CIO Weekly | Nicht die Zeit für 60/40

Der fortschreitende Konjunkturzyklus und die ungewöhnlich große Unsicherheit könnten die Asset-Allokation auf die Probe stellen. Neuberger Berman | 22.09.2021 15:00 Uhr
© Photo by Aron Visuals on Unsplash
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Archiv-Beitrag: Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Das Wirtschaftswachstum scheint jetzt wirklich nachzulassen.

Erstmals seit fast einem Jahr lag die US-Inflation letzte Woche unter den Erwartungen. Enttäuschend war auch der jüngste Arbeitsmarktbericht, und andere Zahlen sprechen ebenfalls für eine schwächere Dynamik.

Hinzu kommt, dass Geld- und Fiskalpolitik weniger expansiv werden. Beiderseits des Atlantiks steht das Tapering der Wertpapierkäufe unmittelbar bevor, und die Diskussion bei den Demokraten spricht dafür, dass die amerikanische Fiskalpolitik zumindest etwas gestrafft werden könnte.

Die Delta-Variante und die Lieferengpässe sind an schwächeren Zahlen nicht unschuldig. Eine Rolle spielt aber auch, dass die Erholung zu Ende geht und sich die Konjunktur normalisiert. Das Wachstum mag nachlassen, aber es kommt nicht zum Stillstand. Entscheidend ist aber, wie stark es zurückgeht und inwieweit das bereits in den Kursen berücksichtigt ist. Da außerdem die langfristige Entwicklung höchst unsicher ist, Aktien teuer sind und sich die Anleihenrenditen auf Rekordtiefs befinden, könnten niedrigere Erträge drohen – bei hoher Volatilität und einer überdurchschnittlichen Korrelation von Aktien und Anleihen.

Was bedeutet das für die Asset-Allokation? Das war das Thema eines Webinars für unsere Kunden in der letzten Woche. Hier finden Sie die Aufzeichnung.

Kein Königsweg

Über 60% der Teilnehmer unseres Webinars rechnen damit, dass Aktien in den nächsten zehn Jahren volatiler sein werden als in den zehn Jahren zuvor. Wir fragten sie daraufhin, ob sie anstelle klassischer Staatsanleihen auch unterschiedliche alternative Anlagen in Betracht gezogen haben. Je nach Assetklasse war dies bei 15% bis 40% der Teilnehmer der Fall. An der Spitze standen Private Assets und Liquid Alternatives. Den Investoren ist aber bewusst, dass es keinen Königsweg gibt.

Letztlich stehen wir vor zwei Aufgaben: Erstens wollen wir mit risikobehafteten Titeln Gewinne erzielen, es aufgrund des drohenden Volatilitätsanstiegs aber nicht übertreiben. Hier sind „defensive Ertragsstrategien“ gefragt. Zweitens wollen wir Portfoliorisiken verringern, ohne in überteuerte Staatsanleihen zu investieren. Das erfordert „defensive Wertsicherungsstrategien“.

Defensive Ertragsstrategien

Für defensive Ertragsstrategien eignen sich Aktien, Anleihen und alternative Anlagen.

Bei Aktien kann eine höhere Gewichtung von Qualitätstiteln helfen, vor allem, wenn sie von langfristigen Wachstumsthemen profitieren können. Nach einem Jahr Mehrertrag von Substanzwerten und Zyklikern spricht jetzt viel für Qualitätsaktien. Wer sich eine längere Kapitalbindung leisten kann, kann auch auf nicht börsennotierte Titel setzen.

Auch bei Anleihen sind defensive Ertragsstrategien möglich. Hier kann man das Kreditrisiko erhöhen, vor allem mit kürzer laufenden High-Yield-Anleihen. Ihre Spreads sind im Vergangenheitsvergleich zwar eng, doch halten wir sie wegen der niedrigen Ausfallquotenerwartungen trotz allem für angemessen. Höhere Renditen bieten auch Titel aus Ländern, die außerdem von der Flucht in die Qualität profitieren. Ein Beispiel sind chinesische Onshore-Staatsanleihen.

Bei alternativen Anlagen können sich klassische Hedgefonds-Strategien anbieten, die zwar positiv, aber nicht sehr stark mit Aktien korreliert sind. Gute Beispiele sind Long/Short Equity, Long/Short Credit, Event-driven, Distressed und Special Situations. Um aus der Aktienmarktvolatilität eine dauerhafte und recht stabile Ertragsquelle zu machen, bietet sich der Verkauf gedeckter Puts auf den Aktienindex an – was das Auf und Ab der Märkte etwas abmildert. Hinzu kommen strukturell unkorrelierte Titel, etwa Insurance-linked Securities, auch bekannt als Katastrophenanleihen.

Defensive Wertsicherungsstrategien

Ähnlich vielfältig können defensive Wertsicherungsstrategien sein.

Im Aktienbereich kann man marktneutral in Qualität investieren, indem man eine Long-Position in Qualitätsaktien mit einer Short-Position in Aktien geringerer Qualität kombiniert. Bei einem Ausverkauf mit einer Flucht in die Qualität führt dies voraussichtlich zu Ertrag.

Im Anleihenbereich kann man anstelle einer einfachen Long-Position in klassischen Staatsanleihen mit einer Long/Short-Strategie auf eine Abflachung der Zinsstrukturkurve setzen. Auch das würde sich bei einer Flucht in die Qualität auszahlen und zugleich das Verlustrisiko bei einem generellen Renditeanstieg mindern. Gerade jetzt ist das wegen der extrem niedrigen Kurzfristzinsen interessant.

Bei alternativen Anlagen könnten sich Hedgefonds-Strategien anbieten, die bei Ausverkäufen am Aktienmarkt bislang meist stabil waren oder sogar im Plus lagen. Beispiele sind Equity Market-neutral, Short-term Trading, Systematic Trend-following und Global Macro.

Optionsstrategien, die auf fallende Kurse setzen – etwa der Kauf (und nicht der Verkauf) von Put-Optionen – sind bei ausgeprägten Korrekturen meist recht nützlich. Sie können aber teuer werden, wenn die Aktienkurse steigen oder sich seitwärts bewegen. Sinnvoller könnte ein defensiver Ansatz sein, der diese Schwächen nicht hat.

Schluss mit 60/40

Ein Portfolio mit solchen Strategien unterscheidet sich in zweierlei Hinsicht von einem klassischen 60/40-Ansatz: Es investiert in zusätzliche Assetklassen und ist bei Aktien und Anleihen innovativer und aktiver. Vielleicht verzichtet man bei einer sehr guten Marktentwicklung auf Ertrag. Zugleich setzt man aber auf Wachstum, ohne bei der Diversifikation und dem Schutz vor Verlusten zu stark auf die schon jetzt sehr niedrig verzinslichen Staatsanleihen angewiesen zu sein.

Wir halten dies für eine kluge Diversifikationsstrategie, die ihrem Namen alle Ehre macht – geeignet für einen schon weiter fortgeschrittenen Konjunkturzyklus bei einer ungewöhnlich hohen Unsicherheit.

Erik Knutzen, Chief Investment Officer – Multi-Asset Class, Neuberger Berman

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