Seit dem Abverkauf im April haben die meisten bekannten Aktienindizes (S&P500, NASDAQ, DAX und Eurostoxx) neue Höchststände erklommen. Europäische Investoren, die das US-Dollar-Risiko nicht abgesichert hatten, verzeichneten mit einer Investition in den MSCI World allerdings seit Jahresanfang nur einen Wertzuwachs von 1,8%. Im S&P500 schlägt sogar ein Verlust von -1,1% zu Buche. Durch die starke Abwertung des US-Dollars sehen die Indexstände amerikanischer Aktienindizes zwar optisch teuer aus, sind für nicht-amerikanische Investoren seit Jahresbeginn in Heimatwährung aber kaum gestiegen. Entsprechend können die aktuellen Bewertungen des amerikanischen Aktienmarktes nicht als überkauft angesehen werden, zumal 94% der Titel im S&P500 gemäß RSI-Indikator im normalen Bereich handeln und weder überkauft noch überverkauft sind.
Stimmung der Marktteilnehmer ist moderat positiv
Das Sentimentbild unterstützt diese Aussage: Es hat sich mit der V-förmigen Erholung am Aktienmarkt zwar deutlich aufgehellt, deutet jedoch auf ein ausgeglichenes Verhältnis hin. Der Anteil der Fondsmanager, die gemäß einer Umfrage der Bank of America Aktien übergewichtet haben, ist im August von 10% auf moderate 28% gestiegen. Der Indikator CNN Fear and Greed liegt mit 57 Punkten gerade so über dem neutralen Niveau. Die AAII US-Investor-Sentiment-Umfrage weist einen Anteil von nur 42% Optimisten aus, denen 43% Pessimisten gegenüberstehen. Durch die anhaltende Überzahl der Pessimisten ist viel Raum für eine weitere Aufhellung des Sentiments vorhanden. Weitere Indikatoren wie die Put-Call-Ratio, CFTC-Daten und die Entwicklung der High-Yield-Spreads bestärken dies. Damit ist das Sentiment für die weitere Aktienmarktentwicklung moderat positiv.
Erhöhte Volatilität dürfte schnell vorübergehen
Saisonal waren die Herbstmonate historisch oft von Schwäche geprägt und bergen das Potenzial für negative Überraschungen geopolitischer, militärischer oder geldpolitischer Natur. So könnten neue Zölle die Aktienmärkte temporär erschüttern, weitere Verletzungen des Nato-Luftraums durch Russland folgen oder die Fed-Politik das Sentiment eintrüben. Dies wird in Teilen bereits durch erhöhte Volatilitätserwartungen eingepreist, was an der Terminkurve für Futures auf den Index VIX ablesbar ist: je länger die Laufzeit, desto höher die eingepreiste Volatilität. Diese Turbulenzen dürften kurzweiliger Natur sein, wenn man bedenkt, dass die Fed mit ihren Zinssenkungen die Finanzierungskonditionen weiter lockert und die solide Konjunkturentwicklung die risikoreicheren Assetklassen unterstützt. Dies kommt insbesondere zinssensitiven Segmenten wie Small Caps zugute. Die Wahrscheinlichkeit einer anschließenden Jahresendrallye ist hoch.
Marktbreite ist moderat positiv zu werten
Die Marktbreite ist regional betrachtet äußerst hoch. So befinden sich 91% der Länderindizes im Aufwärtstrend, was für eine globale, breit abgestützte Aktienmarktentwicklung spricht. Innerhalb der Indizes ist das Bild jedoch differenzierter. Inzwischen entfallen 39% des Gewichts im S&P500 auf die zehn größten Titel. Dies verdeutlicht die Anfälligkeit für temporäre Kursschwächen der überwiegend aus dem Technologiesektor stammenden Aktien. Eine Alternative zum marktgewichteten S&P500 ist der gleichgewichtete S&P500, der seit Jahresbeginn eine fast 5%-Punkte tiefere Performance erzielte. Die Mega Caps tragen entsprechend weiterhin namhaft zur Performance bei. Dessen ungeachtet notieren 63% der Titel im S&P500 über ihrer 200-Tage-Linie (ggü. 61% beim Eurostoxx, der die rund 300 liquidesten Titel umfasst), was darauf hindeutet, dass der überwiegende Teil der Titel der Aufwärtsbewegung folgt. Gleichzeitig erklommen jedoch weniger als 8% der Aktien im S&P500 und 11% im Eurostoxx neue 4-Wochen-Hochs, was auf eine abnehmende Dynamik hindeutet. Die Marktbreite ist damit moderat positiv zu werten.
Charttechnik: Kaufsignale für S&P500 und Eurostoxx
Das charttechnische Bild ist für den S&P500 positiv und für den Eurostoxx moderat positiv. So gibt der MACD-Indikator für beide Märkte ein Kaufsignal und auch diverse gleitende Durchschnitte sind für den S&P500 und den Eurostoxx aufwärtsgerichtet. Die Bollinger-Bänder geben für den S&P500 ebenfalls ein Kaufsignal, was auf eine stärkere Trenddynamik beim S&P500 hindeutet. Erst beim Unterschreiten der Marke von 6500 Punkten (-1,6%) würde das Signal der Bollinger-Bänder drehen und für einen taktischen Verkauf sprechen. Übergeordnet befindet sich der S&P500 seit Mai in einem Aufwärtstrend. Entsprechend ist davon auszugehen, dass der Index an der Marke von 6500 Punkten gut unterstützt ist. Setzt sich der Aufwärtstrend mit dieser Dynamik fort, so könnte der Index noch in diesem Jahr bis auf 7000 Punkte steigen (+6,1%). Fällt der Index unter die Marke von 6500 Punkten, wäre der Weg bis auf 6150 Punkte frei.
Der Eurostoxx befindet sich seit Mai in einer volatilen Seitwärtsbewegung und hat die Outperformance vom Jahresbeginn gegenüber dem amerikanischen Aktienmarkt nicht fortgesetzt. Für einen positiven Ausbruch müsste der Index das zyklische Hoch von 585 Punkten überwinden (+1,7%). Sollte dies gelingen, wäre der Weg bis auf 600 Punkte frei. Das charttechnische Bild bleibt positiv, wobei die Dynamik für den S&P500 deutlich stärker ist. Rücksetzer können Anleger bei beiden Indizes für Aufstockungen nutzen.
Von Marcio Costa, Senior Portfolio Manager bei BANTLEON
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