BANTLEON Kapitalmarktstratege Preißler: Die Fed lässt Trump weiter zappeln - aber nicht mehr lange

Die Fed belässt den Leitzins erwartungsgemäß unverändert – doch zwei abweichende Stimmen im FOMC wecken Zinssenkungshoffnungen. Kommt der erste Schritt schon im September? Warum Jerome Powell bremst und was das für Märkte, Inflation und Konjunktur bedeutet, analysiert Dr. Harald Preißler, Kapitalmarktstratege, BANTLEON. BANTLEON | 31.07.2025 07:38 Uhr
Dr. Harald Preißler, Kapitalmarktstratege, BANTLEON / © e-fundresearch.com / BANTLEON
Dr. Harald Preißler, Kapitalmarktstratege, BANTLEON / © e-fundresearch.com / BANTLEON

Das Ergebnis der heutigen Sitzung des Offenmarktausschusses wurde an den Finanzmärkten mit Spannung erwartet. Nicht wegen des Zinsentscheids – die allermeisten Marktteilnehmer hatten ohnehin keine Änderung erwartet. Entsprechend war der Beschluss der Währungshüter, den Leitzinskorridor bei 4,25% bis 4,50% zu belassen, keine Überraschung.

Deutlich mehr Potenzial für Gesprächsstoff versprach die Begründung der Entscheidung, inklusive der Hinweise auf den Ausblick. Insbesondere mit Blick auf die Frage, wie weit sich Jerome Powell dem immensen Druck Donald Trumps beugen und die Tür für baldige – und zudem beherzte – Zinssenkungen aufstoßen würde.

Der Forderung einer schnellen monetären Lockerung kamen die Währungshüter nicht nach, gleichwohl fiel die Entscheidung diesmal nicht einstimmig aus. Mit Christopher Waller (Kandidat für die Nachfolge von Powell) und Michelle Bowman votierten gleich zwei Fed-Gouverneure für eine sofortige Zinssenkung um 25 Bp – was eine echte Rarität darstellt. Vergleichbares hat es zum letzten Mal 1993 gegeben, dazwischen rekrutierten sich die Abweichler zumeist aus den Reihen der regionalen Fed-Präsidenten.

Davon abgesehen hat sich am Statement des FOMC so gut wie nichts verändert. Lediglich die noch im Juni verwendete Formulierung, die Wirtschaft habe sich »solide entwickelt«, wurde durch die Einschätzung, das Wachstum habe sich »im ersten Halbjahr abgeschwächt«, ersetzt.

Dem daraus resultierenden ersten Eindruck, eine Senkung sei nun bereits im September wahrscheinlicher geworden, trat Jerome Powell in der anschließenden Pressekonferenz indes entgegen. So betonte der Fed-Präsident gleich zu Beginn die unverändert robuste Verfassung des Arbeitsmarktes, der sich allen Unkenrufen zum Trotz nahe des Vollbeschäftigungsziels befinde. Diese Resilienz überrascht offenbar auch die Fed, weswegen Powell keinen Hehl daraus machte, dass die Risiken am Arbeitsmarkt auf eine Abkühlung deuten. Mit Blick auf die Inflationsentwicklung stellte er die Veränderung in der Struktur der Preissteigerung heraus. Die Moderation bei den Dienstleistungspreisen habe sich fortgesetzt, dafür seien auf Ebene der Güterpreise erste zollbedingte Beschleunigungen im Preisauftrieb zu konstatieren.

Die Unsicherheit beim Makroausblick sei wegen der handelspolitisch induzierten Volatilität noch immer namhaft, die aktuelle monetäre Ausrichtung bezeichnete er als leicht restriktiv. Der naheliegenden Frage, ob eine Zinssenkung im September wahrscheinlicher geworden sei, wich er mit den üblichen Floskeln aus und verwies auf die bis dahin vorliegenden Daten (je zwei Arbeitsmarkt- und Inflationsberichte).

Voraussetzung für die Wiederaufnahme der Zinssenkungen sei eine Annäherung an einen ausgeglicheneren Risikobias beim Inflations- und insbesondere beim Arbeitsmarktausblick. Von diesem Szenario gehen die Währungshüter aus, weswegen der nächste Schritt eine Lockerung sein dürfte. Dies wiederholte der Fed-Präsident explizit – die Frage bleibt: Wann? An den Geldterminmärkten dämpften die Aussagen Jerome Powells die Erwartung einer Zinssenkung im September (von 70% auf 48%). Auch für Oktober und Dezember wurden die Erwartungen leicht nach unten angepasst – bis Ende 2025 sind nun nicht einmal mehr zwei Zinsschritte voll eingepreist.

Passt dieses Szenario zum aktuellen Makroausblick?

