Ostrum AM Chefökonom Waechter: Ohne Politik verliert Europa seine Zukunft

Europa steht vor einer Zeitenwende: Politische Interessen dominieren zunehmend die Wirtschaft – ein Paradigmenwechsel seit der Pandemie. Philippe Waechter, Chefökonom bei Ostrum AM (Natixis IM), zeigt, welche vier strategischen Hebel Europas Souveränität sichern können. Natixis Investment Managers | 12.08.2025 16:02 Uhr
Philippe Waechter, Chefökonom bei Ostrum AM (eine Tochtergesellschaft von Natixis IM) / © e-fundresearch.com / Ostrum AM (eine Tochtergesellschaft von Natixis IM)
Philippe Waechter, Chefökonom bei Ostrum AM (eine Tochtergesellschaft von Natixis IM) / © e-fundresearch.com / Ostrum AM (eine Tochtergesellschaft von Natixis IM)

Während der Globalisierung war die Welt wirtschaftlich geprägt. Mit der Pandemie ist sie politisch geworden.
Heute bestimmen politische Präferenzen die wirtschaftlichen Entscheidungen – früher, während der Hochphase der Globalisierung bis zur Pandemie, war es umgekehrt. Europa muss sich an diesen neuen Rahmen anpassen und darf nicht länger glauben, dass wirtschaftliche Macht allein ausreicht. Das ist seine zentrale Herausforderung.

Das Handelsabkommen zwischen der EU und den USA wurde auf europäischer Seite ausschließlich aus wirtschaftlicher Sicht abgeschlossen – mit der Begründung, dass ein besseres Ergebnis unmöglich sei. Für Trump hingegen hatte die Verhandlung ein klares politisches Ziel: die EU einzuschränken. Die Käufe von Flüssigerdgas (750 Milliarden USD über drei Jahre) sowie Investitionen von 600 Milliarden USD sind politische Vorgaben, um Europas Fähigkeit zur Eigenständigkeit zu begrenzen. In den Gesprächen über die Ukraine wird Europa von Trump und Putin ignoriert.

Europa muss politisch handlungsfähig sein – sonst werden seine primär wirtschaftlichen Entscheidungen in dieser neuen Weltordnung nicht zählen.

Vier strategische Hebel für Souveränität und Einfluss

Vier zentrale Handlungsfelder sind entscheidend, um Europas Zukunft zu gestalten: Innovationsfähigkeit (nach den Worten Mario Draghis), die Integration des europäischen Binnenmarkts (Letta-Bericht), die Integration der Finanzmärkte (Spar- und Investitionsunion) sowie der Klimaschutz. Ihre Umsetzung wird über die Fähigkeit entscheiden, Einnahmen zu generieren und den sozialen Zusammenhalt zu sichern. Dieses Maßnahmenpaket ist notwendig, aber nicht ausreichend, um Europas Souveränität und die Achtung seiner Entscheidungen in Brüssel und den Hauptstädten der Mitgliedstaaten zu gewährleisten.

Europa entstand aus wirtschaftlichen Gründen, weil eine politische Einigung in den frühen 1950er-Jahren – nur wenige Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg – unmöglich war. Der Vertrag von Rom und der daraus hervorgegangene gemeinsame Markt sollten letztlich eine gemeinsame politische Dynamik erzeugen. Europa hat zwar alle wirtschaftlichen Dimensionen vertieft, wenn auch nicht vollständig, wie der Letta-Bericht feststellt. Eine echte politische Dimension, die man von einer so großen und wohlhabenden Region erwarten könnte, hat es jedoch nie erlangt.

Die Welt hat sich verändert – sie wird nun von autokratischen Regimen dominiert. China, Russland, Indien, die Türkei und inzwischen auch die Vereinigten Staaten setzen auf harte und autoritäre politische Systeme. Für den Rest der Welt scheinen die Handlungsmöglichkeiten begrenzt. Hier könnte Europa seine Chance nutzen. Es kann sich nicht in die Logik großer autokratischer Staaten einfügen – das widerspricht seiner Kultur und Philosophie.

Europa muss jedoch politische Entscheidungen treffen, um weltweit gehört zu werden und eine starke Rolle einzunehmen. Diese Entscheidungen sind auch intern notwendig, um die Einheit der EU zu wahren und politische Zersplitterung zu verhindern. Andernfalls droht Europa, lediglich ein offener Markt für die Welt zu sein, ohne die Fähigkeit, Entscheidungen zu beeinflussen.

Von Philippe Waechter, Chefökonom bei Ostrum AM (eine Tochtergesellschaft von Natixis IM)

Weitere beliebte Meldungen:

Performanceergebnisse der Vergangenheit lassen keine Rückschlüsse auf die zukünftige Entwicklung eines Investmentfonds oder Wertpapiers zu. Wert und Rendite einer Anlage in Fonds oder Wertpapieren können steigen oder fallen. Anleger können gegebenenfalls nur weniger als das investierte Kapital ausgezahlt bekommen. Auch Währungsschwankungen können das Investment beeinflussen. Beachten Sie die Vorschriften für Werbung und Angebot von Anteilen im InvFG 2011 §128 ff. Die Informationen auf www.e-fundresearch.com repräsentieren keine Empfehlungen für den Kauf, Verkauf oder das Halten von Wertpapieren, Fonds oder sonstigen Vermögensgegenständen. Die Informationen des Internetauftritts der e-fundresearch.com AG wurden sorgfältig erstellt. Dennoch kann es zu unbeabsichtigt fehlerhaften Darstellungen kommen. Eine Haftung oder Garantie für die Aktualität, Richtigkeit und Vollständigkeit der zur Verfügung gestellten Informationen kann daher nicht übernommen werden. Gleiches gilt auch für alle anderen Websites, auf die mittels Hyperlink verwiesen wird. Die e-fundresearch.com AG lehnt jegliche Haftung für unmittelbare, konkrete oder sonstige Schäden ab, die im Zusammenhang mit den angebotenen oder sonstigen verfügbaren Informationen entstehen. Das NewsCenter ist eine kostenpflichtige Sonderwerbeform der e-fundresearch.com AG für Asset Management Unternehmen. Copyright und ausschließliche inhaltliche Verantwortung liegt beim Asset Management Unternehmen als Nutzer der NewsCenter Sonderwerbeform. Alle NewsCenter Meldungen stellen Presseinformationen oder Marketingmitteilungen dar.

Melden Sie sich für den kostenlosen Newsletter an

Regelmäßige Updates über die wichtigsten Markt- und Branchenentwicklungen mit starkem Fokus auf die Fondsbranche der DACH-Region.

Der Newsletter ist selbstverständlich kostenlos und kann jederzeit abbestellt werden.