Regierung Bayrou steht vor dem Aus
Premierminister François Bayrou hat gestern überraschend für den 8. September eine Vertrauensabstimmung im Parlament angekündigt. Er reagierte damit auf die verfahrene Situation bei der Erstellung des Budgets für 2026. Zur Konsolidierung der Staatsfinanzen (das Haushaltsdefizit lag 2024 bei 5,8% des BIP, das höchste in der Eurozone) hatte Bayrou vor einigen Wochen Sparvorschläge in Höhe von 44 Mrd. Euro präsentiert (= 1,5% des BIP), die auf wenig Gegenliebe bei den Oppositionsparteien und der Bevölkerung gestoßen sind (unter anderem sollen zwei Feiertage gestrichen werden). Für den 10. September hat in Anbetracht dessen ein linkes Aktionsbündnis bereits zu einer Art Generalstreik (»tout bloquer«) aufgerufen, um gegen die Maßnahmen zu protestieren. Der Aufruf fand in den sozialen Netzwerken großen Anklang.
Unterdessen haben die Oppositionsparteien (Rassemblement National, Sozialisten, extrem Linke), angekündigt, Bayrou nicht das Vertrauen auszusprechen. Ein Sturz der Regierung, die keine Parlamentsmehrheit besitzt, ist daher am 8. September sehr wahrscheinlich. Präsident Emanuel Macron steht in diesem Fall erneut vor der Entscheidung, einen Premierminister auszuwählen oder Neuwahlen auszurufen. Nach zwei gescheiterten Versuchen der Regierungsbildung (unter den gegeben Bedingungen), dürfte sich Macron dieses Mal wohl für die Auflösung des Parlaments entscheiden. Die Mehrheitsverhältnisse nach Neuwahlen werden sich jedoch voraussichtlich kaum ändern. In Umfragen kommt das gemäßigte Mitte-Rechts-Lager nach wie vor nur auf knapp 30% der Wählerstimmen. Eine erneut schwierige Regierungsbildung ist daher vorprogrammiert. Die dringend notwendige Haushaltskonsolidierung dürfte somit weiter auf sich warten lassen.
Auswirkungen auf die Finanzmärkte
Die Risikoaufschläge französischer Staatsanleihen gegenüber Bundesanleihen haben sich im Zuge der jüngsten Ereignisse bereits von 65 Bp auf 77 Bp ausgeweitet (10J Laufzeit). Auch in Italien (von 76 auf 84 Bp) und Spanien (von 45 auf 50 Bp) kam es in kleinerem Ausmaß in den vergangenen Tagen zu Spreadausweitungen. Nach diesem Satz nach oben könnte es zwar kurzfristig nunmehr zu einer Konsolidierung bei den Spreadniveaus kommen. Sollte die französische Regierung indes tatsächlich stürzen, dürfte dies die Unsicherheit nochmals befeuern. Der Druck auf die Spreads wird dann weiter zunehmen, zumal nicht absehbar ist, dass sich die verfahrene politische Lage in Frankreich entspannt.
Von Dr. Daniel Hartmann, Chefvolkswirt, Bantleon AG
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