Japan stand im Zeichen der Feierlichkeiten zur Inthronisierung von Kronprinz Naruhito. Zehn Tage lang – vom 27. April bis zum 6. Mai – waren Banken, Schulen, Regierungsbehörden und selbst die Börse in Tokio geschlossen. Damit feierte das fernöstliche Land seinen neuen Kaiser gebührend. Dessen Vater Kaiser Akihito dankte nach 31-jähriger Amtszeit am 30. April ab und übergab zum 1. Mai den Thron an seinen Sohn Naruhito.
Unmittelbar positiver Effekt auf das BIP
Der Wechsel des japanischen Staatsoberhauptes und die für japanische Verhältnisse unübliche Zahl von zehn aufeinanderfolgenden freien Tagen nahmen nach ersten Schätzungen des Reiseverbandes JTB eine Rekordzahl von 24,7 Millionen Japanern – etwa ein Fünftel der Gesamtbevölkerung – zum Anlass, Urlaub zu machen. Die meisten von ihnen dürften dabei im eigenen Land verreist sein, was einen unmittelbar positiven Effekt auf das Bruttoinlandsprodukt (BIP) des Landes für das laufende zweite Quartal haben dürfte. Die Hoffnung der Wirtschaft auf ein einträgliches Geschäft anlässlich der mehrtägigen Feierlichkeiten könnte sich aber auch schon deshalb erfüllen, weil der Kaiser-Wechsel nicht – wie üblich – durch den Tod des Tenno ausgelöst wurde, sondern erstmals seit rund zwei Jahrhunderten durch einen freiwilligen Rücktritt. Dadurch fühlen sich die Japaner nicht verpflichtet, sich wegen einer verhängten Staatstrauer in ihrem Konsum zurückzuhalten.
„Team Abe“ weiterhin auf Reformkurs
Doch auch die Wiederwahl von Premierminister Shinzo Abe zum Chef der Liberaldemokratischen Partei im September letzten Jahres sowie der gesellschaftliche Konsens für eine Fortsetzung der Deregulierungsreform und lockeren Geldpolitik glichen die zuletzt wieder zunehmenden negativen Markteinflüsse, bedingt durch den Handelskonflikt zwischen den USA und China, aus, die zuvor für eine gewisse Volatilität am japanischen Anlagemarkt gesorgt hatten. Diese Entwicklungen, sowie die jüngst zwischen der EU und Japan geschaffene weltweit größte Freihandelszone (EPA oder auch JEFTA), stimmen uns optimistisch, dass die japanische Wirtschaft die jahrzehntelange Phase von Deflation und Stagnation überwunden hat.
Wandel hin zu mehr Qualitätswachstum
In diesem Marktumfeld hat der Comgest Growth Japan (ISIN: IE0004767087) seinen Vergleichsindex erneut übertroffen. Wir führen dies auf die Erkenntnis des Marktes zurück, dass die tatsächlichen Gewinne der Unternehmen, in die wir investieren, nach wie vor stark sind und wachsen. Diese werden zunehmend rational bewertet, da sich der andauernde Wandel des japanischen Marktes zu mehr Qualitätswachstum fortsetzt. Dabei hilft auch, dass institutionelle Anleger aus Japan an ihren heimatlichen Aktienmarkt zurückkehren. Dieser Trend dürfte sich kaum umkehren, denn die Zahl der Rentner im Land steigt und die Unterfinanzierung der Pensionskassen wird immer problematischer. Staatliche Anreize etwa durch Regelungen zur Unternehmensführung und -kontrolle beschleunigen diese Entwicklung.
Im Folgenden möchten wir eine repräsentative Auswahl dieser Gewinne näher beleuchten, indem wir das Gewinnwachstum in Q4 mit dem des Vorjahreszeitraums vergleichen. Bei Murata etwa stieg das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) um 39%, was dem wachsenden Absatz mehrschichtiger Keramikkondensatoren, die in Autos und Smartphones zum Einsatz kommen, zu verdanken ist. Das Betriebsergebnis von Amada (Metallverarbeitung) stieg um 31%, was auf wachsende Absatzzahlen bei den Laserprodukten des Unternehmens zurückzuführen ist. Unter unseren Unternehmen, die von sozialen und regulatorischen Veränderungen in Japan beeinflusst werden, verbuchte Hikari Tsushin (Outsourcingdienste für kleine und mittelständische Unternehmen) ein um 52,1% höheres Betriebsergebnis, da das Unternehmen mehr Kunden gewinnen konnte und von wiederkehrenden Umsätzen profitiert. Der Relocationspezialist Relo steigerte dagegen den Betriebsgewinn um 15%, während der des in Tokio ansässigen Personalvermittlers Persol um 12% wuchs. Das stärkste Wachstum mit 22% entfiel dabei auf das Segment Festanstellungen, da Japaner häufiger den Arbeitsplatz wechseln und der Arbeitsmarkt stark im Fluss ist.
Im letzten Quartal trafen wir Hirofumi Tozawa, den Vorstandsvorsitzenden von GMO Payment Gateway. Bargeldlose Transaktionen nehmen in Japan stark zu, und GMO Payment Gateway ist für viele von ihnen der wichtigste lokale Abwicklungsanbieter. Die SMBC Bank hat zudem erst kürzlich die Zusammenarbeit mit GMO Payment Gateway für Zahlungen mit ihren Kreditkarten bekannt gegeben. Dies wird den größten Teil des Kartenverkehrs von SMBC auf GMO Payment umlenken. Das jüngste Ratenkaufgesetz, das die Zahlungssicherheit erhöht, hat der Plattform von GMO Payment Gateway zusätzlich 100 große Händler als Kunden beschert, wodurch das Transaktionsvolumen um 30% steigen könnte.
Neu im Portfolio des Comgest Growth Japan ist Recruit, eine weltweit führende Plattform für Human Resources, die jüngst Indeed und Glassdoor übernommen hat. Zudem setzten wir eine Position bei Hoya auf, das zu den führenden Anbietern von Komponenten zur Halbleiterherstellung gehört und bei der Herstellung von Brillengläsern die weltweite Nummer zwei ist.
Als Bottom-up-Stock Picker spielen Sektorgewichtungen bei der Zusammensetzung unseres Portfolios keine Rolle. Letzteres setzt sich aus einem ausgewogenen Mix aus Binnenmarktunternehmen sowie Exporteuren zusammen.
Das Gewinnwachstum ist in Japan seit dem Amtsantritt von Premierminister Shinze Abe deutlich höher als im Rest der Welt. Dafür sind Faktoren wie z.B. Steuersenkungen und die Konzentration auf Kernkompetenzen ausschlaggebend. Bei unseren Portfoliounternehmen bleibt unser Fokus auf nachhaltiges Wachstum unabhängig vom Wirtschaftsumfeld. Weitsichtige Unternehmensführung und Respekt von Minderheitsaktionären sind uns wichtig. Wir haben über die vergangenen 10 Jahre erfolgreich unsere Quality Growth Strategie in Japan umsetzen können. Unsere Unternehmenskontakte zeigen, dass es weiterhin ein großes Becken an langfristigen Wachstumsunternehmen in Japan gibt. Das ist eine gute Basis für unser Stock Picking der kommenden Jahre.
Richard Kaye, Portfoliomanager, Comgest