Die ersten zwei Monate des Jahres und insbesondere die Wochen seit der Machtübernahme von US-Präsident Trump hatten es wahrlich in sich. Und es kam so, wie es kommen musste, wenn man den diversen Ankündigungen im Wahlkampf und im Zuge der Siegesfeiern Glauben schenkte. Für die Finanzmärkte besonders relevant sind die angekündigten Importzölle inklusive der Ad-Hoc-Reaktionen betroffener Länder und der damit verbundenen Gefahr eines globalen Handelskrieges. Die neuerliche Präsidentschaft von Donald Trump wurde von vielen gefürchtet und mit einer Reihe von Sorgen verbunden. Doch einmal mehr kann man die Börsenweisheit „Sell the rumors, buy the facts“ bemühen, denn seit Jahresbeginn weisen mit Europa und den Emerging Markets gerade jene Regionen eine Outperformance auf, die vermeintlich besonders negativ von „Trump 2.0“ betroffen sind. Am Kapitalmarkt wird schon seit Wochen auf eine Verbesserung der Situation in der Ukraine spekuliert, was sich in der Outperformance europäischer und vor allem osteuropäischer Aktien seit Jahresbeginn niederschlägt. Gleichzeitig wird auf die offensichtliche Notwendigkeit der militärischen Aufrüstung Europas gesetzt, was sich wiederum an der Outperformance von Rüstungsaktien zeigt. Insgesamt notierten globale Aktien bis vor Kurzem noch nahe der Allzeithochs bei bislang unterdurchschnittlicher Volatilität. Ein Erklärungsversuch hierfür ist, dass für den Markt das hohe Ausmaß an Unberechenbarkeit längst zur Normalität geworden ist und das fundamentale Umfeld weiterhin eine moderat wachsende Weltwirtschaft bei begrenzter Inflationsdynamik, verbunden mit soliden, tendenziell sogar besser werdenden Unternehmensgewinnen aufweist. Dieses positive Szenario wird voraussichtlich immer wieder einem Stresstest unterzogen. Anzumerken ist auch, dass nach der langen Dominanz der hoch bewerteten Magnificent-7-Aktien1 nun eine durchaus begrüßenswerte Tendenz der Verbreiterung des Aufschwungs hinsichtlich Regionen, Sektoren und auch Einzeltitel eingesetzt hat. Solange die geopolitischen Krisenherde nicht weiter eskalieren oder konkrete Anzeichen für eine Rezession gegeben sind, dürften Staatsanleihen durch die aktuell zunehmenden Risiken bei Inflation und Staatsverschuldung mehr belastet sein als Aktien. Mit dem erhöhten Maß an Unberechenbarkeit wird man am Kapitalmarkt auf absehbare Zeit wohl leben müssen – basierend auf unseren Indikatoren ist nach den jüngsten Marktkorrekturen wieder ein Fokus auf Aktien angezeigt.
Staatsanleihen: Renditen dürften global weiter sinken
Wir rechnen weiterhin mit einem Sinken der Renditen bei globalen Staatsanleihen. Daher bevorzugen wir in erster Linie US-Papiere gefolgt von Staatsanleihen von Großbritannien. Im EUR-Bereich bevorzugen wir italienische und französische Staatsanleihen, während wir bei deutschen Staatsanleihen vorsichtig sind. Diese Vorsicht gilt auch bei kanadischen Papieren.
Unternehmensanleihen: asynchrone Entwicklung in USA und Euro-Zone
Auch bei den Unternehmensanleihen sehen wir eine asynchrone Entwicklung. In den USA sind die Credit-Spreads zuletzt moderat angestiegen, in der Euro-Zone verharren sie weitestgehend nahe der historischen Tiefstände. Wir bleiben bei USD-High-Yield-Unternehmensanleihen weiterhin zurückhaltend. Diese Vorsicht referenziert stark auf die extrem teure Bewertung, die vor dem Hintergrund einer derzeit extrem erratischen US-Politik selbst kurz- bis mittelfristig nicht zu rechtfertigen ist.
Emerging-Markets-Anleihen: Risikoprämien könnten weiter steigen
Wir haben Emerging Markets-Hartwährungsanleihen im Vormonat von unserem Einkaufszettel gestrichen und stattdessen Duration äquivalente US-Staatsanleihen gewichtet. Dadurch sind wir in Richtung höherer Risikoprämien bei Schwellenländer-Hartwährungsanleihen positioniert, wobei für uns die erwartet höhere Risikoaversion von USD-Anleihen-Investoren die Hauptrolle spielt. Zwar profitierten wir von den zuletzt gestiegenen Risikoprämien, allerdings rechnen wir mit noch stärkeren Anstiegen und bleiben bei Emerging-Markets-Hartwährungsanleihen daher vorerst weiterhin zurückhaltend.
Entwickelte Aktienmärkte: Unternehmensgewinne unterstützend
Die internationalen Aktienmärkte präsentierten sich auch zu Jahresbeginn 2025 angesichts der Nachrichtenlage relativ freundlich, wobei vor allem europäische Aktien deutlich zulegen konnten. Wir erwarten, dass die Unternehmensgewinne auch 2025 für Unterstützung sorgen werden. Unsere Indikatoren haben sich im letzten Monat trotz der hohen Volatilität in Summe verbessert. Wir haben uns bei Aktien daher zuletzt deutlich stärker positioniert.
Schwellenländer-Aktienmärkte: fundamentale Bewertung recht günstig
Nach der durchwachsenen Entwicklung von US-Aktien seit Jahresbeginn, konnten Emerging Markets-Aktien etwas aufholen, wenngleich von sehr niedrigem Niveau. Die Maßnahmen der US-Regierung wirken zunehmend erratisch, sodass Unsicherheit eher in den USA selbst gepreist wird und nicht so sehr außerhalb. Dabei ist die fundamentale Bewertung von Aktien aus den Emerging Markets weiter recht günstig. Zudem zeigt sich eine Erholung bei der Gewinnentwicklung im für den Index sehr wichtigen asiatischen Bereich. Seit Jahresbeginn konnten insbesondere Telekom und zyklischer Konsum profitieren.
Rohstoffmärkte: Edel- und Industriemetalle legen zu
Die internationalen Rohstoffmärkte präsentierten sich in den letzten Wochen sehr
freundlich. Während im Energiesektor die Nachrichten zu US-Zöllen für Belastung sorgten, konnten Edelmetalle und Industriemetalle in diesem Umfeld zulegen.
Von Karin Kunrath, Chief Investment Officer der Raiffeisen KAG
1 Apple, Nvidia, Alphabet, Meta, Amazon, Tesla und Microsoft