Geldentwertung im Laufe der Geschichte
Den Geldwert durch Erhöhung der Geldmenge zu verringern, hat schon oft zu Turbulenzen geführt. So führte das Drucken übermäßiger Geldmengen im Deutschland der Nachkriegszeit zu Hyperinflation.
Auch heute wächst die Geldmenge exponentiell, während die Kaufkraft sinkt. Dies liegt jedoch nicht unmittelbar daran, dass die Zentralbanken übermäßig Geld schöpfen. Die wahren Geldschöpfer sind die Geschäftsbanken mit ihrer Kreditvergabe. Auch Regierungen können als Geldschöpfer betrachtet werden, da sie durch Haushaltsdefizite Zentralbankgeld an den privaten Sektor transferieren. Die US-Notenbank Fed ist der mit Abstand größte Gläubiger der USA. Seit der Finanzkrise von 2008 haben sich die Bilanzen der Zentralbanken erheblich ausgeweitet – bei der Fed z.B. von unter $1 Billion im Jahr 2008 auf über $6,89 Billionen im Jahr 2024, bei der EZB von etwa €1,5 Billionen im Jahr 2008 auf über €6,43 Billionen im Jahr 2024. Die Bilanzsumme der chinesischen Notenbank hat sich gar mehr als vervierfacht.
Dennoch blieb die Inflation zunächst niedrig. Angesichts der schwachen Konjunktur und deflationärer Kräfte (Entschuldung des privaten Sektors, Energiewende) dürfte sie eine Deflation verhindert haben. Sinken die Preise, steigt der reale Wert der Verschuldung, was sich negativ auf die Steuereinnahmen auswirkt – denn wenn dank sinkender Preise die Kaufkraft steigt, kann der Staat nicht zugreifen. Inflation dagegen reduziert die Staatsverschuldung und schafft Möglichkeiten für höhere Steuereinnahmen.
Unhaltbare Verschuldung und ihre Auswirkungen auf die Geldpolitik
Die US-Verschuldung hat inzwischen fast das Niveau des Zweiten Weltkriegs erreicht, die Bedenken der Anleger nehmen zu. Jetzt kommt es auf das nominale BIP-Wachstum, das Primärdefizit und die Zinsen an, die für die bestehenden Schulden anfallen. Schulden gelten als tragbar, wenn das nominale BIP-Wachstum abzüglich der Zinsaufwendungen größer ist als das Primärdefizit. Dann hat der Staat Geld übrig, um seine Schulden zu tilgen. Da dies derzeit nicht der Fall ist, besteht die Gefahr, dass am Anleihemarkt das Vertrauen in die US-Regierung verloren geht. Das könnte zu einem Anstieg der Zinsen führen und die Schuldenlast der Regierung weiter erhöhen.
Dass die US-Regierung in den kommenden Jahren die Defizite deutlich reduzieren kann, ist kaum vorstellbar. Und welchen Einfluss hat die Fed? Um die Verschuldung unter Kontrolle zu halten, sind niedrige Zinsen am besten geeignet. Dies würde die Kreditkosten der Regierung begrenzen und ein höheres nominales BIP-Wachstum fördern. Die Unterstützung der Regierung beim Schuldendienst ist jedoch nicht Aufgabe der Zentralbank und könnte sogar zu einer höheren Inflation führen. Angesichts ihres doppelten Mandats der maximalen Beschäftigung und Preisstabilität dürfte es im Interesse der Fed liegen, eine außer Kontrolle geratene Verschuldung zu verhindern. Seit 2020 strebt die Fed ein flexibles durchschnittliches Inflationsziel von 2% an; seitdem sind vorübergehende Überschreitungen zulässig. Nach den ungewöhnlich hohen Inflationsraten der letzten Jahre wäre daher eine Phase mit einer Preissteigerung unter 2% zu erwarten, um den Durchschnitt auszugleichen. Doch diese Politik scheint stillschweigend aufgegeben worden zu sein.
Wie lange werden Anleihekäufer steigende Schuldenstände tolerieren? Ein Anstieg der Anleiherenditen, Wechselkursverluste und Notmaßnahmen der Fed (analog zu England 2022) sind am viel größeren US-Staatsanleihemarkt zwar weniger wahrscheinlich, aber nicht auszuschließen. 1978 verlor der US-Dollar fast seinen Status als weltweit wichtigste Reservewährung, als er so stark abwertete, dass das US-Finanzministerium Anleihen in Schweizer Franken ausgeben musste. Innerhalb von nur vier Jahren erreichte die Inflation 50%, der Goldpreis kletterte 500%; Paul Volcker musste die Zinsen auf 20% anheben. So etwas könnte sich wiederholen, wenn die Geldentwertung zu weit geht und die Anleger das Vertrauen verlieren, ausgelöst beispielsweise durch eine Herabstufung durch Ratingagenturen (wie im Jahr 2023) oder eine gescheiterte Auktion von Staatsanleihen. Diese Ereignisse können sich allmählich, aber auch sehr plötzlich vollziehen.
