unaussprechliche von seinen Freunden in Russland und China gehört und anerkannt werden will, scheint offensichtlich, aber was nützt es der USA, wenn Russland die Ukraine annektiert, Taiwan näher an Peking gerückt wird (hier geht es um semantische Unterschiede nicht um inhaltliche!) und der Iran einen favorableren Atomdeal bekommt? Fällt irgendwie schwer, da was Positives für die US-Bevölkerung herauszufiltern, oder?
Auf der anderen Seite schaut die Geschichte gänzlich anders aus. Russland darf, zumindest formal, wieder mitspielen, was Putin außenpolitischen Handlungsspielraum und innenpolitisches Ansehen bringt, hat er doch den Westen zurück an seinen Tisch gezwungen. Ein bisserl verzwickter ist die Lage für Xi und die Chinesen, wobei die im Gegensatz zu Russland ein inzwischen enormes ökonomisches und technologisches Gewicht in die Waagschale werfen können. Wer also am Ende mehr unter wessen Einfuhrzöllen leiden wird, bleibt abzuwarten. 2024 nahm China den USA zB ca die Hälfte der Soja Produktion im Wert von fast USD 13 Milliarden ab. Absolut natürlich nicht viel, aber für den US-Agrarsektor nicht unwesentlich.
Auch die expansionistischen Bestrebungen Richtung Grönland, Panama und Kanada sind, wiewohl praktisch militärisch wahrscheinlich relativ einfach umzusetzen, durchaus zu hinterfragen bzw. machen nur Sinn, wenn wir uns hinkünftig mit einer Erb-Diktatur (ewig wird er wohl auch nicht leben) konfrontiert sehen. Das wiederum wird aber ohne Bürgerkrieg sicher nicht abgehen und die US-Position international weiter schwächen. Falls der Schmerz in zwei bis vier Jahren nachlässt bzw. wieder aufhört, das Wahlvolk was gelernt hat und man sich anderen Richtungen zuwendet, würden die Aufräumarbeiten teuer und langwierig.
Bleibt ein möglicher Vorteil gegenüber Europa? Nun auch der scheint nicht auf der Hand zu liegen, haben wir, als nach wie vor größter einigermaßen homogener Wirtschaftsraum, die Chance uns aus der durchaus gewollten US-Nachkriegsabhängigkeit zu befreien und wirtschaftlich wie militärisch eigene Weg zu gehen. Unter Schmerzen? Natürlich, weil am Ende ist nichts einfacher als keine Entscheidungen treffen zu müssen und sich in bürokratischen Unsinnigkeiten zu verlieren, aber die Zeiten sind scheinbar vorbei. Also: Mutig in die neuen Zeiten, frei und gläubig sieh uns schreiten arbeitsfroh und hoffnungsreich!
Dass sich die Märkte aktuell auch ein bisserl schwer mit der Einordung der Katastrophen tun, ist dabei wenig verwunderlich. Transitionsphasen wie diese sind immer durch höhere Volatilitäten und Veränderungen in den Korrelationsmustern gekennzeichnet, irgendwo lauert immer der Schmerz.
In diesem Sinne: Glück auf, ruhig durchatmen und dann reingreifen, wenn´s richtig weh tut! :-)
Alles (nur aus ;-)) Liebe!
Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH
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Florian Gröschls obiger Kommentar stellt eine Markteinschätzung aufgrund von selbstentwickelten Systemen und persönlichen Erfahrung dar. Keinesfalls ist obiger Kommentar eine Empfehlung oder Meinung der ARC und/oder Florian Gröschl, Positionen welcher Art auch immer einzugehen.
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