Themen der Nachhaltigkeit | Nahrungsmittelproduktion

Die Aspekte der Welternährung sind vielfältig, die Sicherung einer nachhaltigen Lebensmittelversorgung muss diverse konkurrenzierende Bedürfnisse berücksichtigen. Raiffeisen Capital Management | 03.11.2022 07:00 Uhr
© Photo by Randy Fath on Unsplash
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Aspekte der Welternährung

Angebotsseitig sind Landwirtschaft und Meereswirtschaft die Träger der Nahrungsmittelproduktion. Auf Seiten der Landwirtschaft sind wesentliche Faktoren für einen entsprechenden Ernteerfolg neben dem Land selbst Wasser, Saatgut, Dünge- und Futtermittel, Kapital sowie das entsprechende Know-how. Nach der Ernte sind sachgerechte Lagerung, Transport und Verarbeitung von Bedeutung. Schließlich müssen Groß- und Einzelhändler, Im- und Exporteure sowie lokale und internationale Märkte die Lebensmittel zu den Konsumenten selbst bringen. Bei der Meereswirtschaft geht es um ein Vermeiden des Leerfischens speziell der Ozeane, also den Bestandserhalt, im Zusammenhang mit einer schonenden Fischerei und einer guten Wasserqualität. Laut Welternährungsorganisation FAO stagnieren die Fischereierträge in den Meeren seit 1990 und sind mittlerweile sogar rückläufig.

Zur Optimierung des Ernteerfolgs tragen entsprechende produktionssteigernde Maßnahmen wie der Einsatz von Düngemitteln und Bewässerungssysteme bei. Neben Betriebsmitteln sind auch neue Technologien und generelles Know-how gefragt.

Unterernährung und Fehlernährung

Nachfrageseitig wird ein Anstieg der Weltbevölkerung von aktuell mehr als 7,9 Milliarden auf knapp 10 Milliarden Menschen bis 2050 erwartet. Die Einkommen in den Entwicklungsländern verbessern sich und die Zahl derer, die zur Mittelschicht aufschließen und dabei ihr Ernährungsverhalten ändern, geht in die Milliarden. Das World Resources Institute (2019) geht daher davon aus, dass die Nachfrage nach Nahrungsmitteln zwischen 2010 und 2050 um mehr als 50 % steigen könnte. Die erwartete Steigerungsrate bei tierischen Erzeugnissen liegt sogar bei knapp 70 %.

Mehrere hundert Millionen Menschen sind weiterhin von Unterernährung betroffen. Hintergrund sind die zu geringe Produktion der lokalen Agrarsysteme und die aktuellen Verteilungsstrukturen der verfügbaren Lebensmittel weltweit. Zu den kritischen Faktoren zählen hierbei Lagerung und Infrastruktur.

Im Gegensatz dazu liegt die Anzahl übergewichtiger Menschen bei fast zwei Milliarden. Nachdem der Fokus der Weltgesundheitsorganisation WHO jahrelang auf Unter- und Mangelernährung lag, schlägt das Pendel jetzt in die andere Richtung aus. In der Vergangenheit war die Diskussion von Ernährungsproblemen fast immer gleichbedeutend mit dem Kampf gegen den Hunger. Mittlerweile hat sich Überernährung aber als fast gleichwertiges globales Problem neben die Unterernährung gesellt. 2016 hat der Anteil der fettleibigen Bevölkerung unter den Erwachsenen gemäß OECD Health Policy Studies in den OECD-Ländern bereits einen Anteil von 24 % erreicht.

Dabei spielt neben der Lebensmittelqualität die Zusammensetzung der Ernährung eine wesentliche Rolle. Die sogenannte Ernährungspyramide gibt Auskunft über die Art und Menge der Nahrungsmittel und Getränke, die aus ernährungswissenschaftlicher Sicht verzehrt werden sollten. Sie funktioniert nach dem Bausteinprinzip. Durch die, vergleichsweise geringe, Bedeutung von Fleisch- und Fischkonsum bringt eine gesunde Ernährung analog der Pyramide auch positive Ressourceneffekte mit sich.

