Wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erzählen. Nun, eventuell auch deswegen, weil er dauernd irgendwo rumsitzt bzw. rumsteht und darauf wartet, dass das Taxi endlich kommt, das Boarding endlich losgeht oder, dass die alte Dame, die in der Reihe vor einem sitzt, endlich den blöden, viel zu großen Koffer im eh schon völlig überfüllten Gepäckfach verstaut und man mithin ein bisserl mehr Zeit zum Nachdenken hat als gewöhnlich. Ähnlichkeiten mit tatsächlichen Ereignissen und Personen sind natürlich völlig unbeabsichtigt und allenfalls völlig zufällig. ;-)
Aber nun schnurstracks zum Ergebnis bzw. den aus der Überzeit entstanden Gedanken. Irgendwo hab ich einmal gelesen, dass, hätte man nur mehr eine Stunde Zeit bis zum Ende allen Seins, sollte man davon 55 Minuten darauf verwenden, die richtige Frage zu stellen und nur 5 Minuten, um sich um die Antwort zu kümmern. Nun, in der konkreten Situation, warat´s dann wahrscheinlich wurscht, hoffen wir also, dass uns noch ein bisserl mehr Zeit bleibt! :-)
Also die Frage: Was wäre, wenn die systemische Staatsverschuldung in der entwickelten Welt (dem globalen Norden, den Demerging Countries, however you want to call them) inzwischen ein Niveau erreicht hätte, das das System nicht mehr zu tragen imstande ist? Ist so, wissen wir, werden jetzt einige sagen. Schön, hilft uns aber nicht. Entscheidend ist diesfalls einzig der Zeitpunkt, an dem der Damm bricht.
Was wäre also weiter, wenn wir nicht mehr allzuweit von dem Punkt entfernt wären, wo uns das Ganze final um die Ohren zu fliegen droht? Trauen wir den Regierungen, den Nationalbanken etc. zu, die Dose noch einmal die Straße runterzukicken, oder geht sich´s diesmal endgültig nicht mehr aus?
Schuldenschnitt und globale Währungsreform, Bretton Woods 2 oder so sollte uns da in den Sinn kommen, dächten wir an einen geordneten Prozess. Was aber, wenn sich die großen überschuldeten Länder und Blöcke nicht auf ein gemeinsames Vorgehen einigen können und eine nicht unwesentliche Nation vorprescht und zum Beispiel alle ihre zinstragenden Staatsanleihen in 100-jährige Nullkuponanleihen zwangsumwandelt?
Na für die betreffende Währung wär es kurzfristig wohl nicht ganz so gut und die Finanzmärkte würde es wohl auch ein bisserl ins Chaos stürzen, aber am Samstagabend gepaart mit der Ankündigung die Börsen am Montag mal nicht aufzusperren und das auch nicht zu tun, bis sich der Staub gelegt hat, tät das wahrscheinlich schon irgendwie gehen. Das insbesondere dann, wenn das Zinsniveau ex ante eh schon massiv gedrückt war und die Kurve flach, wie eine Flunder wäre.
Mittelfristig brauchts dann noch ein paar Kapitalverkehrskontrollen und ein bisserl Inflation - die Währung hat bis dahin ja bereits ordentlich abgewertet - und saniert ist die Geschichte. Nicht, dass ich ihn gelesen hätt den Mar-al-Lago Accord, aber wenn wer einen Plan hätt in die Richtung und lieber erster als zweiter bei der Neuordnung der Welt wäre, dann schiene mir das ein verfolgenswerter Ansatz… Warum steigt das Gold nochmal als gäb´s kein Morgen?
Anyways, wie wir in den großen (Schulden)Krisen (SubPrime, Lehmann, Griechenland etc.) der vergangenen Jahrzehnte gelernt haben ist der allgemeine Wille, die Angelegenheit nicht vollends vor die Hunde gehen zu lassen, bisher immer groß genug gewesen. Allerdings haben da am Ende immer lauter Senior People mit Verständnis der Zusammenhänge an einem Strang gezogen. Könnte diesmal anders sein, fällt mancherorts schon die Entscheidung bzw. die Festlegung schwer, ob nun die Russen oder die Ukrainer, die bösen sind.
Es bleibt also einmal mehr ziemlich spannend, diesmal halt nicht nur bis nächsten Mittwoch! :-)
Glück Auf!
Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH
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