Gender-Equality in Finanzprodukten: Eine Chance, die Kapitalströme in Richtung Gleichberechtigung zu lenken
Nachhaltige oder grüne Finanzprodukte sind mittlerweile gut etabliert und erfreuen sich reger Nachfrage bei den Anlegerinnen und Anlegern. Das diesen zugrunde liegende Nachhaltigkeitsspektrum deckt vor allem Umwelt- und Klimathemen ab. Soziale Aspekte werden – insbesondere bei Themenfonds – eher in den Hintergrund gerückt und der Teilaspekt der Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen wird meist nur beiläufig berücksichtigt, obwohl der gesellschaftlichen Bedeutung dieses Themas mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden sollte.
Frauen in der modernen Gesellschaft
Frauen stehen ganz spezifischen Problemstellungen und Herausforderungen gegenüber - unabhängig von der geographischen Lage ihrer Herkunft und ihres Wohn- & Arbeitsortes sowie der sozialen Schicht, der sie angehören. Plakative Beispiele dafür sind Themen wie Gender Medicine, Reproduktive Arbeit, Bildung, Pink Tax (Mehrpreis für Produkte und Dienstleistungen, die speziell für Frauen angeboten werden), Diskriminierung, Gender Pay Gap und viele mehr.
Sieht man sich österreichische Unternehmen diesbezüglich an, wird schnell klar, dass Frauen vor allem in Führungsebenen unterrepräsentiert sind: so betrug der Frauenanteil in Geschäftsführungen der 200 umsatzstärksten heimischen Unternehmen lediglich 9%, in Aufsichtsräten waren es 23,5%.
Gender-Equality in Nachhaltigkeits-Ratings
In Nachhaltigkeitsratings von ESG-Researchagenturen wie die rfu wird das Thema Gleichberechtigung in die Beurteilung miteinbezogen. Allerdings ist die Bedeutung solcher Diversity-Indikatoren, die dem Stakeholder „Gesellschaft“ zugeordnet sind, meist gering und sie haben keinen ausschlaggebenden Einfluss auf das Gesamtrating. Die Kriterien für derartige Indikatoren sind meist auf den Frauen-Anteil im Unternehmen und Diversitäts-Richtlinien beschränkt und somit nur eingeschränkt aussagekräftig.
Neues, gesondertes Gender-Rating
In meiner kürzlich approbierten Masterarbeit mit dem Titel „In Themenfonds implementiertes Gender-Rating und seine Effekte auf die Gesellschaft“ wurde ein Rating-Modell vorgestellt, mit dem es Analystinnen und Analysten möglich ist, ein Unternehmen hinsichtlich seines Einflusses auf die Weiterentwicklung der Gleichberechtigung zu analysieren. Dazu wurden mehrere Indikatoren herangezogen, mit denen nicht nur der unmittelbare Umgang des Unternehmens mit seinen weiblichen Mitarbeiterinnen bewertet wird, sondern auch entsprechende Aspekte auf Ebene der Produkt- und Öffentlichkeitswirkung berücksichtigt werden.
Gender-Themen-Fonds
Themenfonds haben zurzeit im Vergleich zu anderen nachhaltigen Investmentstrategien im deutschsprachigen Europa noch ein relativ geringes Volumen, zeigen zuletzt in Österreich jedoch eine sehr hohe Wachstumsrate.
Das bedeutet eine Chance, Aspekte wie Gender-Equality in Themeninvestments zu verpacken, um so den Hebel der Finanzwirtschaft für einen positiven gesellschaftlichen Wandel zu nutzen. Derzeit existieren erst einige wenige derartige Produkte, deren Gender-Fokus aber zu oberflächlich scheint, um einen positiven Einfluss auf die Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern zu haben.
Laut österreichischen Expertinnen und Experten, die im Rahmen der zuvor erwähnten Masterarbeit befragt wurden, können Gender-Themenfonds einen positiven Impact auf die Gesellschaft haben und werden, sofern ihnen ein adäquates Rating zugrunde liegt, an Bedeutung und Popularität gewinnen.
Nicht zuletzt wird ein vermehrtes Aufkommen sozialer Themeninvestments auch davon abhängen, wie sich die Taxonomie des EU-Aktionsplanes in gesellschaftlichen Bereichen weiterentwickelt.
Gastautor: Sophie Pinner, Sustainable Research Analyst, rfu
Weitere Leistungen sind u.a. die Erstellung von Prüfgutachten nach dem Österreichischen Umweltzeichen sowie Second Party Opinions zur Emission von Green und Social Bonds. Weitere Informationen finden Sie auf www.rfu.at Über die Artikelserie "GOING GREEN":
Die rfu, mit Sitz in Wien, ist Österreichs Spezialistin für Nachhaltiges Investment und Management und unterstützt institutionelle Kunden mit Nachhaltigkeits-Research und der Konzeption von Investmentprodukten. „Technologisches Herz" sind die rfu Nachhaltigkeitsmodelle für Unternehmen, Länder und Rohstoffe.
GOING GREEN ist eine monatliche Kolumne auf e-fundresearch.com zu Entwicklungen und Hintergründen im nachhaltigen Investment, verfasst von Reinhard Friesenbichler und seinen Kolleginnen und Kollegen aus der rfu.