Der KI-Boom hält an. Milliarden fließen in die Entwicklung und das Training von Sprachmodellen, und die großen Hyperscaler. Microsoft, Amazon, Google und Meta – haben ihre Investitionsbudgets auf ein historisches Niveau von 400 bis 450 Milliarden US-Dollar jährlich hochgeschraubt. Doch was bedeutet das für Anleger?
NVIDIA: Dominanz mit eingebauter Volatilität
NVIDIA steht im Zentrum der KI-Revolution. Das Unternehmen ist der unangefochtene Marktführer für GPUs, die für das Training und die Nutzung von Large Language Models unerlässlich sind. Ein Großteil der Milliardeninvestitionen der Hyperscaler fließt direkt in die Beschaffung von NVIDIA-Hardware. Unsere Haltung ist jedoch vorsichtig. Wir halten fünf Prozent unseres Fonds in NVIDIA. Das ist faktisch eine Untergewichtung von neun Prozent. Grund dafür ist die enorme Abhängigkeit des Unternehmens von einigen wenigen Kunden – wahrscheinlich nicht mehr als zehn – und das Fehlen wiederkehrender Umsätze.
Die Zahlen verdeutlichen das Risiko: 2024 werden die Hyperscaler zusammen rund 400 Milliarden US-Dollar an Investitionen tätigen, wovon der Löwenanteil in Infrastruktur für KI fließt. Gleichzeitig generiert OpenAI gerade einmal 13 Milliarden US-Dollar Umsatz, mit dem gesamten generativen KI-Markt auf rund 20 Milliarden geschätzt. Dieses Verhältnis ist nicht nachhaltig. Jeder Rückgang der Investitionen oder eine Pause im Capex-Zyklus könnte den Kurs von NVIDIA empfindlich treffen. Schon die Veröffentlichung von Deepseek, die zeigte, dass KI-Modelle auch auf günstigeren Chips lauffähig sind, ließ die Aktie an einem Tag um 17 Prozent einbrechen. Trotzdem bleibt NVIDIA im Portfolio wegen seiner unbestrittenen Innovationskraft und klaren Marktführerschaft. Die Upside ist da, aber wir managen das Risiko aktiv.
Generative KI: Zwischen Euphorie und Ernüchterung
Der Launch von ChatGPT löste eine Euphorie aus, welche die Fantasie der Investoren beflügelte. Softwareunternehmen wie Adobe und Intuit sahen kurzfristige Kurssprünge, weil Investoren auf neue Umsatzpotenziale durch KI-Funktionen setzten. Doch die Realität bremste schnell: Im Unternehmenssegment fließt bisher kaum Geld. Selbst Adobe, das KI-Funktionen in seine Kreativ-Software integriert hat, wird 2024 gerade einmal 250 Millionen US-Dollar an KI-Umsätzen verbuchen – bei einem Gesamtumsatz von 20 Milliarden.
Privatkunden hingegen greifen zu: OpenAI verzeichnet ein starkes Wachstum bei seinen Abonnements für 20 US-Dollar pro Monat, während die Pro-Versionen für 200 US-Dollar von Profis genutzt werden. Das zeigt, wie rasant sich Konsumentenlösungen verbreiten. Aber der große Hebel für die Branche – die Monetarisierung im Enterprise-Sektor – ist bislang ausgeblieben.
Wir setzen deshalb auf die Hyperscaler als stabile Basis. Egal, wer am Ende das beste Modell hat: Es muss in der Cloud betrieben werden. Und diese Cloud gehört nur wenigen Anbietern. Deshalb zählen Microsoft, Amazon, Google und Oracle zu den Kernpositionen des Fonds. Sie profitieren von jedem KI-Trend, egal ob der Marktführer am Ende OpenAI, Anthropic oder ein heute noch unbekanntes Start-up ist.
Google und die Bedrohung durch Deepseek
Google, lange unangefochten im Suchgeschäft, erlebt durch ChatGPT und Gemini einen doppelten Druck. Einerseits wuchs die Nutzung von Chatbots und LLMs so rasant, dass sich erste Marktanteilsverluste bei der klassischen Google-Suche abzeichnen. Andererseits trifft die sogenannte „Innovator’s Dilemma“ zu: Hätte Google frühzeitig aggressiver auf generative KI gesetzt, hätte es das eigene Suchgeschäft kannibalisieren können.
Mit Gemini ist Google inzwischen gut aufgestellt, die Zahl der Nutzer wird auf 400 bis 500 Millionen geschätzt. Gleichzeitig zeigt die Episode Deepseek, wie fragil selbst ein dominanter Markt sein kann. Das Start-up demonstrierte, dass leistungsfähige KI-Modelle auch auf günstigerer Hardware betrieben werden können – ein Warnsignal für NVIDIA, aber ein Hoffnungsschimmer für die Hyperscaler, die ihre Kosten senken wollen. Die günstigere Rechenleistung bedeutet mehr Nutzung, mehr Daten und am Ende ein größeres Ökosystem für KI.
Apple: Abgehängt im KI-Wettlauf
Eine der größten Überraschungen des KI-Booms ist der relative Stillstand bei Apple. Während Microsoft und Google Milliarden in generative KI investieren, scheint der iPhone-Konzern abseits des Spielfelds zu stehen. Apple ist aus unserer Sicht nirgendwo im KI-Rennen. Das Unternehmen hat 2024 bereits 20 Prozent an Wert verloren, das Kurs-Gewinn-Verhältnis sank von 30 auf 25.
Das Problem liegt im Geschäftsmodell: Apple verdient an der Hardware und an der 30-Prozent-Abgabe auf Käufe im App Store. Ob und wie sich generative KI in diese Kette integrieren lässt, ist unklar. Ein KI-gesteuertes Siri, bessere Fotos oder smarte Mails reichen nicht, um ein neues Supercycle beim iPhone zu erzeugen. Gleichzeitig droht der Verlust von jährlich 20 bis 25 Milliarden US-Dollar an Google-Zahlungen, sollte das US-Justizministerium die bestehende Vereinbarung wegen Monopolmissbrauch kippen. Der Fonds hält derzeit nur 1,5 Prozent Apple-Aktien – eine deutliche Untergewichtung von zehn Prozent. Erst die anhaltende Underperformance überzeugte ihn, überhaupt eine kleine Position zu eröffnen.
Gemiedene Highflyer und ihre Fallstricke
Neben den großen KI- und Cloud-Akteuren verfolgen wir einen disziplinierten Ansatz bei gehypten Titeln. Palantir ist wegen seiner extremen Bewertung – das 70fache des Umsatzes – nicht von Interesse. AppLovin, das Mobile-Gaming-Werbung dominiert und zuletzt auf 100 Milliarden US-Dollar Marktkapitalisierung stieg, meiden wir ebenfalls, weil der zugrunde liegende Markt stagniert und das Wachstum zu schnell erfolgte. Auch MicroStrategy und ähnliche Krypto-Experimente sind kein Thema: Warum sollte man 100 Dollar zahlen für etwas, das 50 wert ist, nur weil es in einer Firma liegt? Für Anleger bedeutet das: Geduld, Diversifikation innerhalb des Tech-Sektors und ein klarer Fokus auf Unternehmen, die von der KI-Infrastruktur profitieren – nicht nur auf jene, die die Schlagzeilen beherrschen.
Von Sverre Bergland, Portfoliomanager DNB Fund Technology
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