Ernährungssicherheit

Laut Definition der Welternährungsorganisation FAO gibt es vier Dimensionen für Ernährungssicherung. Die Dimension „Verfügbarkeit“ bedeutet, dass genug Lebensmittel dort verfügbar sind, wo sie benötigt werden. Was den Punkt „Zugang“ betrifft, geht es um die Frage, ob Menschen einen gesicherten Zugang zu Lebensmitteln haben, sie also hinreichend Nahrung anbauen oder kaufen können. Die Dimension „Nutzung“ hat zum Inhalt, dass Lebensmittel angemessen und bedarfsgerecht verwendet und verwertet werden können. Die „Dauerhaftigkeit“ beschreibt eine langfristig stabile Versorgung mit Lebensmitteln, auch im Fall etwaiger regionaler Missernten.

40 % der weltweit produzierten Nahrungsmittel werden nach Schätzungen des WWF nie gegessen

Theoretisch werden aktuell ausreichend Nahrungsmittel produziert, aber Lebensmittelverluste und Ungerechtigkeit bei Produktion, Verteilung und Verbrauch führen trotzdem zu Engpässen. Nach Schätzungen des WWF werden etwa 40 % der weltweit produzierten Nahrungsmittel nie gegessen. Vor, bei und nach der Ernte gehen gemäß der WWF-Studie „Driven to Waste“ aus dem Jahr 2021 jedes Jahr geschätzte 1,2 Milliarden Tonnen an genießbaren Nahrungsmitteln verloren. Dazu kommen Verluste von rund 930 Millionen Tonnen (FAO, 2021) entlang der Lieferkette und schließlich etwa rund 400 Millionen im Bereich des Konsums selbst. Insgesamt summieren sich ca. 2,5 Milliarden Tonnen an Lebensmittelabfällen, die ursprünglich zum Verzehr gedacht waren. Nach Schätzungen des WWF wird in Österreich rund ein Fünftel des CO2-Fußabdrucks durch die Produktion und den Konsum von Nahrungsmitteln verursacht. Anbau, Ernte, Transport, Lagerung und Verarbeitung von Nahrungsmitteln sind Ressourcen- und Energie-intensiv. In Österreich landet rund ein Drittel der Nahrungsmittel im Müll.

Das Schließen der tatsächlich vorhandenen Lücke in der Nahrungsmittelproduktion wäre durch eine Erweiterung landwirtschaftlicher Nutzflächen möglich, würde die Ökosysteme aber weiter schädigen und den Biodiversitätsverlust beschleunigen. Eine Ausweitung der landwirtschaftlichen Produktion hätte auch potenziell negative Auswirkungen auf den Klimawandel. Schon heute liegt der Anteil der Landwirtschaft an den globalen CO2-Emissionen bei 25 % (International Institute for Applied Systems Analysis IIASA, 2020). Jedes Wachstum der Lebensmittelproduktion hat negative Effekte auf den Klimawandel, zudem wirken sich klimatische Veränderungen nachteilig auf die Ernteerträge aus.

Zur Deckung des prognostizierten Anstieges der Nahrungsmittelnachfrage ist eine Kombination aus erhöhter Produktion, bei möglichst gleichbleibender Landfläche, und nachhaltigem Lebensmittelverbrauch notwendig. Gemäß dem deutschen Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft gehen derzeit weltweit jedes Jahr etwa zwölf Millionen Hektar an Agrarfläche verloren, vor dem Hintergrund von Überweidung, ungeeigneten Anbaumethoden, Erosion oder durch Straßen- und Städtebau. Im Fall der ungebremsten Fortsetzung dieses Trends könnten die weltweiten Ernten in den nächsten 25 Jahren um bis zu zwölf Prozent geringer ausfallen.

