Börsenbarometer | Wenn Superreiche stolpern – und Warren Buffett lächelt!

Pünktlich zum Start in das Wochenende kommentiert e-fundresearch.com Gastkolumnist & Kapitalmarktexperte Dr. Josef Obergantschnig wöchentlich das Börsengeschehen aus erfrischend neuen Blickwinkeln. Markets | 18.04.2025 16:00 Uhr
Dr. Josef Obergantschnig, Gründer, Obergantschnig Management GmbH / © e-fundresearch.com / Obergantschnig Management GmbH (Foto: Vicky Posch)
Dr. Josef Obergantschnig, Gründer, Obergantschnig Management GmbH / © e-fundresearch.com / Obergantschnig Management GmbH (Foto: Vicky Posch)

Wöchentlicher Börsenbarometer von Dr. Josef Obergantschnig | Wenn Superreiche stolpern – und Warren Buffett lächelt!

Diese Woche ist es an den Börsen ein wenig ruhiger geworden – eine willkommene Atempause nach den jüngsten Turbulenzen. Während sich die Märkte auf die Feiertage einstimmen, bleibt genügend Zeit, mein morgendliches Espresso-Ritual in entspannter Atmosphäre zu zelebrieren und über die Finanzmärkte oder das Weltgeschehen nachzudenken.

Wer an der Börse investiert, verfolgt meist ein Ziel: Vermögen aufbauen. Doch wie kommt man eigentlich zu Reichtum – und wie bleibt man dort? Die Antwort liegt in der Strategie. Es gibt jene „Investoren“, die alles auf eine Karte setzen – auf die eine Aktie! Und damit meine ich wirklich alles: ihr gesamtes Kapital, vielleicht sogar noch einen Kredit obendrauf. Es geht schließlich um den ganz großen Wurf. Meist handelt es sich dabei nicht um einen soliden Standardwert, sondern um ein hochriskantes, illiquides Investment auf einer Nebenbühne. Ein Unternehmen mit Potenzial – aber eben auch mit hohem Risiko. Eine „All-in“-Mentalität, die in der Fiktion wunderbar funktioniert, in der Realität aber häufig im Totalverlust endet. Übrigens: Wer im Casino auf eine einzige Zahl beim Roulette setzt, hat mit 1:37 eine deutlich bessere Gewinnchance als jemand, der mit einer Einzelaktie zum Börsenmillionär werden will. Die Wahrscheinlichkeit, an den Finanzmärkten die eine Aktie zu erwischen, die langfristig ein großes Vermögen aufbaut, liegt bei etwa 1 zu 60.000.

Auf der anderen Seite stehen jene, die systematisch Vermögen aufbauen: Sie vermeiden Klumpenrisiken, investieren breit gestreut, bleiben langfristig investiert und passen ihre Strategie laufend an. Sie fragen nicht: „Wie viel kann ich verdienen?“, sondern: „Wie viel Risiko kann ich mir leisten?“ – ein kleiner, aber entscheidender Unterschied. In diese Kategorie fallen all jene, die Monat für Monat kontinuierlich in einen global diversifizierten Aktienfonds oder ETF investieren. Das Paradebeispiel für diese Herangehensweise ist für mich Warren Buffett. Über mehr als acht Jahrzehnte hinweg hat er mit ruhiger Hand, klarer Strategie und einem kompromisslosen Fokus auf den inneren Wert von Unternehmen ein beispielloses Vermögen aufgebaut. Und während viele Superreiche in den letzten Monaten hohe Verluste hinnehmen mussten, konnte der Altmeister sein Vermögen sogar weiter steigern. Ein eindrucksvoller Beweis dafür, dass Geduld, Disziplin und Substanz langfristig mehr bewirken als jede kurzfristige Spekulation.

Ein Blick auf die Liste der reichsten Menschen der Welt zeigt: Reich zu werden ist eine Sache – reich zu bleiben eine ganz andere. Elon Musk führt mit 311 Milliarden US-Dollar zwar weiterhin das Ranking an, musste seit Jahresbeginn aber bereits einen Verlust von 121 Milliarden hinnehmen. Auch Jeff Bezos, Mark Zuckerberg und viele andere der Tech-Elite liegen deutlich im Minus. Die einzige Ausnahme in den Top 10: Warren Buffett – der legendäre Value-Investor konnte sein Vermögen in diesem schwierigen Umfeld sogar um über 23 Milliarden Dollar steigern. Irgendwie scheint er es wieder einmal gerochen zu haben, da der liebe Warren in den letzten Monaten kontinuierlich seine Cash-Positionen ausgebaut hat, um im Falle eines Rückgangs nachlegen zu können.

