Die BRICS-Gruppe, bestehend aus Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika, unterhielt seit 2006 regelmäßige Treffen und wurde formell 2009 ins Leben gerufen. Seitdem hat sie eine bemerkenswerte Entwicklung durchlaufen. Ursprünglich gegründet, um wirtschaftliche Kooperation und politischen Dialog zwischen aufstrebenden Volkswirtschaften zu fördern, haben sich die Ambitionen mittlerweile geändert, um BRICS+ als ein Gegengewicht zu den G7 zu etablieren.
Eine der Ideen, ist die Einführung einer gemeinsamen BRICS-Währung. Dieses Vorhaben spiegelt die Bestrebungen der Mitglieder wider, ihre Abhängigkeit vom US-Dollar zu verringern und eine größere finanzielle Autonomie zu erlangen. Obwohl konkrete Schritte in diese Richtung bisher begrenzt sind, nimmt der Anteil von USD an den globalen Devisenreserven seit langer Zeit stetig ab. Nicht zuletzt sind viele BRICS-Mitglieder und -Anwärter bestrebt, ihre Währungsreserven in andere Währungen zu diversifizieren, um nicht zu sehr von den USA abhängig zu sein. Dieser Trend signalisiert eine wachsende Sorge über die Auswirkungen der Dollar-Dominanz auf die Weltwirtschaft. Als weitere Gründe wird die größere Flexibilität im Handel genannt, und es ermöglicht den Ländern auch geopolitisch und wirtschaftlich unabhängiger zu agieren.
Elf Freunde wollt ihr sein
Ein wichtiger Schritt in der Entwicklung von BRICS war die beschlossene Erweiterung der Gruppe durch neue Mitglieder auf dem 15. BRICS-Gipfel in Südafrika. Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate, Iran, Ägypten, Äthiopien und Argentinien wurden eingeladen, an dem Gipfel teilzunehmen, was als ein bedeutender Schritt in Richtung einer BRICS+-Vision interpretiert werden kann. Diese neuen Mitglieder bringen zusätzliche wirtschaftliche Stärke und politischen Einfluss in die Gruppe ein und unterstreichen die Bemühungen, BRICS+ zu einer breiteren Plattform für Schwellen- und Entwicklungsländer zu machen.
Die politischen und wirtschaftlichen Motivationen der Länder für ihre Mitgliedschaft in BRICS+ sind vielfältig. Zum einen suchen sie nach neuen Handelspartnern und Märkten, um ihre eigene Wirtschaft zu diversifizieren und zu stärken. Zum anderen verfolgen sie politische Ziele, indem sie sich einer Gruppe anschließen, die eine alternative Perspektive zur westlich dominierten Weltordnung bietet. Die BRICS-Länder sind bestrebt, ihre Stimmen auf internationaler Ebene zu stärken und sich gegenüber den etablierten globalen Mächten Gehör zu verschaffen. Kommentatoren sind sich aber einig, dass die jetzt schon sehr diverse Gruppe durch die Aufnahme neuer Mitglieder nicht an Schlagkraft gewinnen wird. Zu unterschiedliche seien die Ziele und zu groß auch die Spannungen innerhalb der Gruppe, man denke nur an den Grenzkonflikt von China mit Indien oder die sich überlappenden wirtschaftlichen Interessen Chinas und Russlands in Afrika.
Comeback der Emerging Markets?
Sieht man sich die Zahlen an, wird allerdings deutlich, dass BRICS+ rein wirtschaftlich eine Größe darstellt. 37% des globalen BIP wird von den 11 Staaten erwirtschaftet, die G7 (die westlichen Industrienationen USA; CAN, DE, FRA, GB, IT, JP) kommen auf 30%. Immerhin leben 46% der Weltbevölkerung in BRICS+, in den G7 nur knapp 10%. Die bloße Erweiterung wird allerdings die wirtschaftlichen Herausforderungen der Wachstumsmärkte nicht lösen können, insbesondere China strauchelt im Moment. Es ist nicht absehbar, dass wirtschaftliche Probleme durch BRICS+ gelöst werden. China wird aber seine Hegemoniebestrebungen weiter vorantreiben. BRICS+ ist ein weiterer Baustein, die Vorherrschaft des Westens zu brechen. Ob das lose Bündnis letztendlich zu einer neuen Weltordnung führen wird, bleibt aus heutiger Sicht mehr als fraglich. In unserer Investmentstrategie bleiben wir bei Emerging Markets-Aktien weiterhin neutral gewichtet.
Von Michael Wilnitsky, Product Manager, Kathrein Privatbank