Hans Peter Portner, Head of Thematic Equities bei Pictet Asset Management, war maßgeblich am Aufbau des laut Morningstar weltweit führenden thematischen Investment-Franchise beteiligt. In diesem Interview spricht er mit uns über die Ursprünge, die philosophischen Prinzipien und die dramatischen Herausforderungen, mit denen die Investmentmanager konfrontiert sind.
Wie sind die thematischen Investments entstanden?
Hans Peter Portner: Wir haben 1995 eine Biotech Strategie aufgelegt, als die DNA-Sequenzierung noch eine Herkulesaufgabe war, und fast ein Jahrzehnt, bevor das menschliche Genom vollständig entschlüsselt war. Das war vorausschauendes Timing. In den darauffolgenden Jahren haben wir einen starken Track Record aufgebaut, sodass die Strategie zum Ende des Jahrzehnts, als der Nasdaq in die Höhe schoss, auf große Nachfrage stieß.
Im Jahr 2000, als das Internet in aller Munde war, befassten wir uns intensiv mit dem Thema und stellten fest, dass globale Trends wie Urbanisierung, Industrialisierung, Bevölkerungswachstum und Klimawandel die Nachfrage nach Wasserressourcen beeinflussen würden.
Wir waren eindeutig auf der richtigen Spur, denn unsere Water Strategie war von Anfang an ein Erfolg: In den ersten drei Jahren übertraf sie den globalen Aktienindex um 7% auf Jahresbasis, sodass beträchtliche Anlagesummen in die Strategie flossen.
Welche Rolle haben Sie bei der Entwicklung der Water Strategie gespielt?
Hans Peter Portner: Die Water Strategie war das eigentliche Sprungbrett für die Entwicklung des thematischen Fondsangebots von Pictet Asset Management. Ich war von Anfang an an der Strategie beteiligt und übernahm schon früh die Leitung. Wir entwickelten einen rigorosen Investmentprozess, der dann zur Blaupause für alle nachfolgenden Strategien wurde.
Water wurde zu unserer thematischen Leitstrategie. Kurze Zeit später legten wir weitere Strategien auf: Timber, Clean Energy, Nutrition und Global Environmental. Alle orientierten sich an der Water Strategie, alle beruhten auf denselben Anlageüberzeugungen, die es uns ermöglichten, eine gemeinsame Plattform für thematische Aktien aufzubauen.
Worauf sind Sie besonders stolz?
Hans Peter Portner: Ich bin sehr stolz auf das starke Team, das ich für die Global Environmental Strategie – die mittlerweile eine der größten ihrer Art ist – begeistern konnte. Anfangs war das einfach nur eine lineare Kombination unserer Strategien Water, Timber, Clean Energy und Agriculture. Wir waren Vorreiter bei der Anwendung des wissenschaftlichen Konzepts der planetaren Belastungsgrenzen zur Bestimmung unseres Anlageuniversums (siehe Abb. 1). Dank dieses Ansatzes und der starken absoluten und relativen Performance der Strategie im Vergleich zum globalen Aktienindex konnten wir sie in kurzer Zeit erheblich ausbauen.
Wie können Sie sich einen Vorteil verschaffen, wenn ein und dieselbe Aktie von Dutzenden weiterer Analysten bei anderen Investmentgesellschaften beobachtet und analysiert wird?
Hans Peter Portner: Es geht nicht nur um die Betrachtung von Zahlen. Ein Beispiel: Vor etwa 20 Jahren nahm ich an einer Konferenz der Wasserversorger teil, die in einem teuren Hotel in Zürich stattfand. Auch die Geschäftsführer von zwei führenden US-Wasserunternehmen nahmen daran teil. An dem Morgen, an dem die Konferenz begann, regnete es in Strömen – wahrscheinlich ganz passend für eine Veranstaltung der Wasserwirtschaft. Ich war bis auf die Haut nass, als ich ankam, und wen sehe ich da, den Geschäftsführer eines der Unternehmen, wie aus dem Ei gepellt, weil er eine Suite direkt in diesem sehr teuren Tagungshotel gebucht hatte. Hinter mir stand der andere Geschäftsführer. Er war genauso durchnässt wie ich, hatte in einem günstigen Hotel übernachtet und sah etwas müde aus, weil er in der Economy Class aus den USA hergeflogen war. In diesem Moment lernte ich viel über die Kostenkulturen dieser beiden Unternehmen. Ich habe immer die Aktien des Unternehmens mit dem sparsamen Geschäftsführer bevorzugt – und das hat sich für mein Portfolio bezahlt gemacht.
