In der ersten Jahreshälfte 2019 kennzeichnete eine gewisse Wiederherstellung des Gleichgewichts zwischen der Aussicht auf eine globale wirtschaftliche Abkühlung und angekündigten Unterstützungsmaßnahmen der Zentralbanken die Märkte. Am Ende dieses Sommers gerät dieses Gleichgewicht jedoch langsam ins Wanken.
Das Risiko steigt, dass die politischen Maßnahmen zur Stimulierung der Wirtschaft nicht ausreichen, um die sich offensichtlich ausweitende weltweite Verlangsamung auszugleichen. Die US-Indikatoren deuten darauf hin, dass die weltwirtschaftliche Abkühlung inzwischen auch die USA erreicht hat. Anders als 2016 und vor allem 2009 und 2012 scheint China dieses Mal nicht die Rolle der Wachstumslokomotive für die Weltwirtschaft zu übernehmen.
Daher muss dieses Mal die US-Notenbank mit ihrer Geldpolitik einen noch stärkeren globalen Abschwung verhindern. Der Vorsitzende der Fed hat in seiner Rede vom 23. August nicht den Eindruck erweckt, dass eine deutliche geldpolitische Lockerung unmittelbar bevorsteht.
Das aktuelle Gleichgewicht wird daher durch die zu langsame geldpolitische Reaktion der US-Währungshüter auf die weltwirtschaftliche Verlangsamung gefährdet, was die Zurückhaltung an den Märkten rechtfertigt.
US-Wirtschaft gerät in den Sog der globalen Abkühlung
Die bisher robuste Verfassung der US-Wirtschaft lässt sich zum Teil durch folgende natürliche klassische Stabilisatoren erklären: beschleunigter Zinsrückgang 2019 mit entsprechendem Positiveffekt auf den Immobilienmarkt, sinkende Rohstoffpreise und dadurch steigende Kaufkraft und schließlich Aufwertung des US-Dollars und dementsprechende Verbilligung von Einfuhren.
Dabei ist jedoch zu bedenken, dass diese Stabilisatoren auch einen beginnenden Abschwung signalisieren. Der Zinsrückgang dämpft die Gewinne von Banken und der starke Dollar bremst die Exporttätigkeit, verstärkt den Deflationsdruck und belastet Schwellenländer.
Daneben haben sich auch andere wichtige US-Frühindikatoren bereits eingetrübt, unter anderem die Unternehmensinvestitionen. Es steht zu befürchten, dass die Unsicherheit aufgrund des Verhaltens von US-Präsident Trump bei den Verhandlungen mit China das Vertrauen der Wirtschaftsbosse dauerhaft beschädigt hat. Obwohl eine rasche Einigung im Interesse beider Seiten zu sein scheint, ist sie angesichts ihrer jeweiligen politischen und geostrategischen Ziele kaum ein zuverlässiges Basisszenario.
Deutschland angeschlagen
Deutschland bekommt die allgemeine Abkühlung wesentlich direkter und schon deutlich länger zu spüren als die USA und ist daher auch deutlich stärker betroffen. Die in Deutschland regierende große Koalition denkt bereits laut über eine Erhöhung der Staatsausgaben nach, um die Wirtschaft zu stimulieren. Umfang und Zeitplan der Ausgabenerhöhungen hängen jedoch vom Schicksal einer wackligen Koalition ab, sodass die Umsetzung und Effizienz der Maßnahme auf kurze Sicht zweifelhaft erscheinen.
Die gute Nachricht für Europa, dass Deutschland mit seiner Haushaltspolitik den Konjunkturzyklus unterstützen wird, könnte daher noch einige Zeit auf sich warten lassen.
China ist nicht mehr die Rettungsinsel für den Westen
Die Hoffnung, dass Chinas Maßnahmen zur Unterstützung seiner Binnenwirtschaft auch das globale Wachstum fördern werden, schwindet. Diese Haltung zeigt unseres Erachtens, dass China über einen geringeren Handlungsspielraum verfügt als in den letzten Phasen des Abschwungs, und Peking angesichts der strategischen Bedeutung seiner Beziehung zu den USA das Risiko eines kurzfristigen konjunkturellen Dämpfers in Kauf nimmt. China scheint bereit, dies noch einige Zeit durchzuhalten.
Fed gibt sich unverändert zögerlich
Angesichts der ausbleibenden Belebung in China verfügt nur die US-Notenbank allein über ausreichende Mittel, um eine Verschärfung der weltweiten wirtschaftlichen Verlangsamung eventuell einzudämmen. Und darin liegt die zweite Enttäuschung der letzten Wochen: Denn die Arbeitshypothese der Fed rechtfertigt noch keinen vollständigen geldpolitischen Lockerungszyklus.
Daher sieht es ganz danach aus, als würde sich die globale Wachstumsabschwächung fortsetzen und als würden starke Unterstützungsmaßnahmen erst deutlich später erfolgen.
Folgen für eine Anlagestrategie
Am Ende dieses Sommers, belegen die Marktentwicklungen ein hohes Maß an Effizienz: Die Eintrübung des weltweiten Konjunkturausblicks schlägt sich weitgehend in einem fortgesetzten Rückgang der Zinsen am langen Ende nieder. Aktienanleger haben unterdessen in großem Stil von defensiven Werten profitiert und ihre Allokation so weit wie möglich verstärkt. Deshalb besteht die Möglichkeit einer technischen Erholung. Dennoch ist eine weiterhin vorsichtige strategische Positionierung zu empfehlen, die sich vor allem durch ein geringes Zinsrisiko und ein Aktienportfolio auszeichnet, bei dem Wachstumssektoren und Basiskonsumgüter im Mittelpunkt stehen. Aufgrund ihrer überdurchschnittlichen Wertentwicklung ist hier eine besonders sorgfältige Titelauswahl geboten. Mit einem disziplinierten Ansatz lassen sich aber noch Titel aufspüren, die sich dank transparenter Ergebnisse und Gewinne weiter positiv entwickeln werden.
Didier Saint-Georges, Managing Director, Carmignac
Lesen Sie hier den vollständigen Text von Carmignac‘s Note von Didier Saint-Georges
Quelle: Bloomberg, 30/08/2019
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