Deutschland verhindert Inflationsrückgang
Erwartungsgemäß hat sich bei der Inflation der Eurozone im August wenig getan. Während die Headline-Rate minimal von 2,04% auf 2,05% zulegte, gab die Kerninflationsrate (ohne Energie, Nahrungs- und Genussmittel) von 2,31% auf 2,27% nach. Auf die erste Nachkommastelle übersetzt sich dies in einen Anstieg der Headline-Rate von 2,0% auf 2,1% (Konsensus und Bantleon: 2,1%) und ein Verharren der Kerninflationsrate bei 2,3% (Konsensus: 2,2%, Bantleon: 2,3%). Die Ergebnisse liegen sehr nahe an unserer Vorab-Schätzung (Headline: 2,06%, Kern: 2,25%).
Der stärkste Inflationsdruck ging im gerade abgelaufenen Monat von den Energiepreisen aus, deren Jahresrate – im Einklang mit unseren Erwartungen – von -2,4% auf -1,9% anstieg. Bei der Kerninflation sorgten die Preise von Dienstleistungen für einen leichten Disinflationsimpuls – die Jahresrate sank von 3,15% auf 3,10% und markierte damit einen neuen zyklischen Tiefststand. Bei den Industriegütern nahm der Teuerungsdruck hingegen sogar geringfügig zu (0,78% nach 0,76%, YoY), was die eigentliche negative Überraschung darstellte und verhinderte, dass die Kerninflationsrate klar zurückging (vgl. nachfolgende Abbildung).
Betrachtet man die Länderergebnisse ist es vor allem Deutschland zuzuschreiben, dass die Teuerungsrate der Eurozone im August minimal angestiegen ist. Die deutsche Headline-Rate machte einen überraschenden Satz von 1,8% auf 2,1% nach oben. Stärker als anderswo nahm in Deutschland die Teuerung bei den Nahrungsmitteln zu, außerdem war der Effekt bei den Industriegütern besonders ausgeprägt. In den meisten anderen Euroländern blieb die Inflationsrate konstant oder sank sogar leicht (Frankreich: 0,8% nach 0,9%).
Teuerung der Industriegüter verharrt auf vergleichsweise hohem Niveau
Eigentlich waren die Voraussetzungen im August gegeben, dass die Kerninflation der Eurozone nochmals einen entscheidenden Dip nach unten macht. Bei Bekleidung sind die Rabattaktionen im Juli sehr verhalten ausgefallen. Hier hätte es im August zu einem Nachholeffekt kommen können. Daneben hat die Freizeitkomponente einen günstigen Basiseffekt aufgewiesen, da sich im vergangenen Jahr Pauschalreisen recht deutlich verteuert hatten. Schließlich ist der Olympia-Effekt (Hotelpreise in Frankreich) aus der Statistik herausgefallen. Alles zusammen hat aber nicht ausgereicht, um einen namhaften Disinflationsimpuls hervorzurufen.
Enttäuschend ist vor allem, dass sich die Teuerung bei Industriegütern (Bekleidung, Möbel, Haushaltsgeräte, Autos etc.) mit knapp 0,8% auf dem höchsten Niveau seit April 2024 gehalten hat. Dabei müsste gerade bei dieser Komponente die jüngste Euro-Aufwertung die Preise nach unten drücken. Dem steht derzeit aber gegenüber, dass sich die Angebotsbedingungen – etwa mit Blick auf die Lieferketten – zuletzt nicht weiter verbessert haben (vgl. nachfolgende Abbildung).
Daten spielen Falken im EZB-Rat in die Hände
Alles in allem sehen wir uns durch die jüngste Entwicklung in unserer Einschätzung bestätigt, dass der Disinflationstrend in der Eurozone an Kraft verliert. Auch aktuelle Umfragen unter Unternehmen deuten in diese Richtung (vgl. nachfolgende Abbildung). Noch ist zwar etwas Potenzial in dieser Hinsicht vorhanden (z.B. bei Kfz-Versicherungen). Allerdings stehen in den nächsten Monaten gerade mit Blick auf die Kerninflationsrate ungünstige Basiseffekte auf der Agenda. Wir rechnen daher bis zum Jahresende mit keinem weiteren Rückgang bei der Kerninflationsrate mehr. Eher wahrscheinlich ist eine leichte Aufwärtsdrift. Für Dezember 2025 erwarten wir einen Wert von 2,4%. Die Headline-Rate sollte mit 2,2% nach wie vor etwas darunter liegen (Energiepreise liegen weiter unter Vorjahresniveau).
Ein solches Niveau bei der Headline-Rate läge indes deutlich über der offiziellen Inflationsprognose der EZB vom Juni (vgl. nachfolgende Abbildung). Darin gingen die Währungshüter für das 4. Quartal im Durchschnitt von 1,8% aus. Dies ist in unseren Augen nur noch erreichbar, wenn der Ölpreis bis Ende 2025 kräftig fallen würde (von aktuell knapp 70 USD auf 50 USD). Alles in allem spielen die jüngsten Inflationsdaten den Falken im EZB-Rat in die Hände, die für keine weitere geldpolitische Lockerung, sondern ein konstantes Leitzinsniveau von 2,00% plädieren. Dass der Leitzins unverändert bleibt, ist auch unser Basisszenario für die nächsten Monaten.
Von Dr. Daniel Hartmann, Chefvolkswirt, Bantleon AG
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