Die US-Handelspolitik sorgt für Ungewissheit, auch wenn die Bedenken jüngst etwas abgeflaut sind. Ob die erwartete Aktualisierung am 9. Juli langfristige Entspannung oder nur eine Atempause bis zur nächsten Trump-Attacke bringen werden, bleibt abzuwarten.
Anleger, die in dieser Ungewissheit verkaufen, realisieren Verluste und verpassen möglicherweise eine Erholung. Aktives Management kann helfen, Verluste zu begrenzen und von Aufschwüngen zu profitieren. Nach Krisen erholen sich die Aktienmärkte oft stark. Wenn beispielsweise der VIX (der die Volatilität des S&P 500 widerspiegelt) in der Vergangenheit 40-50 erreichte, erzielten globale Aktien in den folgenden 12 Monaten eine durchschnittliche Rendite von 37%, der S&P 500 von 34%. Über 50 stieg der VIX in den letzten 25 Jahren nur neun Mal – und selbst diese extremen Marktereignisse können vielversprechende Renditen bringen. So weit die Historie, auf die man sich als Anleger natürlich nicht verlassen kann.
Privatanleger schaffen Ausgleich
Am Tag der Zollverkündungen von Trump brachen die Aktienkurse ein, erholten sich jedoch wenige Tage später. Während der Rückgang weitgehend von institutionellen Akteuren getrieben war, wurde die Erholung vor allem von Privatanlegern angeheizt. Privatanleger haben heute besseren Zugang zu Informationen, Analysewerkzeugen und Handelsplattformen und können daher risikoreiche Strategien und groß angelegte, halb koordinierte Aktionen umsetzen. Im April glichen sie damit die Verkäufe ausländischer Investoren und technischer Akteure aus.
Das könnte auch zukünftig wichtig sein. Die Wachstumsprognosen hängen derzeit sehr von politischen Entscheidungen ab. Genaue Wendepunkte vorherzusagen, ist nahezu unmöglich. Daher ist es generell ratsam, investiert zu bleiben, Kapital schrittweise einzusetzen und seine Anlagen diszipliniert zu streuen.
Welche Regionen und Sektoren bieten Potenzial?
Amerikanische Aktien erscheinen mit ihrem hohen KGV weniger attraktiv. Die Gewinne sind akzeptabel, doch die Zinsunsicherheit hält an: Sechs von zehn US-Anlegern rechnen mit einem weiteren Zinsanstieg. Die US-Notenbank bleibt vorsichtig und dürfte Zinssenkungen auf das Jahresende verschieben. Darüber hinaus tragen Diskrepanzen zwischen robusten Konjunkturdaten und schwächeren Stimmungsindikatoren zur Unsicherheit bei. Um den Markt voranzutreiben, sind klarere Impulse erforderlich – wie günstige Handelsabkommen oder positive Gewinnrevisionen. Die Fiskalpolitik und anhaltende inflationstreibende Zölle könnten das Wachstum dagegen belasten und die Aussichten gedämpft halten.
Auch europäische Aktien erscheinen im Vergleich zu ihrem 20-Jahres-Durchschnitt nicht günstig. Die jüngste Markterholung ist weitgehend auf eine Neubewertung zurückzuführen, nicht auf wachsende Gewinne. Der finanzpolitische Kurs in Europa hat sich gewandelt – von Sparmaßnahmen hin zu Konjunkturimpulsen, angeführt von den Infrastruktur- und Verteidigungsausgaben Deutschlands. Nachlassende Energiekosten und die flexible Geldpolitik der EZB stützen das positive Bild. Angesichts ihrer deutlichen Underperformance in den vergangenen Jahren ist es denkbar, dass europäische Aktien den US-Markt übertreffen. Europäische Small Caps, die seit Beginn des Ukraine-Konflikts stark unterbewertet sind, könnten ebenfalls durchstarten.
Die Schwäche des US-Dollar könnte in der zweiten Jahreshälfte die globalen Finanzbedingungen verbessern. In China sind staatliche Interventionen entscheidend, die jedoch bisher hinter den Erwartungen zurückblieben. Während der Binnenkonsum weiterhin schwach ist, ergeben sich aus Chinas Reaktionsfähigkeit im Zollstreit selektive Anlagemöglichkeiten, insbesondere im Technologiesektor.
Schließlich wird der börsennotierte Immobiliensektor trotz der jüngsten Schwankungen immer interessanter. Bis vor kurzem blieb er hinter den Erwartungen zurück. Inzwischen haben Immobilienunternehmen ihre Bilanzen gestärkt, ihre Kreditkosten deutlich gesenkt und ihre Nettoverschuldungsquote verbessert. Inzwischen übertrifft das Mietwachstum die sinkende Inflation. Mit Bewertungen von durchschnittlich 27% unter dem Nettoinventarwert bietet der Immo-Bereich attraktive Chancen, insbesondere angesichts stabiler Renditen und ermutigender Fundamentaldaten.
Von Johan Van Geeteruyen, CIO Fundamental Equity von DPAM
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