„Die Konjunkturelle Abschwächung setzt sich fort.“ Mit dieser Aussage übertitelt das Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO) die jüngste Einschätzung der österreichischen Wirtschaft. Die Abschwächung zeige sich vor allem in der Industrie und im Bausektor, während die Dynamik in Konsum und Dienstleistungen weiterhin robust verlaufe. Österreich spiegelt somit – als offene kleine Volkswirtschaft wenig überraschend – die internationalen Trends gut wider. Allerorten ist das erwähnte Auseinanderklaffen von schwachem Industriebereich und robustem Dienstleistungssektor zu beobachten. Die Industrie leidet vor allem unter dem Handelskonflikt, während Dienstleistungen und Konsum von der guten Beschäftigungslage profitieren. Wie wird sich die Lücke schließen? Erholung der Industrie oder Absacken der Dienstleistungen? Diese Frage wird wohl in Washington und Peking entschieden werden, denn der Handelskrieg gilt als größter Unsicherheitsfaktor für die Weltwirtschaft und somit auch als wesentlicher Grund für die Zurückhaltung bei den Ausrüstungsinvestitionen. Eine andere Ungereimtheit ist weniger stark präsent, nämlich jene zwischen „weichen“ Umfragedaten und „harten“ Wirtschaftsdaten. Dabei zeigt sich: die Stimmung ist schlechter, als es die harten Daten rechtfertigen. Beispiel: die US-Industrieproduktion (Kategorie: harte Daten) wächst zwar nicht mehr, fällt aber auch nicht. Die dazu passende Umfrage, der ISM-Index, liegt jedoch auf dem tiefsten Niveau seit dem Rezessionsjahr 2009. In den letzten Jahren war es oft so, dass die Realität den negativen Erwartungen der Befragten nicht vollumfänglich gefolgt ist. Der Aktienmarkt dürfte auch diesmal eine solche Entwicklung antizipieren – angesichts von Kursen nahe der Jahreshochs. Dass zyklische Aktien zuletzt deutlich besser gelaufen sind, ist auch als Zeichen der Zuversicht zu verstehen. Für eine abschließende Bestätigung fehlt allerdings eine Stabilisierung bzw. Erholung relevanter Indikatoren sowie Klarheit bezüglich des Handelskonfliktes. Wobei es nicht unwahrscheinlich ist, dass das kommende (Wahl-)Jahr zumindest zu Letzterem eine „Lösung“ parat hält, die zumindest der amerikanische Präsident als solche verkaufen wird.
Staatsanleihen: negative Effekte aus dem Handelskonflikt
Die US-Notenbank befindet sich unserer Meinung nach mitten im Zinssenkungsmodus. Sie möchte damit in erster Linie negativen Effekten aus dem Handelskonflikt mit China vorbeugen. Zuletzt ist die US-Zinskurve (10-jährig – 2-jährig) deutlich angestiegen und nun wieder positiv. Die Hinweise sind noch vage, aber eine US-Rezession inklusive lauter geldpolitischer Begleitmusik scheint in den kommenden 12 Monaten möglich. Wir bewerten US-Anleihen positiv und erwarten eine steilere US-Zinskurve.
Unternehmensanleihen: Ausfallsraten im Euro-High-Yield-Segment könnten ansteigen
Euro-Unternehmensanleihen bleiben weiterhin wesentlicher Baustein für Anleger. Vor allem mit dem Beginn der monatlichen Anleihekäufe durch die EZB (EUR 20 Mrd. ab Ende Okt./Anfang Nov. 2019) gehen wir davon aus, dass Euro-Investmentgrade-Anleihen und Anleihen mit guten High Yield-Bonitäten zu den größeren Profiteuren zählen werden. Im Euro- High-Yield-Segment erwarten wir in den kommenden Monaten ein moderates Ansteigen der Ausfallsrate und ein dadurch bedingtes negativeres Sentiment.
Emerging-Markets-Anleihen: Datenlage stabilisiert sich
Die Datenlage in den Emerging Markets hat sich zuletzt zwar nicht verbessert, aber zumindest auf niedrigem Niveau stabilisiert. So zeigen etwa die Einkaufsmanager Indizes für die Schwellenländer keinen weiteren Verfall an und in einigen Regionen sogar leichte Aufwärtstendenzen. Wir rechnen – ähnlich der Entwicklung der realen US-Zinsen – mit moderat niedrigeren Risikoprämien für Emerging-Markets-Hartwährungsanleihen.
Entwickelte Aktienmärkte: uneinheitliches Bild
Die entwickelten Aktienmärkte präsentierten sich in den letzten Wochen von ihrer freundlichen Seite. Unterstützung kommt dabei unverändert von den internationalen Notenbanken, auch die politischen Risiken sind (zumindest kurzfristig) etwas in den Hintergrund getreten. Der Blick auf die Fundamentaldaten sorgt weiterhin für Ernüchterung. Die Gewinnwachstumsraten für das Jahr 2019 sind mittlerweile nur mehr leicht positiv und die Gewinnrevisionen sind unverändert negativ. In Summe zeigt sich ein uneinheitliches Bild.
Aktienmärkte Schwellenländer: Gewinnentwicklung könnte Boden ausbilden
Emerging-Markets-Aktien konnten sich seit August stabilisieren und die entwickelten Märkte leicht outperformen. Trotzdem gehören Schwellenländer-Aktien im Jahr 2019 eindeutig zu den relativen Verlierern im Spiel der Kräfte der globalen Aktienmärkte. Verantwortlich dafür ist die äußerst schwache Entwicklung des globalen verarbeitenden Gewerbes, das von Natur aus einen größeren Niederschlag bei Aktien aus den Emerging Markets findet. Die Gewinnentwicklung, insbesondere im asiatischen Raum, scheint einen Boden auszubilden. Daher könnten sich schon bald neue Chancen entwickeln.
Rohstoffmärkte: Richtungsschwenk der internationalen Notenbanken unterstützt
Die internationalen Rohstoffmärkte bewegen sich in den letzten Monaten seitwärts ohne klaren Preistrend. Politischen Risikofaktoren stehen schwächere Nachfrageaussichten (schwächere Konjunkturdaten in den letzten Monaten) gegenüber. Im Bereich der Edelmetalle setzten sich die Zuflüsse fort. Der Richtungsschwenk der internationalen Notenbanken unterstützt hier maßgeblich.
Ingrid Szeiler, Chief Investment Officer, Raiffeisen KAG