Die Stimmung an den Anleihemärkten lässt sich an der Beziehung zwischen den US-Renditen und dem US-Dollar beobachten. Steigen die Renditen, während der Dollar fällt, ist das ein Warnsignal. Genau das ist in den Wochen nach der Ankündigung der Vergeltungszölle passiert. Die USA gelten selbst bei ihren engsten Verbündeten als unzuverlässiger Handelspartner, was sich negativ auf den weltweiten Handel in US-Dollar auswirkt. Besorgniserregend ist der politische Druck auf den Fed-Vorsitzenden Powell. Wiederholte Drohungen könnten die Unabhängigkeit der Zentralbank beeinträchtigen und die Geldentwertung weiter beschleunigen. Powells Amtszeit endet 2026.
Jenseits des Papiergeldes: von Gold zu Bitcoin
Die langfristigen Zyklen der Anhäufung und schließlich der Abschreibung von Schulden bestehen seit langem. Seit 2008 haben niedrige Zinsen und quantitative Lockerung diese Effekte noch verstärkt und Anleger dazu gezwungen, ihre Portfolios anzupassen, um ihren realen Wohlstand zu erhalten. Ob Anleihen, Aktien, Gold oder Bitcoin – die Auswirkungen der Geldentwertung sind erheblich.
Anleihen gelten in den späteren Phasen des langfristigen Schuldenzyklus als riskanter, da die Inflation den realen Wert zukünftiger Zahlungen mindert. Die hohe Verschuldung macht Zahlungsausfälle wahrscheinlicher und führt zu Schulden- und Währungsabwertungen. In einem Niedrigzinsumfeld fallen die Realrenditen dieser Vermögenswerte oft ins Negative, was sie als Wertspeicher unattraktiv macht. Dennoch bleiben festverzinsliche Wertpapiere ein Eckpfeiler institutioneller Portfolios, sie bieten Diversifizierung und Stabilität. Aktien sind allerdings in Zeiten der Geldentwertung eine bessere Option für den Erhalt realen Vermögens.
Da sowohl Aktien als auch Anleihen unter Druck stehen, rücken alternative sichere Häfen wie Gold, Immobilien, Kunst und digitale Vermögenswerte wie Bitcoin in den Fokus. Gold spielt nach wie vor seine Rolle als Wertspeicher in Zeiten schwacher Papierwährungen. Digitale Vermögenswerte sind eine disruptive Alternative.
Bewertet man Finanzanlagen im Verhältnis zur Geldmenge M2, wird ihre reale Performance sichtbar. In den vergangenen 20 Jahren lag der Nasdaq komfortabel an der Spitze, vor Gold an zweiter Stelle. Die Immobilienpreise stiegen hingegen langsamer als die Geldmenge. Betrachtet man nur den Zeitrahmen nach der globalen Finanzkrise und die Bilanz der Fed, sind die Ergebnisse weniger ermutigend: Nur Technologieaktien und digitale Vermögenswerte übertrafen das Wachstum der Fed-Bilanz. Der S&P 500 und Gold hatten Mühe, gegen die Geldentwertung abzusichern. Immobilien fielen real weiter zurück.
Statt ihre Haushalte durch Ausgabenkürzungen oder Steuererhöhungen auszugleichen, werden Regierungen versuchen, die Schuldenlast zu verringern, indem sie die Zinsen unter der Inflationsrate halten und so ein nominales Wachstum ermöglichen, das die Kosten der Verschuldung übersteigt. In Zeiten massiver Geldschöpfung und fiskalischer Verantwortungslosigkeit wenden sich Anleger alternativen Vermögenswerten wie inflationsgebundenen Anleihen, Gold, Rohstoffen, Immobilien und digitalen Vermögenswerten zu. Auch reale Vermögenswerte wie Kunst, Sammlerstücke oder andere Gegenstände können vor Geldentwertung schützen.
Fazit: Zentralbanken und Regierungen müssen sich entscheiden, ob sie ihre Politik der Schuldenmonetarisierung fortsetzen oder eine Sparpolitik verfolgen. Erstere birgt das Risiko einer langfristigen Geldentwertung, letztere kann das Wachstum verlangsamen und soziale Unruhen verursachen. Die Welt muss einen Weg finden, um die untragbaren Schuldenstände und die Gefahr einer Geldentwertung zu bewältigen – ob durch den Aufstieg alternativer Vermögenswerte wie Gold und Kryptowährungen oder durch Reformen des globalen Währungssystems. Eine unkontrollierte Monetarisierung der Schulden und eine Geldentwertung führen zu wirtschaftlicher Instabilität, Inflation und schließlich zum Zusammenbruch von Währungen. Die Frage ist nicht, ob diese Politik Konsequenzen haben wird, sondern wann und wie schwerwiegend diese sein werden.
Von Bruno Lamoral und Ewout De Brauwer, Portfoliomanager Institutional Mandates bei DPAM
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