Emerging-Markets-Anleihen haben seit Jahresanfang eine überaus positive Wertentwicklung erzielt. Gemessen am Index »Bloomberg Barclays EM USD Aggregate«, der Staatsanleihen, Quasi-Staatsanleihen und Unternehmensanleihen enthält, standen Ende Juli fast 11% Kurszuwachs zu Buche. Neben rückläufigen Risikoaufschlägen profitierten Anleger stark von den global sinkenden Zinsen. Lag die durchschnittliche Rendite dieses Indexes am Jahresanfang noch bei etwa 6,1%, so beträgt sie nun gerade noch 4,8%. In den vergangenen fünf Jahren waren die Renditen zwar in den Jahren 2016 und 2017 noch niedriger und die Risikoaufschläge gegenüber Staatsanleihen könnten noch etwa 30 Basispunkte sinken, bevor die Extremwerte der Vergangenheit erreicht wären. Dennoch ist bei Emerging-Markets-Anleihen vorerst die Luft raus.
Der Grund ist, dass nach der Zinssenkungseuphorie der vergangenen Monate jetzt wieder lokale Krisen in den Fokus der Anleger rücken, die vorübergehend ausgeblendet wurden. Dazu gehören zum Beispiel die Wahlen in Argentinien im Herbst, die eine Verschiebung der Machtverhältnisse und eine damit verbundene Abkehr von der Spardisziplin des Internationalen Währungsfonds bedeuten könnten. Darüber hinaus beherrschen nun eine mögliche Verschärfung der politischen Lage und die Kriegsgefahr am Persischen Golf die Schlagzeilen, nachdem es um Venezuela bemerkenswert ruhig geworden ist. Und nicht zuletzt brodelt der Handelskonflikt zwischen den USA und China vorerst weiter. Eine schnelle Lösung ist auch dort in weite Ferne gerückt. Unter dem Strich spricht die globale konjunkturelle Eintrübung für zunehmenden Gegenwind für Emerging-Markets-Anleihen und für stagnierende oder sogar steigende Risikoaufschläge. Damit sind temporäre Kursverluste abzusehen.
Dominierend bleibt aber die Geldpolitik. Die Spekulation auf sinkende Zinsen, angeheizt durch entsprechende Äußerungen der Notenbanken, hat sich inzwischen auf zahlreiche Länder und deren Anleihen ausgewirkt. Da immer mehr Anleihensegmente negativ rentieren, werden Emerging-Markets-Anleihen aufgrund der hier noch positiven Renditen mittelfristig gesucht und unterstützt bleiben.
In diesem Umfeld sollten Anleger Rücksetzer an den Anleihenmärkten kurzfristig bestenfalls zum Ausbau bestehender Positionen nutzen und Neuinvestitionen zunächst zurückstellen. Globale Anleger haben derzeit – aufgrund negativer Zinsen in den Industriestaaten – nur die Wahl, auf längere Laufzeiten und/oder schlechtere Bonitäten auszuweichen. Das führt dazu, dass Bonitätsrisiken zunehmend ignoriert werden und Anleger keine angemessenen Risikoprämien mehr bekommen.
Wenn sich das Umfeld wieder verbessert, bleibt Ägypten einer unserer Top-Kandidaten: aufgrund seiner zurückgekehrten politischen Stabilität, der anziehenden Konjunktur des Landes und des intakten Zinssenkungstrends. Auch Sri Lanka bleibt trotz der Terroranschläge von Ostern interessant. Da die Sicherheitslage vorerst angespannt bleiben dürfte und damit auch der Tourismussektor noch Zeit zur Erholung braucht, bevorzugen wir dort Anleihen mit sehr kurzer Laufzeit.
Alexander Posthoff, Senior Portfolio Manager, Bantleon