Kommen wir zu den Superreichen – den sogenannten High-Net-Worth Individuals (HNWIs). Das sind Personen mit einem investierbaren Vermögen von mehr als zehn Millionen US-Dollar. Laut dem aktuellen Knight Frank Wealth Report gibt es weltweit rund 2,3 Millionen HNWIs. Fast 40 % davon – also über 900.000 – leben in den USA. Es folgen China (472.000), Japan (122.000) und Indien (86.000). Doch wie sieht es pro Kopf aus? In den USA kommt ein Superreicher auf rund 370 Einwohner, in der Schweiz auf etwa 616. Deutschland folgt mit einem Verhältnis von 1:1.190, während Österreich mit rund 5.168 HNWIs auf ein Verhältnis von etwa 1:1.760 kommt – damit gibt es in der Alpenrepublik verhältnismäßig weniger Superreiche als in der Schweiz oder in Deutschland, aber dennoch einen beachtlichen Anteil.

Und während sich die einen Gedanken über die Vermögensverteilung machen, sorgen sich andere um die wirtschaftliche Zukunft – vor allem in Europa. Der aktuelle ZEW-Konjunkturindex für April 2025 liefert ein klares – wenn auch angesichts der jüngsten Handelseskalationen nicht überraschendes – Signal: Die Konjunkturerwartungen für Deutschland sind im April massiv eingebrochen – um satte 65,6 Punkte auf minus 14,0. Das ist der stärkste Rückgang seit Beginn des Ukraine-Kriegs im Jahr 2022. ZEW-Präsident Achim Wambach bringt es auf den Punkt: Der erratische Kurs der US-Handelspolitik lässt die Erwartungen für Deutschland einbrechen. Vor allem exportstarke Branchen wie die Automobil-, Chemie- und Maschinenindustrie sind betroffen. Gleichzeitig sehen die befragten Experten keine akute Inflationsgefahr – und damit Spielraum für Zinssenkungen durch die EZB. In den USA hingegen bleibt die Haltung der Fed unklar. Auch in der Eurozone brechen die Erwartungen ein – auf nunmehr minus 18,5 Punkte.

Trotz all dieser Wolken am Konjunkturhimmel wirkt diese Woche fast wie die Ruhe vor dem nächsten Sturm. Oder ist es einfach nur ein erleichtertes Durchatmen nach den aufreibenden Börsentagen? Die Märkte zeigen sich bislang stabil, aber die Nervosität bleibt. Auch wenn wir beginnen, mit den durch den lieben Donald ausgelösten Unsicherheiten zu leben – die Volatilität wird uns weiter begleiten. Ob mit dem Osterwochenende auch an den Märkten das Ende der Fastenzeit eingeläutet wird, wage ich allerdings nicht zu prophezeien. Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, wünsche ich schöne Ostern, entspannte Feiertage – und dass uns der liebe Donald keine faulen Eier ins Osternest legt.

Dr. Josef Obergantschnig, Gründer, Obergantschnig Management GmbH & e-fundresearch.com Gastkolumnist

Dr. Josef Obergantschnig ist anerkannter Kapitalmarktexperte, Unternehmer, Autor und ehemaliger Chief Investment Officer eines Asset-Managers. In der Führungsebene der NIXDORF Kapital Unternehmensgruppe bringt er seine Expertise in den Bereichen Strategie, Finanzen und Nachhaltigkeit ein, um das Thema Impact-Investing weiter voranzutreiben. Darüber hinaus ist es ihm ein besonderes Anliegen, seinen jahrzehntelangen Erfahrungsschatz nicht nur an Finanzexperten und Privatpersonen, sondern vor allem auch an junge Menschen auf unterhaltsame Weise weiterzugeben.

Infos zum aktuellen Buch: https://www.vonnullaufreich.com

Keynote Speaker: www.josefobergantschnig.at

Weitere Informationen unter: www.ecobono.com / www.obergantschnig.at

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