Beeindruckend waren aber auch die eher leisen Töne, die zwischen den Zeilen zu hören waren. Auch beim großen Auftritt von Warren Buffett und Charlie Munger, den beiden Hauptprotagonisten dieser gigantischen Veranstaltung. Die beiden alten Herrn waren wie immer bester Laune, beantworteten analytisch und gleichzeitig auf äußerst unterhaltsame Art die vielen Fragen ihrer Aktionäre. Vor allem der mittlerweile 95-jährige Charlie Munger war beeindruckend. Auch wenn er inzwischen zum großen Teil an seinen Rollstuhl gefesselt ist und auch im Trubel der Hauptversammlung mal das ein oder andere Nickerchen einlegte – scharfzüngig, hellwach im Kopf und jeder Zeit zu bitter-süßen Kommentaren bereit, war es eine große Freude, diesen Mann auf der Bühne zu erleben.
Nachfolger stehen bereit Derweil wirkte Buffett an einigen Stellen nachdenklicher als sonst und offener für Veränderungen als je zuvor. Mehrmals lässt er Greg Abel und Ajit Jain zu Wort kommen, um Fragen der Aktionäre zu beantworten. Abel ist für Berkshires Energiegeschäft verantwortlich und Jain für die die Versicherungssparte. Im vergangenen Jahr wurden beide zu stellvertretenden Verwaltungsratschefs befördert, was allgemein als Zeichen dafür gesehen wird, dass sie eines Tages die Führung des Konzerns von Buffett und Munger übernehmen könnten.
Buffett hat beide bei mehreren Gelegenheiten aufgefordert, die Fragen der Aktionäre zu beantworten. Dabei saßen beide aber noch vor dem Podium auf Höhe des Publikums. Es würde nicht verwundern, wenn Greg Abel und Ajit Jain im kommenden Jahr zu den beiden Alten aufs Podium aufrücken würden. Dann hätten Buffett und Munger, „die beiden knorrigen Alten vom Balkon der Muppet Show“, wie sie auch spaßeshalber genannt werden, Gesellschaft auf ihrem „Balkon“. Die Nachfolge scheint geregelt.
Der Umgang mit Fehlern und Fehleinschätzungen
Was bei Buffett beeindruckte war derweil sein Umgang mit Fehlern und fehlgeschlagenen Einschätzungen. So erklärte er ganz nüchtern, was bei Kraft Heinz schiefgegangen ist. Er verwies darauf, dass er mit dem Partner 3G, der für beide das Engagement managt, einen Vertrag geschlossen habe, „der gerade mal eine Seite umfasst“, so Buffett. Er habe aber weiterhin volles Vertrauen in 3G, schließlich habe der brasilianische PE-Investor eine extreme Cost-Cutting Historie und folge dabei dem „zero-based-budgeting“-Prinzip. Was nicht anderes bedeutet, als dass das Unternehmen jedes Jahr wieder seine Kosten nachweisen müsse. Jedes Jahr! Und immer wieder aufs Neue.
Auf der anderen Seite gab Buffett offen zu, die Entwicklung und Stärke von Alphabet, also Google, falsch eingeschätzt zu haben. Und das, obwohl die Berkshire-Beteiligung Geico, Amerikas größter Autoversicherer, über Jahre hinweg Kunde bei Google war. Buffett nennt dies einen „error of emission“, also einen ‚Fehler des Auslassens‘, der ihm nicht hätte passieren dürfen.
Investitionen in Amazon & Co.
Deshalb hat er jetzt auch spät, aber nach seinen Worten nicht zu spät, in Amazon investiert. „Das ist die Aktie mit dem größten und weitesten Burggraben, die wir im Portfolio haben“, erklärte er dazu. „Amazon ist eine Aktie, die in ihrem Bereich noch über viele Jahre den Markt beherrschen wird.“ Dabei betonte Buffett auch, dass er wohl in absehbarer Zeit noch in andere Tech-Unternehmen investieren werde.
Dass Berkshire Hathaway aber nicht nur perspektivisch, sondern auch schnell und entschlussfreudig ist, zeigt das jüngste 10-Milliarden-US-Dollar-Engagement bei der Öl-Firma Occidential Petroleum, die in einer Übernehmeschlacht um den Konkurrenten Anadarko steckt. Diese Entscheidung war im Laufe eines Wochenendes gefallen, ließ Buffett wissen. „Charlie and I, we are still tap dancing to work“, beschreibt Buffett die Freude an der gemeinsamen Arbeit. Auch wenn Charlie Munger heute die meiste Zeit im Rollstuhl sitzt – man glaubt es beiden aufs Wort.
Frank Fischer, CIO & CEO, Shareholder Value Management AG