Es ist also wichtig, sich die Mühe zu machen, hinter die Kulissen zu schauen.
Hans Peter Portner: Das ist wichtig – und verlangt einem viel ab. Und damit meine ich nicht nur das Jetleg oder den schnellen Imbiss am Flughafen. Ich denke hier an einen unserer Kollegen, Philippe Rohner, der ein Treffen mit der Geschäftsleitung eines indischen Wasserunternehmens im Oberoi Hotel in Mumbai organisiert hatte. Er hatte gerade erst eingecheckt, als Terroristen das Gebäude stürmten und mit Maschinengewehren um sich schossen. Philippe versteckte sich hinter dem Empfangstresen und überlebte mit der Hilfe des Hotelpersonals das Blutbad, bei dem 166 Menschen ums Leben kamen.
Solche schrecklichen Ereignisse sind in unserer Branche zum Glück die Ausnahme, auch wenn es manchmal heißt, dass man in der Finanzbranche mit Haien schwimmt.
Zum 10-jährigen Jubiläum der der Water Strategie mietete unser Pariser Vertriebsteam das Trocadero Aquarium für eine Kundenveranstaltung. Die Gäste saßen um eines der riesigen Becken herum und sahen zu, wie ein Taucher, der ein T-Shirt mit meinem Namen trug, ins Wasser sprang. Er schwamm buchstäblich mit den Haien. Ich stand außer Sichtweite, und als der Taucher das Becken verließ, schüttete ich mir ein Glas Wasser über den Kopf, trat auf die Bühne und trocknete mir mit einem Handtuch die Haare. Einige Kunden kommen immer noch zu mir und fragen mich, wie es war, Auge in Auge mit den Haien zu tauchen!
Was macht den Erfolg von Pictet Asset Management bei thematischen Investments aus?
Hans Peter Portner: Der Erfolg unserer thematischen Investments liegt in unserer Fähigkeit, innovativ zu sein anstatt dem Markt zu folgen und unsere Ideen auf langfristige Megatrends (siehe Abb. 1) statt auf kurzfristige Hypes zu gründen. Hinzu kommt die Stabilität der Unternehmensführung und die Homogenität unserer Anlageüberzeugungen und -prozesse – auch wenn wir unsere Strategien ständig verfeinern und an die Entwicklung anpassen. In den vergangenen 30 Jahren ist es uns gelungen, ein sehr talentiertes, loyales Team aufzubauen, das in gegenseitigem Vertrauen, kompetent, kooperativ und souverän von Genf aus agiert. Diese Investmentplattform wird wiederum durch das einzigartige Vertriebsnetz von Pictet Asset Management unterstützt.
Die Breite und Tiefe unseres Portfolios thematischer Investments ist unübertroffen. Der Aufbau einer solchen Sparte braucht Zeit, Geduld und eine strategische Perspektive. Das ist wie bei der Anlage eines großen Parks – man braucht eine Vision, eine langfristige Perspektive und die Mittel, um ihn wachsen und gedeihen zu lassen. Und dann ist da noch unser Anlageprozess, bei dem spezialisierte Investmentmanager in spezialisierte Unternehmen investieren, die in äußerst dynamischen Branchen tätig sind.
Wie wir uns einen Vorteil gegenüber, sagen wir, passiven Strategien verschaffen?
Hans Peter Portner: Wir verwenden viel Zeit und Ressourcen auf die Analyse der Positionierung eines Themas mit Hilfe unserer Themenbeiräte – das sind externe Berater, Wissenschaftler und Branchenexperten, die uns bei unseren Überlegungen und Ideen fachlich zur Seite stehen. Wir haben 14 Themenbeiräte mit insgesamt 35 externen Experten, die unsere interne Expertise ergänzen. Dank dieser Wissenstiefe können wir zeitnah und clever auf technologische Veränderungen reagieren.
