Technisch überkauft, aber kein Bruch im Trend: Nach +19% im Q1 2025 könnte Gold kurzfristig korrigieren. Der Experte wertet das als gesunde Verschnaufpause, nicht als Trendwende.
Strukturell knappes Angebot: ESG-Vorgaben, Produzentenzurückhaltung und fehlende Neufunde dämpfen das Produktionswachstum – ein preisstabilisierender Faktor.
Nachfrage kehrt zurück: ETF-Zuflüsse steigen wieder, Zentralbanken – vor allem im Osten – kaufen strategisch zur Diversifikation weg vom US-Dollar.
Trotz eines festen US-Dollars und gestiegener Realzinsen hat sich Gold in den vergangenen zwei Jahren eindrucksvoll behauptet. 2023 stieg der Preis um 13%, 2024 um weitere 27% – und auch das erste Quartal 2025 brachte mit einem Plus von 19% eine Fortsetzung der Aufwärtsbewegung. Kurzfristig mag das Edelmetall technisch überkauft erscheinen, doch eine mögliche Korrektur wäre laut Einschätzung von Guy Wagner als gesund zu werten – nicht als Signal einer Trendwende. Vielmehr könnten Gewinnmitnahmen oder eine vorübergehende Zurückhaltung der Zentralbanken neue Einstiegschancen eröffnen.
Quelle: Macrobond/Bloomberg
Entscheidend ist der Blick auf die strukturellen Treiber. Auf der Angebotsseite ist mit keinem signifikanten Zuwachs zu rechnen: ESG-Auflagen, strategische Zurückhaltung vieler Produzenten und das Ausbleiben größerer Neuentdeckungen begrenzen die Minenproduktion. Gleichzeitig kehrt die Finanznachfrage zurück. Nachdem zwischen 2022 und Mitte 2024 massive Mittel aus Gold-ETCs abgezogen wurden, sind inzwischen wieder Zuflüsse zu verzeichnen – ausgelöst durch die geldpolitische Lockerung in den USA und Europa. „Die Geschichte hat gezeigt, dass Zeiten besonders hoher Staatsverschuldung immer mit negativen Realzinsen einhergehen“, so Wagner. „Durch den Rückgriff auf Inflation können die Realkosten der Verschuldung gesenkt werden – ein Umfeld, in dem Gold regelmäßig seine Stärke ausspielt.“
Geopolitik als neue Nachfragequelle
Zunehmend rückt zudem die geopolitische Komponente in den Vordergrund: Die Goldkäufe östlicher Zentralbanken haben seit 2022 deutlich zugenommen – nicht aus Renditegründen, sondern als strategischer Schritt zur Diversifikation ihrer Währungsreserven. Die Blockade russischer Devisenreserven wirkte als Katalysator für den Wunsch vieler Staaten, ihre Abhängigkeit vom US-Dollar zu reduzieren und Gold als neutralen Vermögenswert zu halten. „Das Gold verschiebt sich immer weiter nach Osten“, stellt Wagner fest. „Die Geschichte zeigt, dass das Metall stets dorthin wandert, wo Kapital und Ersparnisse wachsen.“
Auch mit Blick auf Goldminenaktien ergeben sich Chancen. Zwar hat der Sektor bislang kaum vom Preisanstieg des physischen Goldes profitiert – der Goldminenindex liegt rund 25% unter dem Niveau von 2011 –, doch viele Unternehmen agieren heute deutlich disziplinierter. Statt in teure Übernahmen oder spekulative Projekte zu investieren, setzen viele Produzenten auf Schuldenabbau, Aktienrückkäufe und Dividendenerhöhungen. Royalty-Unternehmen und mittelgroße Produzenten in stabilen Jurisdiktionen könnten in diesem Umfeld besonders attraktiv sein – vor allem, wenn der Goldpreis seinen strukturellen Aufwärtstrend fortsetzt.
Gold und Goldminenindex
Quelle: Macrobond/Bloomberg
Langfristiger Wertspeicher in unsicheren Zeiten
Langfristig bleibt Gold vor allem eines: ein strategisches Instrument zur Absicherung gegen geldpolitische und geopolitische Risiken. Der Kaufkraftverlust westlicher Währungen – seit 2000 hat der US-Dollar rund 50% an realer Kaufkraft eingebüßt – kontrastiert mit der Wertstabilität von Gold, das im gleichen Zeitraum eine annualisierte Rendite von rund 10% erzielte. In einer Welt mit wachsenden Schuldenbergen, geopolitischer Fragmentierung und schwindendem Vertrauen in zentrale Institutionen spricht vieles dafür, dass Gold auch künftig einen festen Platz in der strategischen Asset Allocation behalten wird.
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