Auf den Inflationsschock des Jahres 2022 haben viele Notenbanken mit beispiellosen Maßnahmen reagiert. So hat etwa die EZB ihren Einlagesatz von minus 0,5% auf nunmehr 3,75% angehoben. In den USA wurden die Zinsen sogar um mehr als fünf Prozentpunkte angehoben. Zusätzlich wurden Anleihenkaufprogramme eingestellt und Notenbankbilanzen geschrumpft. Nach dem Inflationsschock kam also ein Zinsschock. Aufgrund des Ausmaßes und der Geschwindigkeit der geldpolitischen Straffung hatten viele Ökonom:innen und Investor:innen nicht die Frage diskutiert, ob die Weltwirtschaft in eine Rezession fallen würde, sondern wann. Bis jetzt haben sich diese Befürchtungen allerdings nicht bewahrheitet. Ja, es gibt in einzelnen Ländern das eine oder andere negative Quartal. Aber vom erwarteten Wirtschaftseinbruch ist man weit entfernt. Dies gilt vor allem für die USA, wo die jüngsten Daten positiv überraschen konnten. Eine Rezession ist zumindest für heuer abgesagt. Manche verschieben diesbezügliche Erwartungen auf das Jahr 2024, andere sprechen bereits von einem Soft Landing. Gleichzeitig ist die Inflation im Sinken und die Unternehmen verdienen weiterhin gut. Mit „Goldilocks“ wird das aktuelle Umfeld vielfach zusammengefasst und entsprechend gut laufen die Aktienmärkte – allen voran der US-Markt. In der Zwischenzeit dürften die positiven Argumente allerdings zu einem guten Teil in den Marktpreisen reflektiert sein. In den letzten drei Monaten hat der Markt – nahezu ohne Unterbrechung – um mehr als 10% zugelegt. Überkauft nennt man das in der technischen Analyse. Zusätzlich hat die Stimmung unter den Anleger:innen von sehr vorsichtig zu Jahresbeginn, zu sehr optimistisch gedreht. Beispielsweise rechnet – gemäß einer Umfrage unter Fondsmanager:innen – nur mehr ein Fünftel der Befragten mit einer Rezession, die überwiegende Mehrheit hat sich auf ein Soft-Landing-Szenario festgelegt. Wenn zu viel Optimismus in den Markt kommt, ist das oft ein Vorzeichen für eine kommende Abkühlung. Dass August und September saisonal schwierige Monate sind, tut ein Übriges zu der Einschätzung, dass sich die Risiken bei Aktien wieder erhöhen.
Renditen von Euro-Staatsanleihen attraktiv
Die Renditen von Staatsanleihen tendierten seit Monaten seitwärts. Risikoprämien von Euro-Staatsanleihen, allen voran italienische Papiere, bewegten sich ebenfalls seitwärts. Wir erachten die aktuellen Renditen von Euro-Staatsanleihen als attraktiv und bevorzugen vor allem italienische Staatsanleihen. Gleichzeitig halten wir US-Staatsanleihen gegenüber deutschen Staatsanleihen für chancenreicher. In Summe rechnen wir mit einer Risk-Off-Phase an den Unternehmensanleihe-Märkten, wovon Staatsanleihen relativ profitieren sollten.
Unternehmensanleihen: Investmentgrade-Anleihen ohne klaren Trend
An den Credit-Märkten bewegen sich die Risikoprämien von Investmentgrade-Anleihen im Euro weiterhin seitwärts und finden nach wie vor keinen eindeutigen Trend. Vor allem in der Euro-Zone (und hier in Deutschland) überraschten die Konjunkturdaten im Juli auffallend negativ, während das Risikosentiment sowie Risikoprämien diese deutliche fundamentale Schwäche de facto nicht diskontieren. Wir positionieren uns hier daher wesentlich vorsichtiger.
Emerging Markets: Stimulus-Maßnahmen in China verpuffen
Schwellenländer-Hartwährungsanleihen behaupteten sich weiterhin vergleichsweise gut. Wir beobachten aber vor allem aus China sehr schwache Konjunkturdaten und ein Verpuffen der dortigen Stimulus-Maßnahmen. In Summe erwarten wir kein Abkoppeln der Emerging-Markets-Anleihe-Spreads von den Risikoprämien in den entwickelten Märkten, wo wir derzeit eher mit einem Anstieg derselben rechnen.
Entwickelte Aktienmärkte: Konjunkturdaten aus den USA überraschen positiv
Die internationalen Aktienmärkte präsentierten sich zuletzt weiter sehr fest. In den USA gab es die letzten Monate positive Konjunkturüberraschungen (entgegen den Erwartungen), während in Europa die Enttäuschungen überwogen. Die Positionierung der Investor:innen wurde in den letzten Monaten zunehmend offensiver und damit fällt ein Unterstützungsfaktor der letzten Monate weg. Wir sind daher wieder etwas vorsichtiger bei Investments dieser Assetklasse.
Schwellenländer-Aktienmärkte: Gewinnentwicklung insbesondere in Asien eher schwach
Weiterhin kein Licht am Ende des Tunnels in Sicht: die relative Marktentwicklung gegenüber den Peers aus den entwickelten Märkten hinkt deutlich hinterher. Die Gewinnentwicklung – insbesondere im asiatischen Raum – ist auf Gesamtmarktebene recht mau. Da verwundert es nicht, dass die Bewertung von Schwellenländer-Aktien sehr günstig ist. Allenfalls der Technologiesektor schafft es, sich ansprechend zu entwickeln.
Rohstoffmärkte: schwache Daten aus dem verarbeitenden Bereich
Im letzten Monat präsentierte sich vor allem der Energiebereich fester. Die erneute Förderkürzung und in der Folge Aussagen zur weiteren Angebotsentwicklung haben bei Öl für Unterstützung gesorgt. Im Bereich der Industriemetalle belasten die schwachen Daten aus dem verarbeitenden Bereich. Auch die Hoffnung auf eine stärkere Erholung der chinesischen Wirtschaft hält sich in Grenzen.
Von Dieter Aigner, Geschäftsführer der Raiffeisen KAG