Unser Szenario

Die makroökonomische Gesamtsituation hat sich zuletzt kaum verändert.

1. Handelskonflikt

Die jüngst erzielten »Deals« zwischen den USA auf der einen und Japan sowie der EU auf der anderen Seite sorgen nur auf den ersten Blick für mehr Visibilität. So gibt es keine schriftlich fixierten Verträge mit einklagbaren Rechten und Pflichten. Entsprechend vergingen keine 24 Stunden, bis die unterschiedlichen Interpretationen(!) der vereinbarten Eckpunkte zwischen den USA und der EU offenkundig wurden. Die Risiken im Zollstreit mögen abgenommen haben, bleiben aber beträchtlich – wie der heutige Kupfer-Coup (50% Zollsatz) eindrücklich vor Augen führt.

2. Konjunktur

Die US-Wirtschaft zeigt sich zwar durchaus resilient gegenüber den multiplen politischen Widrigkeiten, an der übergeordneten Wachstumsverlangsamung gibt es indes nichts zu deuteln. Das Expansionstempo des BIP bleibt auch in Q2/2025 mit 2,0% (vs. Vorjahr) deutlich unter den robusten 2,5% bis 3,0% der Biden-Ära – und der Rückstand dürfte sich zunächst weiter vergrößern. Eine Rezession in 2025/2026 ist zwar unwahrscheinlich, gleichwohl lastet die politische Verunsicherung wie eine bleierne Weste auf Konsum und Investitionen.

3. Arbeitsmarkt

Ähnlich präsentiert sich die Lage am Arbeitsmarkt. Die Arbeitslosenquote (4,1% im Juni) und der Stellensaldo (+130.000 im 6-Monatsdurchschnitt) zeigten sich bis zuletzt robust, der übergeordnete Trend deutet indes in Richtung einer moderaten Abkühlung. Kein Wunder, in Anbetracht der unklaren politischen Gesamtsituation halten sich die Unternehmen nicht nur mit Investitionen zurück, sondern auch mit der Schaffung neuer Arbeitsplätze. Demgegenüber drohen in den Branchen mit hohem Migrationsanteil unter den Beschäftigten in den nächsten Monaten ganz andere Probleme – nämlich Arbeitskräftemangel. Betroffen sind längst nicht nur die Farmer, auch die Logistik, die Hotellerie und der Einzelhandel melden bereits Personalengpässe. An dieser Gemengelage dürfte sich auch im Juli nichts Grundlegendes geändert haben.

4. Inflation

Die Inflation bildet sich zwar zurück, der Abwärtstrend hat sich in den vergangenen 12 Monaten indes (gemessen am Kernindex der Konsumausgaben) merklich verflacht und geriet zuletzt sogar bei 2,7% ins Stocken. In Anbetracht dessen ist der Trump’sche Zollschock – auch in seiner hoffentlich abgemilderten Form – wenig hilfreich, weil er die Teuerung sehr schnell wieder über die 3,0%-Marke treiben dürfte. Die nächste Abwärtswelle in Richtung 2,0% beginnt mithin auf erhöhtem Niveau und ist zudem auf 2026/2027 verschoben.

Warum sollte die Fed vor dieser Kulisse die Zinsen überhaupt senken? Weil die geldpolitische Ausrichtung aus konjunktureller Sicht (2. und 3. Punkt) zu restriktiv erscheint, was für eine Bewegung in Richtung der neutralen Rate (ca. 3,5%) spricht – mehr aber auch nicht. An dieser zentralen Stelle teilen wir den oben zitierten Bias der Zinspolitik von Jerome Powell explizit. Wir gehen unverändert davon aus, dass die Währungshüter im September oder Oktober einen 25er Schritt beschließen werden, dem dann im Dezember ein zweiter Schritt folgen wird. Je nach Entwicklung an der Makrofront sind auch drei 25er Schritte denkbar.

Umfangreichere Lockerungen, etwa die von Trump geforderte rasche Senkung auf 2,0%, halten wir für illusorisch – dafür bräuchte es ein realistisches Rezessionsrisiko. Welchen Einfluss der Nachfolger Jerome Powells auf die Fed-Funds-Rate im Jahr 2026 und danach ausüben wird, steht in den Sternen. Zu befürchten ist, dass die Fed die Zinsen für eine gewisse Zeit zu weit nach unten schleusen könnte und dafür mit einem Inflationsdenkzettel bestraft wird. Die Anleihemärkte dürften den Braten schnell riechen und eine deutliche Versteilerung der Zinskurve (Bear-Steepening) einpreisen. Dem POTUS dürfte das kaum schmecken.

Von Dr. Harald Preißler, Kapitalmarktstratege bei BANTLEON

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