Die Zahlen
Die Juli-Einkaufsmanagerumfrage der Eurozone ist insgesamt sehr erfreulich ausgefallen, woran auch der ein oder andere Schönheitsfehler in den Details nichts ändert. Allen voran positiv zu werten ist, dass der Composite-Einkaufsmanagerindex von 50,6 auf 51,0 Punkte zulegte und damit die Erwartungen übertroffen hat (Konsensus und Bantleon: 50,7). Wird der Wert im Rahmen der finalen Schätzung bestätigt, ist es der höchste in diesem Jahr. Beide Sektoren leisteten hierzu ihren Beitrag, anders als von uns erwartet ging dieses Mal jedoch der grössere Impuls von den Dienstleistungen aus. Mit 51,2 Punkten (nach 50,5) verbesserte sich der Service-EMI zum zweiten Mal in Folge und etablierte sich wieder erkennbar oberhalb der Expansionsschwelle. Der Industrie-EMI (49,8 nach 49,5 Punkten) verbuchte unterdessen den siebten Anstieg nacheinander und hat nunmehr fast die 50-Punkte-Marke erreicht (siehe nachfolgende Abbildung).
Betrachtet man die Länderergebnisse (Composite-EMI), ist Frankreich trotz einer leichten Verbesserung mit 49,6 Punkten (nach 49,2) weiter das Schlusslicht. Der deutsche Index verschlechterte sich zwar geringfügig (50,3 nach 50,4 Punkten), hielt sich aber im expansiven Bereich. Demgegenüber zeichnet sich in den übrigen Ländern ein deutlicher Anstieg ab, womit der Rücksetzer vom Juni wettgemacht werden dürfte (vgl. nachfolgende Abbildung). Die definitiven Ergebnisse für Italien, Spanien und Irland werden traditionell erst im Rahmen der endgültigen Schätzung (5. August) bekannt gegeben.
Unsere Einschätzung
Die Juli-Einkaufsmanagerumfrage enthält viel Positives. Insbesondere sendet sie die erfreuliche Botschaft aus, dass sich die Industrie weiter im Aufwind befindet – und dies trotz des Gegenwinds aus den USA. Dabei gilt zu bedenken, dass die Umfrage inmitten der jüngsten verschärften Zolldrohungen (30% statt 20%) gegenüber der EU stattfand. In einigen Details hat sich Letzteres auch bemerkbar gemacht. So ist die Auftragskomponente der Industrie wieder unter die 50-Punkte-Marke zurückgefallen (49,3 nach 50,0 Punkten). Dies liegt aber auch an einer Sonderentwicklung in Frankreich, dessen Industrie-Index häufig volatile Sprünge aufweist – der Teilindex zu den Orders sank hier in den vergangenen zwei Monaten von 49,0 auf 43,4 Punkten. In Deutschland gab es im Juli zwar ebenfalls bei den Bestellungen einen Rücksetzer (50,1 nach 51,7), das Barometer hielt sich aber noch über der Expansionsschwelle (vgl. nachfolgende Abbildung).
Darüber hinaus kommen gerade aus dem deutschen verarbeitenden Gewerbe weitere starke Signale für eine anhaltend hohe Dynamik. So blieb der befürchtete Einbruch bei den Exportorders zu Beginn des 2. Halbjahrs aus (51,8 nach 52,0, vgl. nachfolgende Abbildung). Es waren somit nicht nur Vorzieheffekte (zur Umgehung der Strafzölle), die im 1. Halbjahr den Aussenhandel beflügelt haben. Dafür spricht auch, dass sich die Produktionserwartungen nach wie vor auf sehr hohem Niveau halten. Insgesamt deuten die Zahlen auf eine nachhaltige Fortsetzung des Aufwärtstrends hin.
Aus konjunktureller Sicht erfreulich ist überdies die Stabilisierung des Servicesektor – legt dies doch eine weitere Erholung der Konsumnachfrage in der Eurozone nahe. Darüber hinaus scheinen vor allem in Deutschland die angekündigten Fiskalimpulse zusehends bei den baunahen Dienstleistern (Unternehmensberater, Architekten, Handwerker etc.) positive Wirkung zu entfalten. Dazu korrespondiert die jüngste Aufhellung der Geschäftserwartungen (vgl. nachfolgende Abbildung).
Ein Ausreisser nach unten bleibt Frankreich. Die politische Unsicherheit und der Druck zur Fiskalkonsolidierung, die Ausgabenkürzungen und Steuererhöhungen zur Folge hat, belastet das Umfeld. Entsprechend blicken hier die Dienstleister eher pessimistisch in die Zukunft (vgl. nachfolgende Abbildung). Nicht bestätigt hat sich dagegen, dass der Boom in Südeuropa bereits wieder zum Erliegen kommt – die Rücksetzer im Mai/Juni bei den Composite-EMIs aus Italien und Spanien hatte diese Befürchtung geweckt. Die Juli-Daten sprechen jedoch für eine erneute Belebung. Vor allem in Spanien dürfte das Expansionstempo hoch bleiben.
Unser Ausblick
Mit 51,0 Punkten legt der Composite-EMI zweifellos noch keinen konjunkturellen Boom in der Eurozone nahe. Dennoch – alle Unkenrufe, wonach die Wirtschaft der Währungsunion nach dem guten Start ins Jahr über die Sommermonate erneut einbricht, haben sich nicht bewahrheitet. Vielmehr deutet sich im 2. und 3. Quartal ein solides BIP-Wachstum an (jeweils +0,2% bis 0,3% im Vergleich zum Vorquartal). Es waren eben nicht nur Vorzieheffekte (zur Umgehung der Strafzölle), welche die Konjunktur zu Jahresbeginn gestützt haben, vielmehr haben sich insgesamt die fundamentalen Rahmenbedingungen verbessert. Auch anekdotische Evidenz aus der Einkaufsmanagerumfrage spricht dafür, dass die Zolldebatte zwar verunsichert, aber von den Unternehmen nicht als wichtigstes Thema angesehen wird.
Wir sehen uns daher auch in unseren diesjährigen BIP-Prognosen für die Eurozone und Deutschland bestätigt, die mit 1,4% bzw. 0,5% deutlich über dem Konsensus liegen (1,0% bzw. 0,2%). Sollte es darüber hinaus in den nächsten Tagen zu einer Einigung im Zollstreit mit den USA kommen – und dabei unter anderem die Autozölle von 25% auf 15% gesenkt werden –, hellen sich die Perspektiven weiter auf. Wie oben ausgeführt, zeigt der konjunkturelle Basistrend eindeutig nach oben. Dies legen nicht zuletzt die Frühindikatoren nahe (vgl. nachfolgende Abbildung). Damit ist sowohl in Deutschland als auch in der Eurozone im kommenden Jahr ein Wachstum von annähernd 2,0% greifbar nahe.
Dr. Daniel Hartmann, Chefvolkswirt, Bantleon
Weitere beliebte Meldungen: