„Möchten Sie eine Portion Pommes und dazu etwas zu trinken?“
Die meisten amerikanischen Verbraucher würden zurzeit wohl Ja sagen, auch wenn sie jetzt wesentlich mehr dafür bezahlen müssen als vor einem Jahr. Die Befürchtung, dass die Menschen wegen der hartnäckigen Teuerung bei allem sparen, ist übertrieben.
Aber sehen wir uns doch einmal einige Gewinnmeldungen amerikanischer Konsumgüterunternehmen für das 1. Quartal an. Man sieht große Unterschiede je nach Gütergruppe.
Manche Entwicklungen, die nach dem Ende der Pandemie begonnen haben, halten an. Noch immer werden Ausgaben verlagert, etwa von Elektronik und Wohnaccessoires zu Kosmetik, Haustierbedarf und Schuhen. Man sieht aber auch, dass viele Verbraucher trotz der höheren Preise noch immer markenbewusst sind. Das gilt für Softgetränke und Alkoholika, Medizin, den einen oder anderen Schokoriegel und ausgewählte Mode mit einem hohen Sozialprestige.
Den Anbietern solcher Produkte ist es gelungen, höhere Kosten ohne größere Absatzeinbußen weiterzugeben. Ihre Margen erholen sich, und die Kursentwicklung ist besser als die der Anbieter von Massenware oder Dingen, auf die man leicht verzichten kann.
Aber wird das so bleiben?
Teurere Cola
Der Absatz mancher Verbrauchsgütermarken ist zwar gefallen, doch war die Nachfrage meist nicht so preissensitiv wie befürchtet.
Das Konsumforschungsinstitut Nielsen hat gezeigt, dass Eigenmarken für Verbrauchsgüter wie Wasser und Cerealien Marktanteile zurückgewinnen, die sie in der Pandemie an Markenartikler verloren haben. Ansonsten weichen die Verbraucher aber eher weniger auf billigere Produkte aus.
Nach Einschätzung des Gesundheitsprodukteherstellers Haleon haben viele Eigenmarken in den letzten drei Monaten sogar Marktanteile verloren. Haleon erklärte das mit der großen Kundentreue an einem Markt, an dem das Unternehmen mit Marken wie Advil und Tums vertreten ist.
Pepsi und Coca-Cola hingegen – zwei andere Gewinner – berichteten über einen Anstieg der Bruttomarge um 16% bzw. 11%. Die Absatzmenge hat sich hingegen nur wenig verändert. Bei Pepsi schrumpfte sie um 2%, bei Coca-Cola ist sie um 3% gestiegen.
Procter & Gamble wiederum ist es gelungen, die Preise durch regelmäßige Investitionen und Innovationen um 10% anzuheben. Der Absatz ging dabei nur um 3% zurück und damit nicht einmal so stark wie im Vorquartal, als 6% weniger verkauft wurden.
Schnäppchenjagd
Und doch verändern sich Verbraucherverhalten und Vertriebskanäle.
So berichtet Amazon über weniger Ausgaben für Konsumgebrauchsgüter. Schon Walmart hatte Anfang des Jahres wissen lassen, dass immer mehr Besserverdienende in die Läden kämen. Auch McDonald’s, das immer noch erschwinglich ist, berichtete über mehr Gäste in allen Kategorien und Marktanteilsgewinne in allen Einkommensklassen der USA.
Kraft Heinz berichtete wiederum, dass die Kunden jetzt über andere Kanäle einkauften und mehr auf die Packungsgrößen achteten. Molson Coors ließ wissen, dass immer mehr Verbraucher statt zu mittelgroßen Packungen zu Portionsbeuteln oder Familienpackungen griffen, wobei sich vor allem die Reicheren für größere Einheiten entschieden.
Diese Schnäppchenjagd sollte die Alarmglocken schrillen lassen. Der Einkauf in anderen Läden und ein wachsendes Bewusstsein für Packungsgrößen dürften Vorboten für den Griff nach Billigprodukten sein.
Erste Schwächezeichen
Gegen Ende des 1. Quartals im März und Anfang April zeigten sich erste Schwächezeichen. Sie fielen mit der Volatilität im Bankensektor und den Sorgen wegen der Folgen strengerer Kreditbedingungen für Wirtschaft, Arbeitsmarkt und Konsum zusammen.
Viele Unternehmen haben in ihren letzten Quartalsberichten zwar die Umsatz- und Gewinnprognosen der Analysten übertroffen, aber nur wenige hoben den Ausblick an. Das zeigt, wie unsicher sie für den weiteren Jahresverlauf sind.
Starbucks legte unerwartet gute Erstquartalszahlen vor, weil die Verbraucher nach wie vor zu Kaffeespezialitäten griffen – ein erschwinglicher Luxus. Aber die Aktie gab trotzdem nach. Das Unternehmen hatte seine Jahresprognose zwar bestätigt, aber nicht angehoben. Im Lebensmittel- und Getränkesektor berichtete Sysco über weniger Restaurantbesuche ab März und auch im April. Im Bekleidungssektor sprachen sowohl Carter’s als auch HanesBrands von einem deutlichen Umsatzrückgang im März und Anfang April.
All das spricht dafür, dass die Gewinne im 2. wohl sehr viel unsicherer sein werden als im 1. Quartal.
Einzelwertrisiken
Zum Schluss möchten wir Kellogg’s-CEO Steve Cahillane zitieren. Er nannte den US-Verbraucher „äußerst belastbar“. Auch aus anderen Konsumgüterunternehmen war in der letzten Berichtssaison Ähnliches zu hören.
Möglich wurde diese Belastbarkeit aber auch durch die hohen Ersparnisse aus der Coronazeit, den Personalmangel und den starken Lohnanstieg. Die Ersparnisse schrumpfen jetzt, und Arbeitsmarkt- und Lohnentwicklung muss man genau im Blick behalten. Wenn Wirtschaft und Beschäftigung unter den strengeren Kreditbedingungen zu leiden beginnen und die Haushalte weniger Geld haben, dürfte die Belastbarkeit auf die Probe gestellt werden.
Die Entwicklungen bei einigen der größten US-Konsumgüterunternehmen bestätigen eines der aus unserer Sicht zurzeit wichtigsten Investmentthemen: In fast allen Branchen und an allen Märkten wachsen die Einzelwertrisiken.
Wir haben uns hier mit Konsumgütern befasst, sehen aber in anderen Sektoren ähnliche Tendenzen. Der weltweite Konjunkturabschwung wird unterschiedliche Auswirkungen haben. Überraschungen sind möglich, auch weil nominale Preisänderungen so viele verschiedene Folgen haben können.
Deshalb lautet unser Fazit: Die Einzelwertauswahl bleibt entscheidend, bei Credits wie bei Aktien.
Von Brad Tank, Chief Investment Officer – Fixed Income, Kristin Cejda, Senior Research Analyst & Jennifer Haidu, CFA, Senior Research Analyst, Neuberger Berman