Europa für G-3 fit machen
In einem Interview mit Die Presse-Chefredakteur Rainer Novak ging der österreichische Bundesminister Hans-Jörg Schelling auf die wirtschaftliche Zukunft Europas ein. Dass das aktuelle Niedrigzinsniveau noch lange Wirkung zeigen wird, ist laut Schelling unbestritten. Von in dieser Phase abgeschlossenen Kreditverträgen würden noch viele Finanzminister nach ihm und deren zu verantwortenden Staatshaushalte profitieren. Die Anstrengungen zur Schuldenreduktion der Staaten ist aus seiner Sicht jedoch noch nicht groß genug, denn die Europäische Zentralbank (EZB) wird sich von ihrer Nullzinspolitik irgendwann verabschieden und auch das Quantitative Easing Programm wird auslaufen. Zwar sei bei Letzterem nicht von einem abrupten Ende auszugehen, aber man werde es ausgleiten lassen. Eine Mischung aus fiskal- und geldpolitischen Maßnahmen sei nötig, um den Euro nachhaltig zu stabilisieren. Wenn Europa langfristig zu den G-3 (Anm.: Amerika, Asien, Europa) zählen möchte, ist jedes einzelne EU-Land gefordert, Strukturmaßnahmen durchzuführen und Schulden abzubauen, so Schelling in seinen Ausführungen.
Stärkung des heimischen Kapitalmarktes durch Vorsorge
Eine Stärkung des heimischen Kapitalmarktes hängt für Schelling einerseits von der Entwicklung der Wiener Börse, andererseits von der Frage, wie sehr Aktien künftig für Vorsorgezwecke genutzt werden ab. Dass sich das Bewusstsein gerade ändert und vom Sparbuch weg bewegt sei dafür wichtig. Die Stabilität des Kapitalmarktes ist da, es gilt jetzt weitere Anreize zu schaffen, und eine davon sei die Vorsorge, schloss Schelling seine Ausführungen ab.
Konjunktur: Stimmungsindikatoren zeigen nach oben
Peter Brezinschek, Chefanalyst von Raiffeisen Research, diagnostiziert in seinem Vortrag ein nur selten vorkommendes konjunkturelles Phänomen: globales synchrones Wachstums. Er sieht dabei Österreich sowie Zentral- und Osteuropa (CEE) auf der europäischen Überholspur. Der Wirtschaftsaufschwung der Eurozone ist breit angelegt und hat noch weiter Luft nach oben. Österreich könnte dabei – nach vielen Jahren des Hinterherlaufens – wieder stärker wachsen als Deutschland und die gesamte Eurozone im Durchschnitt. Brezinschek: „Die Trendwende an den Märkten hat genau dann stattgefunden, als die Sorge über einen Brexit und den Sieg Donald Trumps bei den US-Wahlen am größten war.“ Die Stimmungsindikatoren zeigten nach oben, das Wirtschaftsvertrauen wachse, und auch der Ausblick auf 2018 sei sehr gut, so der Chefanalyst von Raiffeisen. Die EZB bleibe starker Einflussfaktor für die Kapitalmärkte in Europa. Ein vorsichtiges Tapering der EZB beginne 2018. Mit einer Leitzinsanhebung rechnet Brezinschek aber frühestens 2019, wohingegen in CEE, beispielsweise in Tschechien, eine Zinsnormalisierung schon angelaufen sei. Auch die Inflation in CEE entwickle sich zufriedenstellend, man kehre wieder zu den Inflationszielen zurück. Auch für den Aktienmarkt ist Peter Brezinschek durchaus positiv gestimmt: „Der ATX holt seit 2015 kräftig auf, was ein Spiegelbild der verbesserten Gewinnaussichten ist. Die CEE-Börsen sind in einem klaren Bewertungsvorteil – mit teilweise mäßigem Gewinnwachstum. Doch quer über die CEE-Region gibt es attraktive Dividendenrenditen.“
Selbstverständlich erhielten die Teilnehmer des Investment Day 2017 auch ausführliche Informationen zu konkreten Investmentmöglichkeiten, aufbereitet von Günther Schmitt, Senior Fondsmanager im Team „Aktien, entwickelte Märkte“ und Senior Investment Manager Christian Leinweber, beide Raiffeisen KAG.
Sowohl beim Mittagessen als auch beim abschließenden „Flying Buffet“ in der Sky diskutierten Teilnehmer und Vortragende sowie die Vertreter der Raiffeisen KAG, unter ihnen Rainer Schnabl, Vorsitzender der Geschäftsführung und Michael Spiss (Leiter Institutionelles Geschäft) die Inhalte der Vorträge in kleinerer Runde weiter. Für Rainer Schnabl „ist der Investment Day die Flaggschiff-Kundenveranstaltung der Raiffeisen KAG, bei der wir einen direkten Draht zwischen Investoren und internationalen Kapitalmarktexperten herstellen. Als die am stärksten wachsende Fondsgesellschaft Österreichs, werden wir weiter alles daran setzen, dass die Österreicherinnen und Österreicher Wertpapierveranlagungen noch wesentlich stärker als Instrument zum Vermögensaufbau und der Zukunftsvorsorge wahrnehmen und nutzen.“