Inflation oder Beschäftigung? Die Fed trifft ihre Wahl

Capital Group | 09.10.2025 15:30 Uhr
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Das Pendel ist ausgeschlagen. Nach einem langen Balanceakt zwischen der Eindämmung der Inflation und dem Ziel der Vollbeschäftigung hat die US Federal Reserve (Fed) eine Entscheidung getroffen. Die Zinssenkung um einen viertel Prozentpunkt im September ist die erste seit neun Monaten. Offenbar ist jetzt der Arbeitsmarkt die größere Sorge der Notenbank.

Trotz Anzeichen für eine steigende Inflation hat die Fed ihren Leitzins gesenkt. Diesem Schritt war eine Reihe schwacher Arbeitsmarktdaten vorausgegangen. Zudem stieg die Besorgnis darüber, dass viele Unternehmen wegen der wirtschaftlichen Unsicherheit infolge der Zölle und Handelsstreitigkeiten keine neuen Mitarbeiter einstellen.

„Ich glaube, dass die Fed dem Arbeitsmarkt mehr Aufmerksamkeit schenken wird als der Inflation“, meint Anleihenportfoliomanager Tom Hollenberg. „Sie geht meiner Meinung nach davon aus, dass der zollbedingte Inflationsanstieg eine einmalige Angelegenheit ist, sodass der Weg für einen ersten Zinsschritt frei war und weitere Senkungen in diesem Jahr folgen könnten.

Wir stehen am Beginn eines neuen Zinssenkungszyklus. Ob das gut oder schlecht ist, wird sich zeigen“, fügt er hinzu. „Insgesamt könnten es am Ende 50 bis 75 oder noch mehr Basispunkte werden. Die Fed hat die Inflation vorerst hintangestellt, und ich denke, das zählt.“

Die Entscheidung der Fed fiel in eine Phase gegenläufiger wirtschaftlicher Strömungen und neuer Sorgen um die Unabhängigkeit der Notenbank, die von Präsident Trump zu Zinssenkungen gedrängt wird. Die PCE-Inflation dürfte im August bei 2,9% zum Vorjahr gelegen haben und damit so hoch gewesen sein wie zuletzt im Februar. Unterdessen zeigte der Arbeitsmarktbericht vom August, dass die Unternehmen quasi keine neuen Mitarbeiter mehr einstellen. Nur 22.000 neue Stellen wurden geschaffen. Die US-Arbeitslosenquote ist allmählich gestiegen – von ihrem 50-Jahres-Tief von 3,4% im April 2023 auf 4,3%.

Schwächerer US-Konjunkturausblick

Trotz aller Bedenken, dass höhere Zölle eine Rezession auslösen würden, ist die US-Wirtschaft noch immer stabil. Ein Abschwung ist bislang ausgeblieben. Das US-BIP legte im 2. Quartal um 3,3% zu, aber nach Ansicht von Jared Franz, Volkswirt bei Capital Group, mehren sich allmählich die Anzeichen für eine nachlassende Konjunktur.

„Ich denke, dass die US-Wirtschaft am Beginn eines Mini-Abschwungs steht“, sagt Franz. „Die Schaffung neuer Stellen mag in mehreren Sektoren stagnieren, aber das wird die Arbeitslosenquote nicht auf ein Niveau treiben, das üblicherweise mit einer Rezession in Verbindung gebracht wird.“

Die Konzentration der Fed auf den Arbeitsmarkt ist verständlich. Schließlich machen die Verbraucherausgaben etwa zwei Drittel der US-Wirtschaft aus. Erst vor Kurzem haben massive KI-Investitionen von US-Technologieunternehmen für einen ordentlichen Wachstumsschub gesorgt.

Außerdem hat die strenge US-Einwanderungspolitik Folgen für die Arbeitsmärkte. Wegen der Durchsetzung der Einwanderungsbestimmungen ist die Gesamtzahl der Arbeitskräfte in der Wirtschaft gesunken. Das hat dazu beigetragen, dass die Arbeitslosenquote in diesem Jahr stabil geblieben ist, obwohl erheblich weniger neue Mitarbeiter eingestellt wurden.

Nach der jüngsten Senkung liegt die US Federal Funds Rate jetzt bei 4% bis 4,25%. Das hat Einfluss auf viele andere Arten von Zinsen, beispielsweise für Barkredite, die Renditen von US Treasury Bills, Hypotheken und Kreditkarten.

Zinssenkungen könnten die US-Märkte weiter nach oben treiben

Nach der zollbedingten Volatilität Anfang des Jahres erreichte der S&P 500 Index einen Höchststand nach dem anderen, vor allem aufgrund solider Unternehmensgewinne und der Begeisterung der Investoren für KI-Werte. Aber nicht alle Sektoren haben sich gut entwickelt. Beispielsweise schnitten Gesundheits- und Industriewerte schlechter ab als US-Technologieaktien, vor allem KI-Papiere.

Wie die folgende Tabelle zeigt, haben sowohl die Aktien- als auch die Anleihenmärkte in Zinssenkungszyklen außerhalb von Rezessionen ordentliche Erträge erzielt. Im Durchschnitt hat der S&P 500 Index in den drei Zyklen ohne Rezession seit 1984 um fast 28% zugelegt. Mit nahezu 17% p.a. haben auch US-Anleihen gut abgeschnitten. Geldmarktanlagen entwickelten sich hingegen unterdurchschnittlich.

Allerdings werden die Zollunsicherheit sowie ihre Auswirkungen auf die globalen Lieferketten in den kommenden Monaten weiterhin die Unternehmensentscheidungen und vielleicht auch die Anlegerstimmung beeinflussen, meint Aktienportfoliomanager Charles Ellwein.

„Aus meinen Gesprächen mit großen US-Unternehmen weiß ich, dass ihre Kunden wegen der Zölle Aufträge zurückstellen“, erklärt Ellwein. „Die holprige Einführung, die ständigen Änderungen und die gerichtlichen Anfechtungen der Rechtmäßigkeit der US-Zölle haben die Lage kompliziert gemacht. Handelspartner wollen wissen, wie die Zölle an sie weitergegeben werden, und suchen Wege, ihre Kosten zurückzufordern, falls die Zölle am Ende aufgehoben werden.“

Wichtig ist ein ausgewogenes Portfolio

Die anhaltenden Unsicherheiten im Zusammenhang mit der globalen Handelspolitik, der Inflation, der Beschäftigung, dem Wirtschaftswachstum und anderen Marktfaktoren verdeutlichen, wie wichtig ein diversifiziertes, ausgewogenes Portfolio für Investoren ist – eines, das darauf ausgerichtet ist, Marktschocks abzufedern.

„Die Inflation und die Unabhängigkeit der Fed machen mir am meisten Sorgen. Sie behalte ich besonders im Blick“, sagt Jody Jonsson, Capital Group Vice Chair und Aktienportfoliomanagerin. „US-Aktien sind zurzeit sehr hoch bewertet, sodass ein Inflationsschock oder eine Krise bei der Fed bei Investoren gar nicht gut ankäme.

Ich bleibe voll investiert“, fügt Jonsson hinzu, „aber ich kombiniere Wachstumsaktien mit defensiveren Papieren. Diese Ausgewogenheit ist aus meiner Sicht immer wichtig. Zurzeit schneiden defensive Unternehmen schlechter ab als der Markt, aber ich denke, es wird der Zeitpunkt kommen, an dem Investoren froh sein werden, sie im Portfolio zu haben.“

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