Gentechnik

Eine viel diskutierte Möglichkeit zur Steigerung der Ernteerträge ist die sogenannte Grüne Gentechnik, bei der Gen-modifiziertes Saatgut höheren Ertrag ermöglichen soll. Bereits im Jahr 2018 wurden auf rund 14 % der weltweiten Landwirtschaftsfläche, gentechnisch veränderte Nutzpflanzen angebaut. Der Schwerpunkt liegt dabei auf solchen Pflanzen, die aufgrund von gentechnischen Veränderungen tolerant gegenüber Pflanzenschutzmitteln oder giftig für bestimmte Schadinsekten sind. Derzeit stehen vor allem Soja, aber auch Mais, Baumwolle und Raps im Mittelpunkt des gentechnisch modifizierten Saatguts. Bei Soja liegt der Anteil der gentechnisch veränderten Produktion derzeit bei etwa zwei Dritteln der Gesamtproduktion, im Fall von Mais bei einem Drittel.

Die mit gentechnisch veränderten Pflanzen verbundenen Umweltrisiken sind zum einen, dass durch den Anbau weite Teile der Umwelt beeinflusst werden, wobei die Auswirkungen kaum abschätzbar sind. Die „Kontamination“ von einem Acker mit genmanipulierten Pflanzen durch Pollenflug auf einen konventionellen benachbarten Acker ist praktisch nicht zu vermeiden. Zum anderen ist eine Beeinflussung der Insektenwelt durch solche Pflanzen sicherlich gegeben, neben den Zielinsekten können auch weitere Organismen durch gentechnisch erzeugte Toxine geschädigt werden. Außerdem zählen mögliche allergische Reaktionen durch den Gentransfer zwischen Organismen zu den Hauptsorgen der Kritiker der Grünen Gentechnologie.

Ein nachhaltigerer Lebensmittelkonsum könnte die Produktionsseite entlasten, was sich wiederum positiv auf die Klimaentwicklung auswirken würde. Der weltweit steigende Fleischkonsum belastet Ressourcen und Klima. Eine vegetarische Ernährungsweise beansprucht weniger Land-, Energie- und Wasserressourcen als die fleischbasierte. Außerdem emittiert die Viehhaltung deutlich mehr Treibhausgase als die Pflanzenproduktion. Wegen der niedrigen Futterkonversionsraten der Tierproduktion ist davon auszugehen, dass eine vegetarische Ernährungsweise die weltweite Ernährungssituation signifikant verbessern könnte.

Extensive Tierhaltung führt zu Entwaldung, weiters tragen Verdauungsprodukte wie Mist oder Methan bei Wiederkäuern zur globalen Erwärmung bei. Die Menge der Treibhausgasemissionen könnte unter Annahme eines kompletten globalen Fleischverzichts massiv reduziert werden. Ein Rind stößt in einem Jahr genauso viele Treibhausgase aus wie ein PKW – bei 18.000 gefahrenen Kilometern.

Zusammenfassend lässt sich die Versorgung mit Nahrungsmitteln und die Vermeidung von Versorgungsengpässen über Maßnahmen auf der Angebots- und der Nachfrageseite erreichen.

Das Ziel der weiteren Erhöhung der Produktivität der Nahrungsmittelproduktion erscheint mittlerweile unerreichbar. Ausgelaugte Böden, zunehmende Trockenheit in vielen landwirtschaftlichen Gebieten und geringere Erträge von biologischem Landbau setzen der Produktivität Limite. Auch sind Tierwohlstandards in der Viehzucht zunehmend ein Thema, in diesem Zusammenhang könnte auch der Wechsel zu einer nachhaltigeren Produktion, etwa von Fleischersatz und kultiviertem Fleisch, positive Aspekte bieten.

Nachfrageseitig ist eine Verringerung des Lebensmittelbedarfs durch Vermeidung von Lebensmittelabfall und -verlusten in der Produktionskette, wie durch bessere Lagerungsverfahren, anzustreben. Der zumindest teilweise Fleischverzicht würde die vorhandenen landwirtschaftlichen Ressourcen schonen.

Von Mag. Wolfgang Pinner, Leiter Corporate Responsibility bei der Raiffeisen KAG

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