Eva Fornadi zufolge gaben die globalen Aktienmärkte nach starken Zuwächsen in den ersten beiden Quartalen des Jahres 2021 in den vergangenen Wochen stark nach. Neben der im September öfter zu beobachtenden Korrektur an den Börsen spielte zunächst die Sorge, die Deltavariante des Coronavirus könne die Erholung beeinträchtigen, eine wesentliche Rolle. Diese Befürchtung ließ jedoch angesichts des guten Impffortschritts nach. Anschließend erhöhte eine Reihe von Zentralbanken weltweit ihre Leitzinsen, die meisten erstmals seit Beginn der Pandemie. Gleichzeitig signalisierten die US-amerikanische Fed und die Bank of England einen Schritt in Richtung strafferer Geldpolitik. „Zu viel billiges Geld über zu lange Zeit birgt die Gefahr einer Hochinflation, vor allem im Kontext einer Weltwirtschaft, die sich gut von der Pandemie erholt. Für Aktienmärkte bedeutet dies jedoch weniger Geld zur Stützung der Aktienkurse. Schließlich schürte die Nachricht, dass der chinesische Immobilienentwickler Evergrande seine Anleihegläubiger nicht bezahlen kann, die Angst vor einer Ansteckung“, erläuterte die Expertin, die kürzlich zum zweiten Mal in Folge von Citywire unter die besten 30 weiblichen Fondsmanagerinnen weltweit gekürt wurde.
Preissetzungsmacht als Schutzschild
Den europäischen Unternehmen, in die sie und ihr Team investieren, dürften diese Ereignisse allerdings keine großen Sorgen bereiten. Aufgrund ihrer Preissetzungsmacht sollten sie in der Lage sein, den Inflationsdruck auszugleichen. Auch steigende Fremdkapitalkosten dürften sie aufgrund ihrer sauberen Bilanzen kaum beeinträchtigen. „Wir als Bottom-up-Investoren stellen keine Prognosen zu Inflation. Stattdessen selektieren wir Aktien mit starken ökonomischen Burggräben, bei denen wir überzeugt sind, dass sie Gegenwind aus ihrem Umfeld wie etwa generelle Preissteigerungen gut überstehen können“, so die Portfoliomanagerin. Umgekehrt meidet Comgest Aktien, die diese Bedingungen nicht erfüllen. In den europäischen Strategien hat das Team beispielsweise in den letzten 30 Jahren nie in Aktien investiert, die stark auf Zinsen reagieren, wie es bei Banken und Versicherungen oft der Fall ist. Fornadi ist der Überzeugung, dass sich Burggräben in Preissetzungsmacht niederschlagen, die effektiv vor Inflation schützen kann. Als Beispiel nennt sie den globalen Luxuskonzern LVMH. Einige der Mode-Marken von LVMH waren im vergangenen Sommer in der Lage, in verschiedenen Märkten ihre Preise signifikant zu erhöhen und so die gestiegenen Materialkosten auszugleichen.
Frühzeitige Anlage in Börsenneulinge
Unter den Europa-Strategien von Comgest hebt Eva Fornadi insbesondere den „Comgest Growth Europe Opportunities“ Fonds hervor. Dieser sucht, wie bei Comgest üblich, nach Qualitätswerten mit starken Geschäftsmodellen und stabilem, vorhersehbarem Wachstum. Jedoch ist das Gewinnwachstumsziel von mindestens 15% p.a. höher als im Flagschiffonds Comgest Growth Europe, weshalb auch nach Unternehmen Ausschau gehalten wird, die sich in einem frühen Stadium ihres Wachstumskurses befinden. Diese Unternehmen müssen jedoch ihre Fähigkeit beweisen, über einen Konjunkturzyklus stark zu wachsen und in einem schwierigen Makroumfeld hochprofitabel zu sein. Als Beispiel für eine frühzeitige Anlage in einen Börsenneuling nennt Fornadi die Schweizer VAT Group. „Wir sehen langfristigen Rückenwind durch die strukturell bedingte Zunahme der Digitalisierung. VAT ist mit 50 Prozent Marktanteil globaler Marktführer bei der Entwicklung und Produktion hochwertiger Ventile für Vakuumpumpen und setzt hohe Eintrittsbarrieren“, sagt sie. Beispielhaft für Letzteres nennt Fornadi eine eigens patentierte Technologie, die sich auf hohe F&E-Investitionen stützt, sowie starke Kundenbeziehungen seit 15 bis 20 Jahren. Nicht zuletzt sind 80 Prozent der Ventile kundenspezifische Produkte und aufgrund der langwierigen Komponentenzertifizierung gibt es hohe Wechselkosten.
Krisen als Charaktertest
Abschließend ging die Portfoliomanagerin auf den Aspekt des nachhaltigen Investierens bei Comgest ein. Das hauseigene ESG-Team ist in den letzten Jahren auf sechs Köpfe gewachsen. „Das Verhalten der Unternehmen während der Pandemie eröffnete uns einen zusätzlichen Blickwinkel, aus dem wir ihre Unternehmenskultur betrachten können. Es galt nicht nur, die operative Geschäftstätigkeit aufrechtzuerhalten, sondern auch Mitarbeiter, Kunden, Lieferanten und Aktionäre gleichermaßen zu bedienen bzw. zu unterstützen. Die Art und Weise, wie sich Unternehmen dieser Herausforderung stellten, lässt für Anleger Rückschlüsse auf das ESG-Qualitätsniveau eines Unternehmens zu, was wiederum Auswirkungen auf dessen Gewinnpotential und seine Zukunftsfähigkeit hat“, führt sie weiter aus.
Diversität als Erfolgsfaktor
Prinzipiell ist man bei Comgest der Ansicht, dass Diversität in Teams zu stärkeren Debatten und somit besseren Investmententscheidungen führt. Für Comgest arbeiten mehr als 190 Mitarbeiter aus mehr als 30 Nationen, wovon knapp die Hälfte weiblich sind. „Bei uns sind alle Portfoliomanager auch Analysten, die meiste Zeit investiert das Team in Fundamental-Research. Durchschnittlich ist jeder Portfoliomanager mehr als 12 Jahre bei Comgest tätig, was sicher auch auf die außergewöhnliche Eigentümerstruktur zurückzuführen ist. Wir sind selbst Anteilseigner des Unternehmens“, so Fornadi abschließend.