„Wir sehen teilweise eine extreme Angst im Markt“, fasst Frank Fischer, Chief Investment Officer der Shareholder Value Management AG, das aktuelle Markt-Sentiment zusammen. „Die Wachstumserwartungen für China sind negativ, das schlägt sich auch in den globalen Konjunkturerwartungen nieder.“
Gleichzeitig gelte es, weiterhin ein Auge auf die Zinsentwicklung zu haben: „Bei Aktien galt bisher: ‚There Is No Alternative’, kurz Tina. Das ändert sich gerade, denn mit rund 2,6 Prozent ist der Libor mittlerweile durchaus wieder eine Alternative“, so Fischer. „Umfragen unter institutionellen Investoren zeigen, dass bei einem Zins von 3,7 Prozent die Scheidung von Tina droht.“
Verkürzung der Fed-Bilanz schwerwiegender als Zinserhöhungen
Für Ulf Becker, Co-Chief Investment Officer der Shareholder Value Management AG, ist die US-Notenbank Fed derzeit der wichtigste Taktgeber der weltweiten Liquiditätsverknappung. Im Blickpunkt der Öffentlichkeit stehen seiner Ansicht nach vor allem die Zinserhöhungen. Aber noch wichtiger sei die Entwicklung der Zentralbankbilanz: „Wir sehen seit Beginn des Jahres eine Verkürzung der Fed-Bilanz, mit einer Geschwindigkeit von aktuell rund 50 Mrd. US-Dollar pro Monat. Diese Liquidität wird dem Markt entzogen.“ Von dieser Verknappung von Liquidität sind nach Beckers Einschätzung die Risikoaufschläge von Schwellenländer-Anleihen besonders betroffen.
Ein zweiter wichtiger Faktor bleibe der drohende Handelskrieg zwischen den USA und China. Gleichzeitig sei hier aber auch ein Gewöhnungseffekt der Marktteilnehmer zu beobachten. „Ein Aufflackern bedarf neuer negativer Impulse, eine substanzielle Entlastung ist aber ebenso wenig zu erwarten. Die politischen Signale gehen eindeutig in Richtung ökonomischer kalter Krieg“, betont Becker.
Als dritten maßgeblichen Faktor nennt Becker die globale Verschuldung. Die fiskalischen Maßnahmen der US-Regierung dürften zu einer Neuverschuldung von 4,6 bis 4,7 Prozent des BIP führen. Probleme sieht er vor allem auf der Unternehmensseite: „Trotz der steuerlichen Entlastung ist die Schuldenquote der US-Unternehmen nicht signifikant gesunken. Das macht sie bei einer wirtschaftlichen Abkühlung verwundbar und erhöht die Ausfallwahrscheinlichkeit. Europäische Unternehmen hingegen haben die niedrigen Zinsen nicht für den Ausbau der Verschuldung genutzt. Damit ist ihre Situation deutlich besser, sowohl in einem Negativszenario, als auch im Falle einer Erholung.“
Niedrige Erwartungen bieten Raum für Überraschungen
Für Frank Fischer bieten die niedrigen Erwartungen hinsichtlich der Unternehmensmargen sowie die sehr gedämpften weltweiten Konjunkturerwartungen Raum für positive Überraschungen: „Das könnte zum Beispiel ein weiterer massiver Ausverkauf, etwa bei den FAANGs, sein. Das wäre für uns ein Zeitpunkt, unsere Hedges vollständig aufzulösen. Wir haben vermutlich 90 Prozent der Bewegung hinter uns, ein weiterer Rücksetzer ist jedoch noch möglich. Aber die Stimmung ist schon wunderbar bearish.“
Vor diesem Hintergrund hält Frank Fischer im Frankfurter Aktienfonds für Stiftungen (WKN A0M8HD) aktuell eine Nettoaktienquote, die nach Berücksichtigung des niedrigeren Betas der Value-Titel bei 28,4 Prozent liegt.