Starker Gegenwind für den Greenback: Wie Politik und Märkte den Dollar schwächen

Der US-Dollar steht unter Druck. Während Aktien- und Anleihemärkte die Turbulenzen nach der Zollankündigung der USA im April längst verdaut haben, setzt sich die Schwäche der US-Währung fort. Gründe dafür sind die nach wie vor hohe Bewertung des Dollars und ein zunehmend unberechenbarer politischer Rahmen in den USA. Die Mischung aus wachsenden Defiziten, möglichen Eingriffen in die Unabhängigkeit der Notenbank und globaler Vertrauenserosion könnte den Dollar in den kommenden Quartalen weiter belasten, analysiert Eric Winograd, Director—Developed Market Economic Research und Chef-Volkswirt USA bei AllianceBernstein in seinem Marktkommentar. AllianceBernstein | 30.07.2025 14:32 Uhr
Eric Winograd, Director – Developed Market Economic Research bei AllianceBernstein / © e-fundresearch.com / AllianceBernstein
Eric Winograd, Director – Developed Market Economic Research bei AllianceBernstein / © e-fundresearch.com / AllianceBernstein

Als die Vereinigten Staaten im April umfassende neue Zölle ankündigten, fiel die Marktreaktion wenig erfreulich aus. Aktien, Renditen von US-Staatsanleihen und der Wechselkurswert des US-Dollars brachen deutlich ein. Doch die Aktien- und Anleihemärkte haben diese Verluste inzwischen vollständig wieder aufgeholt. Nicht so der Dollar, der weiter an Wert verloren hat. Wir erwarten, dass er in den kommenden Quartalen weiter fallen wird – auch wenn wir nicht von einer US-Rezession ausgehen. Warum? Zwei Gründe: Bewertung und die globalen Auswirkungen des US-Politikrahmens.

Nach den meisten Maßstäben ist der Dollar im Vergleich zu seinen Wettbewerbern immer noch teuer – selbst nach seiner jüngsten Abschwächung. Man erinnere sich: Der Dollar legte in der Zeit nach der Pandemie stark zu, da die wirtschaftliche Ausnahmestellung der USA das Marktumfeld dominierte. Gegenüber einem Korb anderer Währungen stieg der Dollar auf Basis des effektiven Wechselkurses zwischen 2021 und 2025 um fast 20 Prozent und beendete das Jahr 2024 nahe seines höchsten jemals erreichten Wertes.

Abbildung 1: US-Dollar: nach wie vor hoch bewertet

Quelle: LSEG Data & Analytic

Wenn politische Risiken die Leitwährung ins Wanken bringen

Bewertungen allein liefern in der Regel keine gute Prognose für die kurzfristige Entwicklung von Wechselkursen (FX). Schließlich ist der Dollar bereits seit mehreren Jahren teuer. Meist bedarf es eines Auslösers, um die Dynamik zu verändern und die Währungen nach einer Phase der Abweichung wieder zu normaleren Bewertungen zurückzuführen.

Wir sind der Ansicht, dass das politische Umfeld in den USA heute genau dieser Auslöser ist. Ein großer Teil der Stärke des Dollars in den vergangenen Jahren resultierte aus seiner unangefochtenen Rolle als weltweite Reservewährung. Länder, die Devisenreserven halten, haben aus verschiedenen Gründen einen überproportional großen Anteil dieser Reserven in US-Dollar gehalten – einige dieser Gründe bestehen zwar weiterhin, andere jedoch nicht mehr in gleicher Form. Beispielsweise ist die US-Wirtschaft nach wie vor die größte und wichtigste der Welt. Der Dollar bleibt die dominierende Währung bei Handelsabrechnungen, der Emission von Schuldtiteln und bei internationalen Transaktionen. Und die US-Finanzmärkte sind die weltweit tiefsten und liquidesten.

Abbildung 2: Langsamer Rückgang: Gehen die Dollarreserven zurück?

