Lange Zeit waren europäische Aktien bei internationalen Großinvestoren zugunsten von US-Unternehmen untergewichtet. Die Dominanz der Mega-Caps (der nach Marktkapitalisierung größten US-Techunternehmen) und das höhere Wachstum haben Kapital wie ein Magnet angezogen. Doch nun mehren sich die Zeichen, dass die Übergewichtung von US-Aktien abgebaut und die freiwerdenden Mittel zunehmend auch in Europa angelegt werden.
Bester Start in einer Dekade
Laut dem Finanzdienstleister Bloomberg verzeichneten europäische Aktien die größten Zuflüsse seit Ausbruch des Ukraine-Kriegs. Allein in der vergangenen Woche sind netto rund 4 Milliarden Euro in europäische Aktien geflossen. Das erklärt, warum europäische Indizes seit Jahresbeginn ihre amerikanischen Pendants deutlich hinter sich lassen konnten. So legte der STOXX Europe 600 Index in den ersten acht Wochen dieses Jahres bereits um mehr als 9% zu, während der S&P 500 in Euro gerechnet lediglich um 1,4% gestiegen ist. Wenn sich der Trend fortsetzt, handelt es sich für den STOXX Europe 600 um das beste erste Quartal eines Kalenderjahres im Vergleich zum S&P 500 aus Euro-Investorensicht seit 2015.
Grafik-Quelle: Bloomberg Finance L.P., Zeitraum: Erstes Quartal des jeweiligen Kalenderjahres, 2025: 31.12.2024 – 20.02.2025. Letzte Aktualisierung: 21.2.2025. Angaben und Darstellung der Wertentwicklung mit Bezug auf die Vergangenheit lassen keine verlässlichen Rückschlüsse auf zukünftige Ergebnisse zu.
Die Hoffnung auf eine Waffenruhe im Ukraine-Konflikt und mögliche Fiskalreformen nach der Wahl in Deutschland, sowie die relativ günstige Bewertung im Vergleich mit US-Aktien, liefern die Argumente für dieses Umdenken der Investoren. Unterstützend wirkt auch die Erwartung der Anleger auf weitere Zinssenkungen durch die EZB. Wir haben in unserer Aktienstrategie Europa in den vergangenen Monaten relativ zu den USA immer übergewichtet. Und bei den europäischen Aktien wurde der DAX ebenfalls stärker gewichtet, eine Strategie, die nun Früchte trägt. Hoffnung auf einen Abbau der Bürokratie in Europa und die politische Debatte über die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Unternehmen im internationalen Kontext sind ebenfalls willkommene Nachrichten.
Geopolitische Fragezeichen
Ein großes Fragezeichen bleibt die Neuausrichtung der US-Außenpolitik in Kombination mit der Zollpolitik. Letztere kann durch den schwachen Euro noch einigermaßen kompensiert werden. Ersterem muss mit proaktiven Lösungen begegnet werden. Gehemmt durch mangelndes Selbstvertrauen und fehlende Geschlossenheit befindet sich die Europäische Union in einer Zuschauerrolle bei geopolitisch äußerst bedeutsamen Entwicklungen. Eine rasche Reaktion auf die neuen Umstände ist notwendig, um nicht zwischen den anderen großen Playern zerrieben zu werden. Jetzt, da die Deutschland-Wahl geschlagen ist und die Union aus CDU/CSU als stärkste Partei hervorgegangen ist, erwarten viele Beobachter neue Weichenstellungen in wichtigen Bereichen. Vor allem wirtschaftspolitisch sind die Erwartungen der Akteure groß. Friedrich Merz werden gute Chancen zugestanden, die richtigen Schritte hin zu einer Entlastung von Unternehmen und Bürgern einzuleiten. Die Aufgaben für eine neue Regierung in Deutschland sind jedenfalls gewaltig. Bleibt zu hoffen, dass die Koalitionsverhandlungen bei unserem großen Nachbarn rasch zu einer handlungsfähigen Regierung führen.
Von Josef Stadler, Portfolio Manager und Florian König, Portfoliomanager, Kathrein Capital Management
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