Angesichts neuer Höchststände in DAX, Dow Jones und S&P war es verlockend, sorglos diesem Bullen hinterher zu laufen. Seine Nervosität zeigte er aber in den letzten Tagen des ansonsten positiven 1. Halbjahres. Fed-Präsidentin Janet Yellen warnte vor zu hohen Bewertungen und EZB-Chef Mario Draghi sinnierte über den Zeitpunkt der Normalisierung seiner ultralockeren Geldpolitik. Die wenigen Worte wirbelten die Börsen gehörig durcheinander. Die empfindliche Reaktion des Euros und der Anleihemärkte trieb das risikoscheue Anlegervolk auch aus manch guter Aktie heraus. Solide Werte wie BASF, Continental, Siemens oder Linde kamen plötzlich unter Druck. Besonders hart traf es die zinsabhängige Immobilienbranche: Alstria Office oder Deutsche Euroshop ließen ordentlich Federn.
Wir sehen die Hausse aber nur als unterbrochen an. Nachdem die Stimmung von sommerlichem Lounge-Feeling in allgemeine Verunsicherung umgeschlagen ist, sehen wir als Stock Picker neue Chancen. Je mehr Kapriolen der Börsen-Bulle schlägt, desto undifferenzierter wird verkauft. Damit gibt es mehr gute Unternehmen, deren Aktien unterhalb ihres fairen Wertes notieren. Für unseren Value-Ansatz gute Kaufgelegenheiten - vorausgesetzt, das Wirtschaftswachstum stimmt.
Geldpolitik als Spielverderber?
Die Zinsanhebungen der US-Notenbank treffen derzeit auf eine Wirtschaft nahe der Vollbeschäftigung, auch wenn Baubeginne und Einzelhandelsumsätze in den USA zuletzt etwas schwächelten. Riskant sind eher die zu erwartenden Enttäuschungen, die US-Präsident Donald Trump den Anlegern bescheren dürfte. Ökonomisch hat er bislang wenig handfeste Tatsachen geschaffen. Da ist es nicht gerade hilfreich seitens der Fed, voreilig die Zügel zu straffen. In der Eurozone sind Zinserhöhungen momentan noch reines Luxusdenken. Die Diskussionen im EZB-Rat zeigen aktuell das Dilemma.
Bremsklotz faule Kredite
Zwar liefert die europäische Konjunktur zunehmend solide Daten, aber die Inflation ist eher zu niedrig und im Teufelskreis aus zu wenig Kreditvergabe und zu wenig Wachstum gilt die geschätzt 1 Billion Euro fauler Kreditforderungen in Bankbilanzen als Dauer-Bremsklotz. Mit nationalen Bad Banks werden dafür nun lokale Abfalltonnen geschaffen, auf die man die faulen Forderungen verteilt, um sie später am Kapitalmarkt sozusagen zu recyclen. Hier wird weiter kreativ an den Rahmenbedingungen für Investitionen und Wachstum gearbeitet. Voreilige Schritte der EZB sind nicht absehbar. Der einfache Teil der Hausse, die ja schon lange läuft, liegt aber wohl hinter uns.
Tech-Werte liefern Mehrwert
In einem Sektor finden sich für unsere Mandate wie den Frankfurter Aktienfonds für Stiftungen und den PRIMA - Globale Werte immer bullische Geschichten: Technologie. Zum Beispiel Secunet Security, spezialisiert auf sensible IT-Sicherheitslösungen für deutsche Behörden. Hier gibt es in puncto Sicherheit offenbar genug zu tun. Das kleine Unternehmen mit ca. 116 Mio. Euro Jahresumsatz fällt schon seit mehreren Quartalen an der Börse positiv auf. Zuletzt mit dem Zuschlag für den größten Auftrag der Firmengeschichte durch die Multinational Joint Headquarters in Ulm, von der aus weltweite Krisenmanagementeinsätze geführt werden. Die neue Umsatzprognose von 130 Mio. Euro in diesem Jahr verhalf der Aktie zu neuen Höchstständen.
Überraschendes kommt von einem Unternehmen zum Thema Cloud: Seit ein paar Quartalen zeigt Oracle Zuwächse von gut 60 Prozent in seiner Cloud-Sparte. Hier greift es seine Wettbewerber wie IBM, SAP, Microsoft oder auch Amazon Web Services erfolgreich frontal an. 38 Mrd. Dollar Umsatz mit 420 000 Kunden hat das Unternehmen insgesamt, von denen ein Großteil lokale Datenbanklösungen unterhält, aber zunehmend in die Cloud bringen will. Dass diese Sparte brummt, hilft auch der stattlichen Gewinnspanne von mittlerweile 37 Prozent und bringt die Aktie in Schwung. Das hatten die Analysten so nicht auf dem Radar. Mittlerweile entfallen bei Oracle schon über 4,5 Mrd. US-Dollar Jahresumsatz auf Cloud-Umsätze, Tendenz stark steigend."
Frank Fischer, CIO, Shareholder Value Management AG