Quelle: LSEG Data & Analytics 

Doch andere Gründe für die Vormachtstellung des Dollars stehen inzwischen infrage. Betrachten wir die Manager globaler Zentralbankreserven: Sie halten Vermögenswerte langfristig und treffen ihre Allokationsentscheidungen auf Basis von politischer Vorhersehbarkeit, Zuverlässigkeit und der Einhaltung eines regelbasierten Rahmens. Wie die Zölle-Ankündigung im April jedoch deutlich gemacht hat, ist der politische Rahmen der USA nicht mehr so vorhersehbar oder verlässlich wie früher. Aus Sicht vieler Beobachter folgt er nicht mehr den bestehenden Regeln und Normen, die von der internationalen Gemeinschaft akzeptiert werden. Reserveverwalter, die sehr große Währungsreserven betreuen, neigen zwar dazu, Veränderungen nur langsam umzusetzen. Aber wir glauben, dass die Veränderungen im politischen Umfeld der USA für diese Investoren immer schwerer zu managen sind – und damit auch der Anreiz wächst, ihre Allokationen anzupassen.

Vom Haushaltsdefizit bis zur Fed – Gründe für einen schwächeren Dollar

Das Potenzial für politische Veränderungen in den USA reicht mittlerweile über Zölle und Handel hinaus. Das Haushaltsgesetz, das der Kongress in diesem Monat verabschiedet hat, deutet darauf hin, dass das Haushaltsdefizit und die Schuldenlast weiterwachsen werden. Die Möglichkeit einer eingeschränkten Unabhängigkeit der US-Notenbank sorgt zudem für Bedenken hinsichtlich potenziell höherer Inflation sowie größerer Markt- und Wirtschaftsvolatilität. Angesichts der Geschwindigkeit politischer Veränderungen und des Mangels an transparenten Prozessen zur Diskussion oder Analyse dieser Veränderungen im Voraus könnte sich die internationale Gemeinschaft auf weitere große Veränderungen einstellen.

Ein schwächerer Dollar dürfte tendenziell zu wettbewerbsfähigeren Exportpreisen führen, was US-Multinationals Rückenwind verleihen sollte. Für US-Investoren in Nicht-US-Aktien könnte er ebenfalls positiv wirken. Eine anhaltende Dollarschwäche könnte jedoch die Gewinnmargen von Unternehmen schmälern, für die Importe einen wesentlichen Produktionsfaktor darstellen. An den Anleihemärkten könnte ein fallender Dollar Chancen eröffnen, einen stärker global diversifizierten Ansatz zu verfolgen.

Diversifizierung der Reserven beschleunigt den Druck auf den Dollar

Um es klarzustellen: Wir erwarten keinen raschen Kapitalabfluss. Der Dollar hat weiterhin bedeutende Vorteile gegenüber anderen Währungen. Aber selbst schrittweise Veränderungen im Reserve-Management dürften auf die US-Währung drücken, und wir gehen davon aus, dass die Unsicherheit globale Reserveverwalter dazu veranlassen wird, ihre Devisenbestände stärker zu diversifizieren. Reserveverwalter hatten bereits begonnen, ihre Bestände zu diversifizieren, noch bevor die jüngsten politischen Veränderungen einsetzten. Wir gehen davon aus, dass sich dieser Trend beschleunigen wird, da internationale Investoren das Vertrauen in den politischen Rahmen der USA verlieren.

Natürlich sind Reserveverwalter nicht die einzigen Akteure am globalen Devisenmarkt, doch ihre Allokationen sind groß und meist langfristig stabil. Dies gibt anderen Investoren einen Anreiz, ihre Bewegungen vorherzusagen. Diese Kombination dürfte den Dollar in den kommenden Quartalen weiter belasten. Wir erwarten zwar keinen Einbruch, aber eine Rückkehr zu einem normaleren Niveau der langfristigen Bewertung erscheint uns wahrscheinlich. Und das bedeutet einen schwächeren Dollar.

Von Eric Winograd, Director – Developed Market Economic Research bei AllianceBernstein

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