Warum der Chefökonom nicht mit einer schnellen Erholung rechnet, lesen Sie im Weiteren (Auszüge aus dem englischsprachigen Ausblick):
„Dass das Wirtschaftswachstum kräftig anziehen würde, sobald die beispiellosen Einschränkungen gelockert werden, war vorherzusehen. Vor lauter Freude darüber wird jedoch gern übersehen: Das Produktionsniveau liegt immer noch weit unter den „normalen" Werten und es wird nicht einfach sein, diese Lücke zu schließen – zumal die Beschränkungen in einigen Geschäftsfeldern wohl permanent sind. Die Weltwirtschaft befindet sich immer noch in einer prekären Situation: Das Coronavirus ist noch lange nicht besiegt und ein erneutes Ansteigen der Ansteckungszahlen ist ein reales Risiko. Zudem drohen Turbulenzen durch die anstehenden Wahlen in den USA und den sich zuspitzenden Konflikt zwischen China und dem Westen, aber auch durch den weiter ungeklärten Brexit.
Aus diesem Grund haben wir unseren Ausblick für das globale Wirtschaftswachstum für 2020 und 2021 sogar jeweils um 0,1 Prozent gesenkt und gehen nun davon aus, dass die Konjunktur dieses Jahr um 4,7 Prozent schrumpft, um dann nächstes Jahr um fünf Prozent zu wachsen.
Erholung ist nur oberflächlich
Die schlimmsten Rückgänge erwarten wir mit zehn Prozent für Europa, wo der Lockdown rigoros und konsequent durchgesetzt wurde und somit den größten Schock verursachte. Umso erfreulicher ist jedoch die weitere Entwicklung: Nicht nur, dass die Maßnahmen zu einer effektiveren Eindämmung des Virus geführt haben. Auch die politische Antwort in Form einer lockeren Geldpolitik und fiskalpolitischer Maßnahmen trägt Früchte. Doch Vorsicht: Trotz starker Indikatoren bleibt das Aktivitätsniveau weit hinter der Norm zurück und wäre ohne anhaltende geld- und fiskalpolitische Unterstützung kaum aufrechtzuerhalten – und die Europäische Zentralbank und die Regierungen werden diese Unterstützung mit größter Wahrscheinlichkeit auch liefern. Die Erholung in Europa ist zudem keineswegs gleichmäßig verteilt. Während etwa der deutsche Einzelhandel gegenüber Februar um 3,6 Prozent zugelegt hat (Stand: Mai), sind die Zahlen in Frankreich, Italien und Spanien um 14, 15 beziehungsweise 19 Prozent gesunken.
Ein kritischer Fall unter den Industrieländern sind die USA. Zwar sehen die Wirtschaftsdaten nach der ziemlich frühen Lockerung der Einschränkungen gut aus. Absolut betrachtet ist das Aktivitätsniveau jedoch nach wie vor äußerst schwach – und die weitere Entwicklung dürfte enttäuschen. Die Reaktion der öffentlichen Gesundheitspolitik auf die Ausbreitung des Coronavirus war bestenfalls mangelhaft und wiederkehrende Ausbrüche von Covid-19 dürften erneute Einschränkungen erzwingen und somit die Wirtschaftsentwicklung weiter hemmen. Hinzu kommt die massive Lücke bei den Haushaltseinkommen. Trotz staatlicher Konjunkturprogramme gibt es mehr als fünfzehn Millionen Arbeitslose und selbst Optimisten gehen davon aus, dass die Wirtschaft mehrere Quartale lang zusätzliche Unterstützung benötigen wird. Die amerikanische Notenbank Fed hat ihr Bestes getan und wird auch weiterhin die Zinsen niedrig halten und ihre Bilanz ausweiten. Ohne weitere Hilfe seitens der Finanzbehörden droht vielen Haushalten allerdings der Ruin."
Wie es um weitere Volkswirtschaften der Welt bestellt ist und was der Chefökonom von AB für die Inflation, die Anleiherenditen und Währungen erwartet, lesen Sie im hier verfügbaren vollständigen Ausblick in englischer Sprache.