Haben thematische Investments eine Zukunft?
Hans Peter Portner: Zu investieren bedeutet immer, in die Zukunft von etwas zu investieren – in die Zukunft der Ernährung, der Arbeit, der Medizin, des Reisens, des Konsums, der industriellen Produktion usw. Thematische Investments stellen einen sehr gezielten Ansatz für die Zukunft dar. Sie sind nur eine Form des in hohem Maße aktiven Investierens in Aktien. Mit der Unterstützung unserer Themenbeiräte und Think Tanks wie dem Copenhagen Institute of Future Studies (siehe Abb. 2) werden wir auch weiterhin die Trends analysieren, die die Zukunft beeinflussen. Dank unserer großen Plattform an thematischen Aktienlösungen können wir maßgeschneiderte Portfolios zusammenstellen, die präzise auf die Bedürfnisse und Präferenzen der Investoren abgestimmt sind. Das ist besonders für institutionelle Kunden interessant.
Die thematischen Investments von Pictet Asset Management sind so erfolgreich, weil sie die Anlagephilosophie der Pictet-Gruppe widerspiegeln. Wir nehmen seit jeher eine langfristige Perspektive ein. Wenn man nicht bereit ist zu warten, sollte man es lassen. Und wenn man sich einem Ansatz verpflichtet, sollte man auch voll und ganz davon überzeugt sein. Wir haben uns zum Beispiel von Anfang an auf verantwortungsbewusstes Handeln konzentriert. Wir haben soziale, ökologische und Governance-Risiken ernst genommen. Viele Wettbewerber sind einfach auf den Zug aufgesprungen, als das Thema ESG aufkam. Viele von ihnen ziehen sich jetzt wieder zurück, weil der politische Wind nun aus einer anderen Richtung weht. Wir aber bleiben engagiert, weil wir diese Dinge für wichtig halten.
Wenn Sie Ihre Investmentkarriere noch einmal von vorne beginnen könnten, würden Sie dann etwas anders machen?
Hans Peter Portner: Mit dem Wissen von heute hätte ich meine Anlageüberzeugungen vielleicht früher definiert.
Mitte der 1990er Jahre, noch vor meiner Zeit bei Pictet, ich war damals erst wenige Jahre als Investmentmanager tätig, übernahm ich die Verantwortung für das Management des Aktiensegments eines Pensionsfondsportfolios. Eines der Unternehmen im Portfolio stellte Technologiehardware her. Der Absatz boomte, und der Aktienkurs ging in die Höhe. Ich konnte aber die geschäftlichen Fundamentaldaten des Unternehmens oder seine langfristigen Aussichten nicht einschätzen. Nachdem die Aktien noch einige Wochen im Höhenflug waren, nahm ich Gewinne mit. Das Unternehmen war Cisco.
Von dem Zeitpunkt, zu dem ich die Aktie verkaufte, bis zu ihrem letztendlichen Höchststand in der Dot-Com-Phase – das war kurz vor dem Tech-Boom der späten 1990er Jahre –stieg der Kurs der Aktie um etwa das 20-fache. Diese Erfahrung hat mich zwei Dinge gelehrt.
Erstens, dass man im Investmentbereich ein Spezialist sein muss. Einfach nur ein Portfoliokonstrukteur zu sein, der sich aus einem Pool von Werten bedient, die von Branchenanalysten empfohlen werden, reicht nicht aus. Man muss ein Branchenexperte sein und sich in der Tiefe mit Aktien auskennen, um langfristig eine robuste, wiederholbare Outperformance für die Kunden erzielen zu können. Und zweitens, dass sich die Welt schneller verändert als zuvor und dass es sich sehr negativ auf die Investments auswirken kann, wenn man auf der falschen Seite des Wandels steht. Deshalb sind wir bei Pictet Asset Management langfristig orientiert und konzentrieren uns auf die Entwicklung von Megatrends – und das ist auch das Geheimnis des Erfolgs unserer thematischen Strategien in den letzten drei Jahrzehnten.
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